50-Stunden-Woche ist nicht selten

Es brennt noch Licht: Nacharbeiter sind aktiv, während andere Menschen schlafen. Foto: Roland Holschneider/dpa Foto: red

Wer leistet die meisten Überstunden? Immer mehr Menschen in Deutschland haben überlange Arbeitszeiten - auch in unserer Region.

 
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Bei einer – nicht repräsentativen – kurzen Spontan-Umfrage auf Kurier Online haben am Freitag die meisten der 44 Teilnehmer (48 Prozent) angegeben, 40 bis 50 Stunden pro Woche zu arbeiten; 19 Prozent erklärten, mehr als 50 Stunden zu arbeiten, 27 Prozent nannten 30 bis 40 Stunden pro Woche.

Dass immer mehr Menschen überlange Arbeitszeiten haben, betrifft alle Regionen in Deutschland und somit auch Oberfranken, sagt der oberfränkische DGB-Geschäftsführer Mathias Eckardt. Besonders viele Überstunden würden in der Gastronomie sowie in der Industrie in den Bereichen Angestellte und Ingenieure erbracht.

Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland, die regelmäßig länger als 48 Stunden in der Woche arbeiten, sei in 20 Jahren, von 1995 bis 2015, von 1,3 Millionen auf 1,7 Millionen gestiegen, geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor. Das meldet die „Passauer Neue Presse“.

Feiertage und Wochenenden immer seltener arbeitsfrei

Feiertags- und Wochenendarbeit habe über alle Branchen hinweg zugenommen, berichtet das Ministerium. 1995 hätten rund sechs Millionen Beschäftigte regelmäßig samstags oder sonntags gearbeitet, berichtet die Zeitung. 2015 seien es schon 8,8 Millionen gewesen – und damit jeder vierte Beschäftigte in Deutschland.

Im Schichtdienst arbeite aktuell jeder Sechste. 1995 seien es 3,8 Millionen Beschäftigte gewesen, im vergangenen Jahr 5,6 Millionen. Immer mehr Menschen arbeiteten zudem häufig zwischen 23 Uhr und sechs Uhr früh: Ihre Zahl stieg von 2,4 Millionen (1995) auf 3,3 Millionen (2015).

Den unbezahlten Überstunden den Kampf angesagt

Die IG Metall will die Arbeitszeit zum zentralen Tarif- und Mobilisierungsthema der kommenden Jahre machen. In einem ersten Schritt hat IG-Metall-Chef Jörg Hofmann den unbezahlten Überstunden den Kampf angesagt. Die IG Metall stützt sich bei diesem Thema auf die weit höheren Zahlen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das für 2015 von fast einer Milliarde Stunden unbezahlter Überstunden ausgeht. Das Statistische Bundesamt kommt auf der Grundlage von Selbstangaben der Befragten (Mikrozensus) mit rund 494 Millionen unbezahlten Überstunden nur auf die Hälfte des Volumens.

Angesichts der überlangen Arbeitszeiten vieler Beschäftigter verlangt die Linke eine gerechte Arbeitsverteilung und erklärt, dass „knapp 400 000 Arbeitslose sofort eine Vollzeitstelle antreten könnten“. Überstunden müssten begrenzt werden. Die Beschäftigten hätten ein Recht auf klar geregelte Ruhezeiten, definierte Obergrenzen für die tägliche Arbeitszeit sowie eine Anti-Stressverordnung, sagt die Linken-Sozialexpertin Jutta Krellmann.

Die Linke fordert eine Anti-Stress-Verordnung

Sie kritisiert Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD): „Anstatt die Ausbreitung atypischer Arbeitszeiten und den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken einen Riegel vorzuschieben, will Bundesarbeitsministerin Nahles das Arbeitszeitgesetz noch weiter aufweichen.“ Dies sei ein „schlechter Witz“. Krellmann ruft Nahles auf, sich ausweitende Arbeitszeiten per Gesetz zu stoppen. Eckardt vom DGB-Oberfranken in Bamberg erklärt, außergewöhnlich viele unbezahlte Überstunden leisteten Führungskräfte sowie Mitarbeiter in Leitungsfunktionen. Er nennt als bundesweite Durchschnittswerte für Führungskräfte monatlich 14,6 unbezahlte Überstunden und für Mitarbeiter in Leitungsfunktionen, eine Hierarchiestufe darunter, monatlich 7,3 unbezahlte Überstunden. Dabei seien die Zeiten ständiger Erreichbarkeit noch gar nicht berücksichtigt.

Beamte im höheren Dienst leisteten mit durchschnittlich 9,6 Stunden im Monat ebenfalls viele unbezahlte Überstunden. Bei Handwerksmeistern sowie Werkmeistern in der Industrie seien es durchschnittlich 3,6 unbezahlte Überstunden monatlich sowie sieben bezahlte Überstunden, die aber auch durch Freizeitausgleich abgegolten werden könnten. Für Oberfranken hat Eckardt keinen Überstunden-Überblick, doch sei der Bezirk genauso betroffen wie alle anderen Regionen Deutschlands.                                                                                

Mit Material von afp, dpa

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