Zaungäste: Freie Sicht aufs Nichts

Von Sarah Bernhard
Heuer konnte man es als Zaungast gediegen angehen lassen - allerdings gab es auch nicht viel zu sehen. Fotos: Sarah Bernhard Foto: red

Promis gucken war heuer deutlich einfacher als in den vergangenen Jahren. Zumindest technisch gesehen, denn das Gedränge und Geschubse der Vorjahre blieb aus. Allerdings leider auch die Promis. Also schwelgen die Zaungäste in Erinnerungen. Na ja, oder in Frustration.

 
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Die Gediegenen

Helga Hübner und Gertrud und Detlef Wittkopf (mit Elisabeth Schwenk aus Bayreuth ganz links) kommen aus Berlin. „Wir haben unseren Besuch so eingerichtet, dass wir zur Eröffnung da sind“, sagt Detlef Wittkopf. Doch auf Promis wie Joseph Ratzinger oder Guido Westerwelle, denen sie früher die Hand geschüttelt hätten, warten sie heuer vergebens.

Irgendwie habe die Situation aber auch ein Gutes: „Sonst standen die Zaungäste in Fünferreihen, da sah man überhaupt nichts“, sagt Wittkopf. Heuer könne man entspannt sitzen bleiben. Dass die Staatsregierung geschlossen nicht da sei, findet der Berliner trotzdem nicht gut. „Der abgesagte Staatsempfang ist in Ordnung. Aber die Künstler haben wochenlang geprobt und wollen sich präsentieren. Wenn das jeder machen würde, wäre ja keiner mehr da."

Die Frustrierte

Es hätte so schön werden können: Eigentlich wollte Selina Reil (links) ihrer Mama Roswitha (auf dem Foto mit Sohn Christian) einen Besuch bei der Auffahrt zum Geburtstag schenken – und dabei gleich noch Thomas Gottschalk treffen. Doch jetzt ist Selina sauer: Thomas Gottschalk war einfach nicht da!

Der Rest der Familie ist eigentlich ganz gut gelaunt. „Ich hätte nicht einmal damit gerechnet, dass wir so weit hoch dürfen“, sagt Roswitha Reil. Angst hat sie nicht. „Aber dass Prominente gemischte Gefühle haben, wenn sie sich hier zeigen sollen, finde ich verständlich.“

Der Neuling

Ronny aus Bayreuth war noch nie bei der Auffahrt dabei. Dass heuer viele Promis abgesagt haben, sei ihm bewusst. "Aber ich war halt trotzdem neugierig." Dass die Staatsregierung aus Gründen der Pietät abgesagt habe, könne er schon verstehen. Richtig findet er es aber eigentlich nicht. "Wenn man kann, sollte man sich eigentlich schon blicken lassen. Gerade in schwierigen Zeiten."

Ansonsten sei das Promischaulaufen genau so, wie er sich vorgestellt hat. Na ja, fast. "Sagen Sie mal", sagt er zum Abschied, "kommt eigentlich noch jemand Interessantes?"

Der Kenner

Dietmar Müller, hier mit seiner Begleitung Renate Schmikale, ist ein Urgestein der Festspiel-Zaungäste. Und weil der 77-Jährige in Bamberg einen Weinhandel betrieb, kennt er einen Großteil der Gäste auf der anderen Seite des Zauns mit Namen. "Die haben ja alle bei mir Wein gekauft." Dann muss er kurz weg, um den Gruß von Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke zu erwidern.

Die schönste Begegnung habe er aber im vergangenen Jahr mit der Bayreuther Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe gehabt, sagt Müller, und zieht ein Foto aus der Tasche, auf dem sich die beiden die Hand schütteln. "Sie begrüßte mich und sagte: Herr Müller, es ist schön, Sie in Bayreuth wiederzusehen."

Der Sammler

Mosi, Gottschalk, Seehofer und Merkel: Markus Boczek hat sie alle. Seit 17 Jahren kommt der 36-Jährige jedes Jahr ans Absperrgitter, um Autogramme zu sammeln. "Die Promis kommen schon automatisch zu mir", sagt er. Sogar Seehofer, aber der ist heute ja nicht da. Seit sieben Uhr steht Boczek vor dem Festspielhaus - in diesem Jahr besonders unnötig, da auch um 14.30 Uhr noch fast keine Zaungäste da sind. Ihn stört das Warten nicht. "Das bin ich Wagner schuldig", sagt er.

Die Traditionsgucker

Irene Zimmermann aus Marktleugast schaut sich mit ihrer Freundin Monika Laubenzeltner schon seit Jahren gemeinsam die prominenten Gäste an. "Weil die Männer mögen das nicht", sagt Laubenzeltner. Dass viele Promis dieses Jahr abgesagt haben, haben die beiden "gar nicht bewusst mitbekommen". Deshalb sind sie etwas enttäuscht. "Wenn überhaupt keine Prominenz auftaucht, ist das schon blöd", sagt Zimmermann. "Aber die Roben sind ja auch schön", sagt Laubenzeltner. Angst haben beide nicht. "Sonst wären wir nicht da." Passiere doch etwas, sei das eben Schicksal.

Die Weitgereiste

Elke Faber aus der Nähe von Hamburg wollte unbedingt zu den Festspielen, und ist nun ob der jüngsten Ereignisse „entsetzt“. Deshalb komme sie mit gemischten Gefühlen – aber sie komme. „Man darf sich nicht verrückt machen", sagt sie. Und: "Ich gucke mir gerne schöne Menschen an."

Wagner habe sie das erste Mal bei einer Ballettaufführung gehört, zu der sie erst eigentlich gar nicht gehen wollte. "Aber dann hat die Musik wie eine Bombe eingeschlagen. Immer, wenn ich seine Musik höre, läuft es mir kalt den Rücken hinunter."

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