Wie weiter mit dem Gassenviertel?

Von Michael Weiser
Eine Oase in einer ansonsten oft öden Gasse: Die Adresse Kämmereigasse 9 1/2. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Eigentlich ist es nur eine Hausnummer, und noch nicht mal eine ganze. Andererseits steht die Adresse für viel Kultur. Und für ein ganzes Viertel. Am Montag wollen sich der Kultur- und der Bauausschuss mit der Kämmereigasse 9 1/2 im Herzen des Bayreuther Gassenviertels beschäftigen. Und sollen Weichen stellen. Eine Aufgabe, so schwierig wie die Lösung einer Rechnung mit drei Unbekannten. 

 
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Zu den meisten Zeiten ist die Kämmereigasse ein wenig einladender Ort. Zu vorgerückter Stunde etwa, wenn Nachtschwärmer die vielen lichtlosen Winkel nutzen, um sich zu erleichtern. Auch tagsüber liegt die Gasse meist verwaist da. Dienstags aber, am Abend, fällt durch ein Schaufenster Licht auf das Pflaster. Menschen stehen in der Gasse, diskutieren, reden über das, was da hinter dem Schaufenster abläuft. Dann hält die Sübkültür Hof, der zweite Verein neben dem Forum Phoinix, der in der Kämmereigasse 9 1/2 residiert.  Etwas mehr als drei Jahre ist die Sübkültür alt, auf mehr als  fünfzehn bringt's das Phoinix. Zusammen bringen sie Kultur und Leben ins Gassenviertel. Und bieten einen der wenigen Punkte, an denen die Stadt die Uni wirklich berührt.

Die Zukunft aber steht in den Sternen. Denn das Haus Kämmereigasse 9 1/2 ist marode. Erst befand sich eine Metzgerei in dem markanten Ziegelbau, dann eine Töpferei. Dann - Leerstand. 1999 schließlich kaufte die Stadt das Anwesen, wenig später zog das Forum Phoinix ein. Und dann kam die Frischzellenkur mit der Sübkültür. Nun benötigt das Anwesen selbst eine Frischzellenkur. Mit den Mitteln der Vereine lässt sich der Verfall bremsen, aber nicht auf Dauer aufhalten. Was also tun? Renovieren, ja. Aber für welchen Zweck?

Künstlerhaus - "wertvoll, aber nicht teuer"

Sübkültür und Forum Phoinix favorisieren: ein Künstlerhaus mit barrierefreien Ausstellungsräumen im Erdgeschoss. Mit Ateliers und Künstlerwohnungen in den Stockwerken darüber. Ein Haus mit Ausstrahlung in die Umgebung, anzumieten von einem Trägerverein. "Wertvoll, aber nicht teuer", sagen die Veranstalter.

Die partelilose Stadträtin Christa Müller-Feuerstein sieht in einer Sanierung des Hauses ein Projekt mit Vorbildcharakter, nachdem die Stadt lange Jahre die Initiative habe vermissen lassen. "Das ist ein Viertel im Dornröschenschlaf." Nun will sie ein Wecksignal, mit einer umgestalteten Kämmereigasse 9 1/2, als Verbindung zwischen Historischem Museum und Kunstmuseum, mit Gastronomie im Erdgeschoss. Sie hat einen Antrag gestellt, will wissen, welche Nutzung sich die Stadtverwaltung vorstellt.

Am besten weiter mit Kunst?

Einen Antrag haben auch die Grünen gestellt. Sabine Steininger etwa kann sich gut Forum Phoinix und Sübkültür als weitere Nutzer vorstellen, "ich sehe keine Notwendigkeit, die zu vertreiben". Zumal sie von dem niederschwelligen, andersartigen Kulturangebot der beiden Vereine überzeugt ist.  Sie warnt vor Schnellschüssen. Den Antrag auf einen Ortstermin sieht sie auch als "dringende Aufforderung zur Diskussion". Und am besten diskutiere es sich, wenn man zuvor gesehen habe, über was man berate.

 Ein paar große Fragezeichen

Es gibt Klärungsbedarf. Mehr, als wohl manche Stadträte glauben. Kulturreferent Fabian Kern präsentierte mal den Plan einer Erweiterung für das Historische Museum genutzt, als Ausstellungsraum für die Gipsmodelle der NS-Gauhauptstadt – wenig Raum für große Modelle und noch größeren Erklärungsbedarf.Wäre das sinnvoll? Und wer soll das planen? Kerns Vertrag läuft nicht mal mehr ein Jahr lang, ob er in Bayreuth bleibt, scheint fraglich. Und wann liegt ein großes Konzept für das Gassenviertel vor, in dem die Kämmereigasse nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Bestandteil sein kann? Müller-Feuerstein sieht nicht nur private Eigentümer in der Pflicht, sondern auch die Stadt, die sich um Förderungen bemühen müsse.

Sicher ist, dass Sylvia Habermann, Chefin des Historischen Museums, im Frühsommer in den Ruhestand geht. Wer wird ihre Nachfolgerin, wer nimmt die dringend notwendige Neukonzeption in die Hand? Der Personalausschuss, so war es von der Pressestelle der Stadt zu erfahren, hat einen Beschluss gefasst. Der aber soll nicht vor 15. März publik gemacht werden. Unter der Hand war zu erfahren, dass die Nachfolge hausintern geregelt werden soll. Müller-Feuerstein ist nicht die einzige, die darob irritiert ist. „Sehr erfreulich“ – so kommentiert sie sarkastisch die Informationspolitik der Stadt.

Auch Thema im Ausschuss: die Wiedereröffnung des Opernhauses

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