Wagner-Streit: Der Teilerfolg ist woanders

Ein Objekt des Streits: Das Festspielhaus. Foto: Ritter Foto: red

Das Gericht hat gesprochen, die Wagners sind draußen: Mit dem langfristigen Mietvetrag fürs Festspielhaus wird der Familie der Einfluss auf die Festspiele genommen. Ein guter Anlass, sich doch mal mit der Satzung der Richard-Wagner-Stiftung zu befassen. Ein Konstrukt, so baufällig wie das Festspielhaus? 

 
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Hurra! Das wird man doch wohl rufen dürfen, gleich, ob man nun der einen Seite (der Familie), oder der anderen (Den Anderen, mit den bösen Münchnern unter der Führung von Toni Schmid im Hintergrund) zuneigt, oder ob es einem gleich ist, was da gespielt wird im Kampf um den Grünen Hügel. Denn da herrscht nun Klarheit. Ein Gericht hat gesprochen, im Streit der Erben gegen die Nachlassverwalter um Wagner, die Festspiele und den ganzen Rest. Alles geregelt nunmehr, wie gesagt also: Hurra!

Leider ist es nicht so einfach. Ja, ein Gericht – es war das Landgericht Bayreuth – hat gesprochen. Es hat Wieland Wagners Erben abgewiesen, hat der Gegenpartei damit – sieht man von einem kleinen Formfehler ab – recht gegeben. Doch hundertprozentige Klarheit herrscht damit eben nicht. Wäre ja auch echt seltsam gewesen in dieser Stadt, mit dieser Vergangenheit, mit dieser Gemengelage unterschiedlichster Interessen.

Es geht um das Kronjuwel

Die Geschichte ist folgende. Die Familie Wagner hat irgendwann einen guten Teil ihrer Kronjuwelen übergeben, in eine Stiftung. Diese Stiftung hat genau genommen nur einen Besitz – das Festspielhaus. Und nur eine richtige Einnahmequelle: das Festspielhaus, beziehungsweise die Miete aus dem Festspielhaus. Die berappt derjenige, der Festspiele organisiert. Die Mitbestimmung darüber, wer die Festspiele leitet – es sollte ein Mitglied der Familie sein –, ist der Faktor schlechthin, über den die Familie noch Einfluss auf die Festspiele ausübt. Kurz: Der Vermieter – die Stiftung mit der Familie – sollte mitbestimmen können über den Mieter, die Mehrheit der Familie einen Vorschlag machen dürfen. So weit die Satzung.

Kompliziert, aber bindend

Das aber gilt seit dem Mietvertrag nicht mehr wirklich. Der Mieter sitzt das nächste Vierteljahrhundert in der Festspielhauswohnung, und so lange wird kein Fehlverhalten Handhabe geben, ihn daraus zu vertreiben. Insofern hat Daphne Wagner recht, wenn sie sagt, dass mit diesem Mietvertrag, vor zweieinhalb Jahren geschlossen, der Wille der Stifterfamilie missachtet werde. So betrachtet, wirkt der Spruch des Gerichtes – auf einmal nicht mehr so begeisternd klar. Verträge, auch die kompliziertesten, sind zu erfüllen. Die Exegese des komplizierten Vertragswerks mag hinterher kommen.

Der eine mag die Mitwirkung der Familie Wagner an Bayreuther Geschicken so überholt wie überflüssig betrachten, der andere den Bruch der Tradition beklagen. Aber – jetzt ist er erst mal da, der Spruch, der die Wagners aussperrt. Gregor Gysi, der so prominente wie geistvolle Anwalt des Wieland-Stammes, hat dennoch von einem „Teilerfolg „gesprochen. Die Begründung für diese Einschätzung mag Juristen begeistern. Weil diese Einschätzung ganz ausgefinkelt auf weitere juristische Schwächen des beklagten Mietvertrages verweist. Das aber spielt nur eine theoretische Rolle. Werden die Wieland-Erben in eine zweite Runde gehen? Ich wage das zu bezweifeln.

Rechte Hand, linke Hand

Ein Teilerfolg ist dennoch da. Aber ganz woanders als von Gysi behauptet. Er liegt in der Aufmerksamkeit, die der Prozess auf dieses seltsame Stiftungskonstrukt gelenkt hat; ein Konstrukt, in dem die rechte Hand Verträge unterschreibt, die die linke Hand vorgelegt hat. Auf eine Stiftungssatzung, in der nie die Rede war von einem Museum, das jetzt aber – simsalabim – doch da ist, seit gut einem Jahr sogar an- und ausgebaut, ohne dass letztgültig für seinen Betrieb gesorgt ist. Ein Konstrukt auch, das es nur scheinbar möglich macht, dass Bayern Bedingungen stellt für eine Leistung, für die es ohnehin in der Pflicht steht: den Unterhalt des Festspielhauses. Der langfristige Mietvertrag, wir erinnern uns, war von Bund und Bayern als Voraussetzung für die Sanierung bezeichnet worden.

Sollte nun in der Nachwirkung des Urteils die Klage der Wieland-Erben gar eine Diskussion über Sinn und Inhalt einer 40 Jahre alten, von Beginn an anfälligen Stiftungssatzung auslöst worden sein, dann spreche zumindest ich nicht mehr nur von einem Teilerfolg. Dann eben doch: Hurra!

michael.weiser@nordbayerischer-kurier.de

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