Vorwurf gegen den Kreis-Kämmerer

Von Thorsten Gütling
"Ich fühle mich verarscht", sagt Waischenfelds Bürgermeister Edmund Pirkelmann. Weil der Kämmerer des Landkreises, Horst Hager bei der jüngsten Verabschiedung des Haushaltes nicht darauf hingewiesen habe, dass er zehn Millionen Euro an Rücklagen erwarte. Foto: Archiv Foto: red

Wie ist der Landkreis Bayreuth im vergangenen Jahr zu einem Überschuss von rund fünf Millionen Euro gekommen? Kreisrat Hans Hümmer sagt: Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Waischenfelds Bürgermeister Edmund Pirkelmann sagt: "Ich fühle mich verarscht." Landrat Hermann Hübner widerspricht.

 
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Kreisräte diskutieren, wie der Landkreis an fünf Millionen Euro Überschuss kommen konnte

Der Vorwurf wiegt schwer. Und er richtet sich nicht nur an Landrat Hermann Hübner (CSU), sondern auch an den Kämmerer des Landkreises, Horst Hager. Beide weisen den Vorwurf weit von sich. Kreisrat Hans Hümmer will aber Indizien dafür gefunden haben, dass ein solches Vorgehen im Landratsamt schon seit Jahren Methode hat. Immer wieder soll das, was der Landkreis am Ende eines Jahre übrig hatte, weit über dem gelegen haben, was zu Beginn des Jahres kalkuliert wurde. Hümmer führt aus: 2,3 Millionen Euro mehr waren es im vorletzten Jahr und 4,8 Millionen im vergangenen. Er kommt zu dem Schluss: Entweder der Kämmerer weiß nicht, was er zu erwarten hat, oder er schätzt die Einnahmen des Kreises absichtlich niedrig.

"Die Zahlen stimmen"

Die Zahlen, die Hümmer vorträgt, stimmen. Das bestätigen der Landrat und der Kämmerer. Die Frage sei nur, wie man sie interpretiere. Anders als Hümmer sprechen Hübner und Hager daher auch von vorsichtigen Schätzungen. Und davon, dass im vergangenen Jahr Straßensanierungen zurückgehalten wurden und ein milder Winter geherrscht habe. Beinahe die Hälfte des mehr erwirtschafteten Geldes habe der Kreis aber schon in diesem Jahr wieder investiert. Für 2,3 Millionen Euro sei die Straßendecke zwischen Nemmersdorf und Untersteinach saniert worden. Außerdem habe ein neuer Mitarbeiter im Landratsamt die zuletzt liegen gebliebenen Gastschulbeiträge gleich für einige Jahre auf einmal abgerechnet. Alleine dafür flossen im vergangenen Jahr 2,2 Millionen Euro mehr in die Kasse als im Vorjahr. Für Hümmer ein Zeichen, dass der Kreis in den Vorjahren zuviel Geld von den Gemeinden verlangt habe.

13 Millionen an Rücklagen

Und noch eine Zahl bestätigt der Kämmerer. Dass der Landkreis derzeit rund 13 Millionen Euro an Rücklagen hat. Von rund zehn Millionen Euro hätte der Kämmerer schon zur Verabschiedung des Haushalts im März wissen können, sagt der Waischenfelder Bürgermeister Edmund Pirkelmann (FW). Weil zu diesem Zeitpunkt das Ergebnis des Vorjahres zumindest vorläufig hätte feststehen müssen. Pirkelmann spricht deswegen von einem Haushalt, der unter falschen Annahmen verabschiedet worden sei. 23 der 53 Kreisräte hatten damals gegen den Haushalt gestimmt, weil sie eine Absenkung der Kreisumlage, also der Geldes, das die Gemeinden dem Landkreis zahlen müssen, von mehr als einem Prozentpunkt forderten. Pirkelmann sagt: „Wenn der Kämmerer die voraussichtlichen Rücklagen kennt, sich hinsetzt und sagt, mehr als ein Prozent geht nicht, dann sitze ich hier und fühle mich verarscht.“

Nachgefragt und nichts erfahren

Kreisrat Hans Hümmer sagt, die vorläufigen Ergebnisse des Jahres 2015 seien auch auf Nachfrage nicht bekannt gegeben worden. Pirkelmann bestätigt das. Hümmer kommt daher zu dem Schluss: „Der Kreis hat seine Gemeinden abgezockt.“ Das Ergebnis zu dem Zeitpunkt schon gewusst und auf Nachfrage nicht verraten zu haben, das bestreitet Kämmerer Hager. Zu Hilfe springt ihm Kreisrätin Sonja Wagner (SPD): Jeder habe Zugang zu den Zahlen gehabt, jeder habe dem Kämmerer sein Vertrauen ausgesprochen. „Es ist Energie- und Zeitverschwendung, im Nachhinein demokratisch getroffene Entscheidungen in Frage zu stellen“, sagt Wagner.

Nicht auf 2,5 Millionen festlegen

Einen Nachtragshaushalt, wie ihn die Freien Wähler fordern, um den Gemeinden noch in diesem Jahr Geld zurück zu zahlen, wird es nicht geben. Dagegen stimmt außer Hümmer und Pirkelmann keines der Mitglieder im Kreisausschuss. Auch keine Mehrheit findet ein Antrag von Junger Liste und Wahlgemeinschaft. Beide fordern, schon jetzt festzulegen, dass der Landkreis im nächsten Haushalt die Gemeinden um mindestens 2,5 Millionen Euro und damit um die Hälfte der Mehreinnahmen entlastet. Dagegen stimmen die Fraktionen von CSU, SPD und Grünen geschlossen. SPD-Fraktionssprecher Stephan Unglaub sagt: „Im September hätte ich darüber noch anders gedacht, aber jetzt sind die Haushalte der Kommunen relativ abgewickelt.“ SPD, CSU und Grüne folgen stattdessen einem Vorschlag der Verwaltung, in dem es weniger verfänglich heißt: Zur Entlastung der Kommunen soll das deutlich höhere Jahresergebnis im nächsten Haushalt berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um eine Empfehlung. Entscheiden muss am 9. Dezember der Kreistag.

Kämmerer wirbt und weitere Rücklagen

Kämmerer Hager wirbt aber schon jetzt für weitere Rücklagen des Kreises. Die Konjunktur werde sich eintrüben und die Umlagekraft der Gemeinden sinken. Der Kreis habe dennoch große Investitionen vor der Brust: Die Sanierung der kreiseigenen Johannes-Kepler-Realschule in Bayreuth für 40 Millionen Euro zum Beispiel und danach die der Gesamtschule Hollfeld für rund 25 Millionen. Dazu steigen die Kosten für Sozial- und Jugendhilfe um voraussichtlich 350.000 Euro.

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