Uwe Eric Laufenberg: "Nur noch Feinarbeit"

Von Michael Weiser

Erst das Gerangel um die Regie, dann Diskussionen um angebliche Islam-Kritik, schließlich der Absprung von Dirigent Andris Nelsons: Der Weg zur "Parsifal"-Neuinszenierung 2016 wird ein steiniger gewesen sein. Kurz vor der Eröffnungspremiere am 25. Juli haben wir mit Regisseur Uwe Eric Laufenberg über Nervosität und Dirigenten-Persönlichkeiten gesprochen. Und die Notwendigkeit, in kriegerischen Zeiten neu übers Christentum nachzudenken. 

 
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Sie stehen kurz vor Abschluss der Probenarbeiten. Wie weit sind Sie?

Uwe Eric Laufenberg: Ich hoffe, wir sind so weit, dass man’s aufführen kann. Nein, ernsthaft:  Vor uns liegen nur noch Feinarbeiten.

"Die Sänger waren sehr verunsichert"

Wie ging’s Ihnen denn bei den Turbulenzen der vergangenen Tage, mit dem Abgang  Andris Nelsons, mit der Ankunft Hartmut Haenchens fünf Tage später?

Laufenberg: Sagen wir’s mal so: Nach außen besser als nach innen. Das hat mich viel Kraft und Anstrengungen gekostet. Auch die Sänger waren natürlich sehr verunsichert. Aber Hartmut Haenchen ist zum Glück auch jemand, der weiß, wie’s funktioniert, der zu hundert Prozent eine Vorstellung hat, wie man die Musik von „Parsifal“ umsetzt. Und so ist meine Inszenierung mit der Musik zusammengewachsen. Die Wunde ist noch nicht geschlossen – aber sie heilt.

"Froh, dass alle an Bord sind"

Und wie sind Ihre Darsteller drauf? Schon erholt vom Wechselstress?

Laufenberg: Ja, es sind zum Glück alle gut drauf, es sind ja auch alle weiterhin an Bord. Darüber bin ich sehr froh.

Wie waren Sie mit Andris Nelsons vorangekommen?

Laufenberg: Ich habe ihn sehr gemocht, ihn und die Arbeit mit ihm. Er ist jemand, den die Musiker und die Sänger total schätzen. Die verehren den richtig. Es wäre mit ihm auch super geworden. Aber auf jeden Fall – anders.

Inwiefern? Wo sehen Sie die großen Unterschiede zwischen Nelsons und Haenchen?

Laufenberg: Haenchen macht es so, dass man die beiden eigentlich nicht vergleichen kann. Wie beide ein Orchester führen, Haenchen und Nelsons, davon bin ich sehr angetan. Aber es ist sehr unterschiedlich, die beiden sind fast Antagonisten. Ich glaube aber auch, dass der „Parsifal“ diese unterschiedlichen Sprachen verträgt. Man kann sagen, dass Haenchen die objektive Lesart pflegt und Nelsons die subjektive.

Haenchens Handschrift hört man

Objektiv hört sich das gut für Ihre Inszenierung an, subjektiv sehe ich bei mir noch Informationsbedarf: Was meinen Sie damit?

Laufenberg: Objektiv verstehe ich die Lesart, wie sich Hanechen Akzente und Tempo aus der Originalpartitur heraus erschlossen hat. Subjektiv bedeutet für mich, dass Andris Nelsons Farbe gegeben hat, Akzente gesetzt und das Tempo bestimmt hat, wie es ihm sein innerstes Gefühl geraten hat. 

Haenchen soll exzellent vorbereitet nach Bayreuth gekommen sein.

Laufenberg: Ja, er kam mit seinem eigenen Orchestermaterial nach Bayreuth, das er bereits für Inszenierungen in Brüssel und Kopenhagen verwendet hatte.

Was ist nach so kurzer Zeit, nach diesen wenigen Proben von der eigenen Handschrift eines Dirigenten erkennbar?

Laufenberg: Also, wenn Sie mich fragen, so gut wie alles. Das Orchester reagiert hier so fantastisch, die kennen die zehn Opern so gut, dass sie sofort variieren können.

"Eine Art von Selbstaufopferung"

Kommen wir nochmal auf Ihre Inszenierung zurück: Noch immer steht der Verdacht der Islamkritik im Raum. Gerechtfertigt?

Laufenberg:  Ich kann darüber nur lachen, wirklich.

Ich habe gehört, dass man auf der Bühne in den Innenraum einer Kirche sieht.

Laufenberg: Richtig, das ist auch immanent in Wagners Werk, der sich ja vom Dom in Siena hat inspirieren lassen. Wir, also mein Bühnenbauer Gisbert Jäkel und ich, haben uns gefragt, wie wir uns eine Kirche in einer schweren Lage, in einer gefährlichen Umgebung vorstellen können. Eine Umgebung, in der Christen bedroht sind, aber sich dennoch bemühen, noch Hilfestellung zu geben, wie die Gemeinschaft der Gralsritter, was ja auch eine Art Selbstaufopferung darstellt.

Bedroht werden Christen  oft von Moslems. Ist das durch die Hintertür doch eine Art von Islam-Kritik?

Laufenberg: Es geht nicht unbedingt um den Islam, nein. Sondern um die kriegerischen Umstände in den Krisengebieten der Welt. Es toben dort Kriege, aber eben auch quer durch die Religionen, etwa zwischen Sunniten und Schiiten. Die Gewalt geht nicht vom Islam aus, sondern von Menschen, die Religion instrumentalisieren und für ihre Machtzwecke nutzen wollen, so wie Klingsor auch den heiligen Speer als Waffe einsetzt. Und ob im Judentum, im Islam oder im Christentum: Klingsors gibt es überall, Menschen, die das, was Heil bringen soll, als Mittel zur Mehrung ihrer Macht verwenden. Vielleicht hat es die auch schon in Bayreuth gegeben (lacht).

"Hier kann immer was passieren"

Und nun, wenige Tage vor Ihrem Bayreuth-Debüt? Wie fühlen Sie sich?

Laufenberg: Ich bin ein wenig nervös. Insofern, dass hier immer irgendetwas passieren kann, mit dem man nicht gerechnet hat. Das möchte ich mir gar nicht ausmalen. Wenn es so läuft, wie wir es vorbereitet haben, dann werde ich über das Ergebnis, glaube ich, sehr glücklich sein.