Tennet: Alle Planungen auf Null Südost-Trasse noch später

Von Elmar Schatz
Windstrom aus dem Norden soll in den Süden fließen, aber noch fehlen die Leitungen. Foto: dpa Foto: red

Die neuen Stromtrassen kommen noch später. „Ja, das stimmt“, sagt Tennet-Pressesprecherin Ulrike Hörchens. „Wir gehen davon aus, dass die Leitungen erst 2025 fertig sein werden“; ursprünglich vorgesehen war die Vollendung bis 2022, wenn die letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen. Über eine Verzögerung um zwei Jahre hatte der Kurier bereits berichtet. Was ist der Grund der Verzögerung?

 
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"Wir mussten alle Planungen auf Null stellen", sagt Hörchens für den in Bayreuth ansässigen Übertragungsnetzbetreiber Tennet; denn die Bundesregierung setzt nach massiven Bürgerprotesten nun auf Erdkabel statt auf 70 Meter hohe Strommasten.

Die Trasse Südostlink soll von Sachsen-Anhalt über Oberfranken und die Oberpfalz bis Niederbayern führen und dort am bisherigen Kernkraftwerk Isar 2 im Landkreis Landshut enden.

Fertig 2025 - nur wenn alles glatt läuft

Wenn Tennet nun erwartet, bis 2025 mit dem Stromtrassenbau fertig zu werden, so sei dies "Best Case (im besten Fall), wenn alles gut läuft und es eine effiziente Bürgerbeteiligung gibt", sagt Hörchens. Durch das Erdkabel sei die Akzeptanz für die Stromleitung aber deutlich größer als bisher.

Den Vorrang für unterirdische Kabelstränge, wie ihn Bund und Länder wollen, verteidigt Jochen Homann, der Chef der Bundesnetzagentur: "Erdkabel können uns helfen, Akzeptanz für den Netzausbau zu schaffen."

Das Erdkabelgesetz war Ende 2015 verabschiedet worden, nach erheblichen Widerständen aus der Bevölkerung gegen große neue Strommasten.

Erdkabel verteuern Bau um mehrere Milliarden Euro

Die Verlegung der Erdkabel für Gleichstrom wird die Baukosten für die Stromnetze um mehrere Milliarden Euro erhöhen. Die Erdkabel sind ein Zugeständnis von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer, der gegen "Monstertrassen" mit hohen Masten in Bayern war.

Die Verzögerungen bei den beiden geplanten Strom-Hauptschlagadern Südlink (von Brunsbüttel bis Großgartsch bei Stuttart) und Südostlink (von Wolmirstedt bei Magdeburg bis Landshut) entstehen nun, weil die bereits fertigen Planungen für Überlandleitungen nun neu konzipiert werden müssen.

Leitungen sollen Windstrom nach Süden bringen

Die sogenannten Stomautobahnen sind erforderlich, um nach dem Abschalten der Atomkraftwerke Windstrom aus Nord- und Ostdeutschland in die Industriezentren Süddeutschlands zu bringen. Aber es entsteht Stau, weil die Autobahnen noch nicht existieren. "Wir geraten immer mehr in eine Situation, in der wir Energie nicht mehr transportieren können", wird Lex Hartmann, Geschäftsführer beim größten deutschen Stromnetzbetreiber Tennet, in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert.

Stromnetz muss aufwendig stabilisiert werden

Aktuell haben die Betreiber bereits große Probleme, weil das Netz für die im Norden produzierten Strommengen nicht ausreicht. Die Kosten für Eingriffe, um sogenannte "Blackouts" zu verhindern, sind zuletzt auf jährlich etwa eine Milliarde Euro gestiegen, könnten aber auf vier Milliarden Euro steigen, so die Bundesnetzagentur.

Die Netzfirmen müssen die Stromproduktion von Windparks drosseln oder - wenn der Wind nicht bläst - dafür sorgen, dass Kraftwerke schnell anlaufen, um das Netz zu stabilisieren. Bezahlen müssen den Aufwand die Stromkunden.

Teurer Strom im Süden - billigerer im Norden?

Bilden sich in Deutschland zwei Strommärkte heraus, mit dank Windstroms niedrigeren Preisen im Norden und höheren Preisen in Bayern sowie Baden-Württemberg? "Wenn wir den Netzausbau nicht hinkriegen, könnten am Ende Preiszonen die einzige Lösung sein", sagte Tennet-Geschäftsführer Hartman der "Südddeutschen".

Die Bayreuther Tennet-Pressesprecherin Hörchens erklärt, über geteilte Strommärkte werde zwar diskutiert, klar sei jedoch noch nichts. Zurzeit werde eine EU-Studie erarbeitet.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger fordert unterdessen: "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg aus dem Trassenprojekt, das für die Energiewende sowieso nichts bringt." Aiwanger erklärt: "Die deutschen Kernkraftwerke gehen 2022 vom Netz, der Ersatzstrom aus Norddeutschland kommt frühestens drei Jahre später im Süden an. Dann aber braucht ihn hier kein Mensch mehr."

Aiwanger, in dessen Heimatlandkreis Landshut die Südost-Passage enden soll, verweist zudem auf den Landverbrauch durch den Trassenbau: "Zwei Trassen quer durch Deutschland mit 70 Meter hohen Strommastenoder unterirdisch mit 30 Meter breiten Korridoren, auf denen kein Baum stehen darf und Landwirtschaft kaum mehr betrieben werden kann - das ist Größenwahn und Landvernichtung sondergleichen." Aiwanger verlangt stattdessen mehr Anstrengung bei der regionalen Energiewende.

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