Streit über Hochsicherheits-Festspiele

Von Michael Weiser
 Foto: red

"Gefängnis" und "Hochsicherheitstrakt": Der Regisseur des „Parsifal“ 2016 regt sich über die verschärften Sicherheitsmaßnahmen am Festspielhaus aus. Und macht seinem Unmut deutlich Luft. „Wenn man sich zubunkert, strahlt  man eher Ohnmacht aus denn Sicherheit“, sagt Uwe Eric Laufenberg. Währenddessen widerspricht die Stadt Behauptungen, sie habe das Konzept angeordnet. "Veranlasst wurde dies allein von der Geschäftsführung", heißt es in einer Pressemitteilung.

 
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Der Chor unter der Leitung von Eberhard Friedrich hat die Probenarbeit aufgenommen, desgleichen das Orchester, mit Marek Janowski im Freizeitlook am Probenpult. Es wirkt fast wie immer – aber auch nur fast. Und auch nur drinnen.

Draußen ist alles anders: Ein massiver Zaun von über zwei Metern Höhe, Wachleute, Kontrollen, erstmals eine Akkreditierungspflicht für Journalisten schon für die Auffahrt und den Roten Teppich bei der Eröffnungspremiere: An Richard Wagners offenem Festspielhaus gelten scharfe Regelungen. „Man fühlt sich, als ob man im Gefängnis sei“, sagt Uwe Eric Laufenberg, dessen „Parsifal“-Inszenierung in einem Monat die Festspiele eröffnen wird. „Ein Riesen-Zinnober ist das, an jeder Tür steht jemand.“ Der Wiesbadener Staatstheater-Intendant ist enttäuscht: „Das ist ein Hochsicherstrakt, mit Festival hat das nicht viel zu tun.“

Und er sieht sich auch in seiner Arbeit behindert: „Es werden manchmal Leute nicht vorgelassen, die man zu den Proben benötigt.“ Fotografen werden zur Zeit auch nur bedingt zugelassen - Probenbilder liefert, anders als in früheren Jahren, Festspielefotograf Jörg Schulze.

Laufenberg warnt vor Angst

„Angst tut uns nicht gut“  - das hat Uwe Eric Laufenberg schon vor einiger Zeit im Kurier-Interview gesagt. Die Kontrollen empfindet er als vergebene Sicherheitsmüh: „Wenn wir eine offene Gesellschaft haben wollen, wird es die absolute Sicherheit nicht geben.“ Sein Rezept: „Einfach aufmachen!“

Warum überhaupt igelt sich das Festspielhaus ein? Darüber herrscht nach wie vor Unklarheit. Sicher kann ein Grund sein, dass man Unbefugte draußen halten will von Probebühnen und Werkstätten.

Warum aber dann ein solcher Aufmarsch von Sicherheitsleuten? Wegen einer mehr oder weniger konkreten "Gefährdungslage"? Oder wegen einer vermeintlich provokanten Inszenierung?  "Mittlerweile sollte sich wirklich herumgesprochen haben, dass ich keine Provokation beabsichtige", sagt Laufenberg über sein "Parsifal"-Konzept. Es geht um Religion, um das Erstarrtsein in leeren Ritualen, das schon. Und das ist auch bei Wagner schon angelegt. Konzentrieren werde sich die Inszenierung aber aufs Christentum, sagte Laufenberg.

"Fort Knox"? Eher in Salzburg als in München

Was macht Bayreuth also zum potenziellen Ziel? Die Prominenz bei den Premieren? Reiche und Mächtige sieht man längst nicht mehr nur in Bayreuth, sondern mehr noch in Salzburg und bei den Opernfestspielen in München, wo zum Beispiel die "Oper für alle" Tausende von Menschen auf den Max-Joseph-Platz und den Marstallplatz lockt. Es werde die üblichen hüfthohen Absperrgitter geben, um beispielsweise Rettungszugänge freizuhalten, sagt Sprecher Christoph Koch, auch sei das übliche Personal angehalten, die Augen offenzuhalten. "Fort Knox aber werden wir nicht."

Strenger ist man in Salzburg. "Die Salzburger Festspiele sind und waren immer bewacht, das heißt es steht uns an 365 Tagen und 24 Stunden ein von der österreichischen Zertifizierungsstelle Sicherheit zertifizierter Wachdienst zur Verfügung", heißt es aus der Presseabteilung. Seit 1997 gebe es eine technische und personelle Zutrittskontrolle, "für jeden, der ins Festspielhaus gelangen will". Und auch bei der Wahl ihrer Mitarbeiter sehen die Salzburger ganz genau hin: "Seit jeher muss jeder neu angestellte Mitarbeiter ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen." Von Zäunen aber beispielsweise um die Spielstätte auf der Perner Insel aber ist nichts bekannt.

Wer hat's angeordnet?

Mittlerweile ist Streit um die Urheberschaft des Konzepts entbrannt. "Die Festspiele betonen, die Stadt Bayreuth habe das verschärfte Sicherheitskonzept angesichts latenter Terrorgefahr gefordert." So war es in einer Meldung der dpa zu lesen. Die Stadt widerspricht deutlich. Sie stellte auf Anfrage des Kurier klar, "dass die von der Leitung der Bayreuther Festspiele inzwischen in die Wege geleiteten Maßnahmen weder von der zeitlichen Abfolge her noch in ihren Details von der Stadtverwaltung angeordnet wurden. Dies gilt auch für die aktuelle Bewachung des Festspielhauses durch private Sicherheitskräfte (...)  Sie wurde in dieser Form mit der Stadt im Vorfeld nicht abgestimmt und sie wird, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt, von der Stadt als in dieser Form nicht erforderlich und nur kostentreibend angesehen. Veranlasst wurde dies allein von der Geschäftsführung."

Der kaufmännische Geschäftsführer der Festspiele Holger von Berg mahnt währenddessen, das gemeinsame Interesse nicht aus den Augen zu verlieren: „Wir wollen gelungene Festspiele, mit allen Vorstellungen und Generalproben, so sicher wie möglich, mit so wenig wenig Aufwand wie möglich stattfinden.“ Man habe über das Sicherheitskonzept mit Stadt und Polizei verhandelt, sei sich im Grundsatz einig gewesen, freilich ohne „jedes kleinste Detail bis ins letzte“ zu besprechen.

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