Schlag gegen Autoschieber-Mafia

Von Manfred Scherer
Ein Polizist demonstriert, wie Diebe Autoschlösser knacken. Symbolfoto: Patrick Pleul/dpa Foto: red

Weit über 100 Straftaten, Millionenbeute, eine 5000-seitige Ermittlungsakte: Einer Spezialdienststelle der oberfränkischen Polizei ist in zweijährigen Ermittlungen ein Schlag gegen eine international tätige Bande von Autoschiebern gelungen. Eine siebenköpfige Bande sitzt in Haft, die Verdächtigen wurden zum Teil aus Tschechien ausgeliefert.

 
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Für den "herausragenden" Erfolg ist ein Ermittlerteam der Kriminalpolizei für Zentralaufgaben (KPI/Z) verantwortlich, das unter Federführung der Coburger Staatsanwaltschaft arbeitete. KPI/Z-Chef Alfred Kauper und Christian Pfab, Sprecher der Coburger Anklagebehörde, stellten am Freitag den Fall bei einer Pressekonferenz vor. Kauper sagte: "Wir sind uns sicher: Uns ist ein schwerer -Schlag gegen die organisierte Kfz Diebstahlskriminalität gelungen."

Zugriff an neun Standorten der Autoschieber

Der Höhepunkt der langen Ermittlungsarbeit war Anfang März 2017: Eine Gruppe Ermittler der KPI/Z, ein Coburger Staatsanwalt und tschechische Polizisten rückten zu einer lange und genau geplanten Razzia in Tschechien aus. An neun Standorten umstellten die Fahnder Hallen, Werkstätten, Garagen und Wohnungen.

Das ganze Ausmaß der Tätigkeiten der Bande wurde den Ermittlern erst bei der Razzia bewusst. "Wir begannen mit der Razzia um 6 Uhr und hatten geplant, um 18 Uhr wieder zuhause zu sein", sagt Kauper. "Das stimmte soweit, allerdings waren wir erst am Tag darauf um 18 Uhr fertig."

Ein 39-Jähriger gilt als Drahtzieher der Bande

In einer Werkstatt in der Region Pilsen fanden die Ermittler gestohlene Autos, unzählige Autoteile, eine große Anzahl an Dokumenten, entweder gefälscht oder auch blanko. Bei der Razzia nahm ein tschechisches Spezialkommando auch einen 39-jährigen Mann fest, der als Drahtzieher des Falls gilt. Er hatte bei Pilsen eine Art "Zerlegebetrieb" aufgebaut, in dem die gestohlenen Fahrzeuge erst professionell auseinandergenommen wurden und danach ebenso professionell verändert wieder zugelassen und verkauft wurden - mit gefälschten Dokumenten versehen.

Einem der Haupttäter werden nun 85 Taten angelastet. Pfab sagt: "Es gibt bereits eine erste Anklage gegen zwei der Beschuldigten."

Fahnder finden eine professionelle Bandenstruktur

Ausgangspunkt für die Ermittlungen waren Autodiebstähle, die sich im Sommer 2015 in ganz Oberfranken und den angrenzenden Regionen häuften: Vor allem Fahrzeuge der Marken VW T 5, Mercedes Sprinter und Skoda waren ins Visier der Autodiebe geraten. Ermittler der KPI/Z sahen sich die Fälle an und gingen bald davon aus, dass die Taten zusammenhingen und eine gut organisierte Bande dahinter stecken musste.

Damals noch paralell laufende Ermittlungen der Kripo in Coburg im gleichen Fall erbrachten Erkenntnisse, denen zufolge die gestohlenen Fahrzeuge nach Tschechien gebracht worden waren. Die KPI/Z übernahm schließlich den Fall, die Coburger Staatsanwaltschaft die juristische Federführung. Wie wichtig letzteres war, zeigte der Gang der Ermittlungen, denn: Aktionen und Fahndung im Nachbarland musste im Weg der Rechtshilfe in Gang kommen.

Im Sommer 2016 konnten die KPI/Z-Fahnder die ersten Früchte ihrer Arbeit ernten: Zwei 33 Jahre alte Verdächtige mit moldawisch-rumänischer Staatsangehörigkeit wurden mit ihrer Einreise nach Deutschland observiert, bis nach Nürnberg verfolgt und dort festgenommen. Sie kamen wegen dringenden Tatverdachts in Untersuchungshaft.

Auch der Drahtzieher geht ins Netz

Danach deckten die Bayreuther Ermittler in Zusammenarbeit mit tschechischen Kollegen immer weiter die Struktur der hinter den Diebstählen stehenden Bande auf, bis schließlich sogar der mutmaßliche Drahtzieher identifiziert wurde. Pfab berichtet: "Die Kollegen haben über die Zusammenarbeit mit den tschechischen Behörden nur das Beste berichtet. Sie haben gesagt: Das war herausragend."

Der Hauptverdächtige, ein 39-jähriger Tscheche aus der gegend von Pilsen, bestellte bei einem der in Nürnberg festgenommenen Männer Fahrzeuge, die zuvor über Automärkte im Internet oder durch Ausspähen vor Ort ausgesucht worden waren. Er hatte Komplizen - insgesamt fünf weitere Männer sollen in wechselnder Zusammensetzung an den vielen Taten beteiligt gewesen sein.

Verdächtige versuchen abzutauchen und werden auf der Flucht geschnappt

Laut Polizei handelt es sich bei allen um Verdächtige aus Moldawien und Rumänien. Vier von ihnen wurden in den Tagen nach der entscheidenden Razzia auf der Flucht gefasst: Einer in Belgien, einer in der Ukraine, zwei von ihnen waren erfolglos in Tschechien untergetaucht.

Was den Fall einzigartig macht: Die Zusammenarbeit der deutschen und der tschechischen Behörden: Sowohl Ermittler aus Bayreuth und Prag und Karlsbad als auch Staatsanwälte aus Coburg und Staatsanwälte aus Prag trafen sich regelmäßig, um die Ermittlungen und Polizeimaßnahmen gemeinsam zu planen und zu koordinieren.

Alle sieben mutmaßlichen Bandenmitglieder sitzen mittlerweile in Deutschland in Untersuchungshaft. Die Coburger Staatsanwaltschaft hatte im Weg der Rechtshilfe ihre Auslieferung beantragt. Die Ermittler der KPI/Z holten die Beschuldigten entweder direkt im Ausland oder an der Grenze persönlich ab.

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