Hollywood im Fichtelgebirge

Von Andreas Gewinner

Wohl an die zehn Mal wacht Heiner Lauterbach an diesem Morgen in seinem Hotelbett auf, schnauft, schaut um sich, als wäre er aus einem schweren Traum erwacht und setzt sich auf. Das vermeintliche Hotelbett steht in Kirchenlamitz, und was in „Tannbach 2“ ein Hotelzimmer sei soll, war mal ein Bürozimmer der einstigen Winterling-Porzellanfabrik.

 
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Eine ganze Etage ist in ein Hotel der späten 1950er Jahre verwandelt worden für die Fortsetzung des ZDF-Erfolgs „Tannbach“ von vor zwei Jahren, ein Historienepos über die deutsche Teilung.

Wenn Heiner Lauterbach sich aus dem Bett kämpft, sind zwei Kameras auf ihn gerichtet. Regisseur Alexander Dierbach verfolgt die Szene auf zwei Bildschirmen, die das zeigen, was später auch der Zuschauer vor dem heimischen Bildchirm sieht. Als Lauterbach kurz zuvor aus der Maske gekommen ist, begrüßt er die Anwesenden mit „Good Morning“. Kein Wunder: Die Sprache am Set ist überwiegend tschechisch, fast 90 Prozent der knapp 100 Filmleute sind aus Prag gekommen, wo „Tannbach 2“ seit vergangenen Herbst entsteht. Unter ihnen auch 19 Komparsen im 50er Jahre-Aufzug sowie Männner in den Uniformen der DDR-Grenztruppen. Auch sie kommen aus Tschechien. Die ganze Truppe wohnt in zwei Bayreuther Hotels, dem Rheingold und dem Arvena.

Holz ist Trumpf

Die Szenen die im ehemaligen Winterlinggebäude entstehen, spielen 1960, sie werden zu sehen sein in der ersten Folge des „Tannbach 2“-Dreiteilers. Nebenan, im ehemaligen Austellungsraum, wo Winterling einst seine Preziosen aus Porzellan potenziellen Großkunden präsentierte, ist eine Hotellobby entstanden. Ein Hoteltresen wurde nachträglich eingebaut, auf Tischen liegen Illustrierte aus den 50er Jahren. Holz ist Trumpf, wenn Filmleute Illusionen produzieren. Als im Herbst außerhalb von Prag in einem Ort gedreht wurde, der das geteilte Tannbach darstellt, musste Szenenbildner Knut Loewe auch die Mauer samt Wachtürmen wiederentstehen lassen - alles aus Holz, der farbige Anstrich sorgte für die nötige Betonoptik.

Weitere Szenen an diesem Mittwoch in Kirchenlamitz entstehen im Treppenhaus - das noch sein originales 1950er Flair hat - und in einem nachgebauten Bankraum, der eine Etage tiefer im Winterlinggebäude für diesen einen Tag entstanden ist. Der einzige Außendreh in Kirchenlamitz findet an einer Garagenanlage statt, die im Film Teil einer Kaserne sein soll. Obwohl die Dreharbeiten den ganzen Tag dauern: Das, was an diesem Tag in Kirchenlamitz entsteht, macht im fertigen Film etwa drei bis vier Minuten aus.

Man kennt sich von "Helen Dorn"

Inzwischen ist Heiner Lauterbachs Co-Star Anna Loos eingetroffen. Sie raucht mit Regisseur Alexander Dierbach draußen vor dem Eingang eine Zigarette und trägt einen Wintermantel mit der Rückseite nach vorne. Denn trotz Sonnenscheins ist es auf dieser Seite des Schneebergs auch am späten Vormittag im Schatten noch unter null Grad, und unter dem Mantel trägt sie eine hauchdünne gepunktete Bluse. Beide kennen sich von mehreren Folgen der Krimiserie „Helen Dorn“.

An diesem Mittwoch ist der 84. von 86 Drehtagen für „Tannbach 2“. Am Donnerstag und Freitag wird noch bei Weidenberg gedreht. „Dann sprengen wir den halben Wald in die Luft“, verspricht Knut Loewe. Für die Szene musste Loewe mehrere historische Autos besorgen, darunter auch einen Krankenwagenspezialumbau eines VW-Bus von 1959, „eines von nur noch zwei existierenden Exemplaren“, so Loewe. Ins gepökelte Oberfranken kommt der selten Oldtimer natürlich nicht auf eigener Achse. Sondern in einem geschlossenen Lastwagen. Und fliegt bei den Dreharbeiten hoffentlich nicht mit in die Luft.

 

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