Griff in die Kasse des Zentrums

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Foto: Eric Waha Foto: red

Schock für die Verantwortlichen des Zentrums an der Äußeren Badstraße: Die Geschäftsführerin hat über knapp drei Jahre hinweg auf Rechnung des Zentrums Waren im Wert von rund 150.000 Euro für sich bestellt und bezahlt. Erst vor wenigen Wochen war man durch Zufall darauf aufmerksam geworden. Der Verein hat sich von der Geschäftsführerin getrennt. Der Betrieb des Zentrums ist nicht in Gefahr.

 
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Betroffenheit bei Klaus Klötzer, dem Vorsitzenden des Trägervereins, und dem Beisitzer Stefan Specht:  Im Gespräch mit unserer Zeitung sagen Klötzer und Specht, dass Ende September ein erster Verdacht von Mitarbeitern des Zentrums an den Vorstand des Vereins herangetragen worden sei. Die Geschäftsführerin sei zu dem Zeitpunkt im Urlaub gewesen, als Päckchen an die Geschäftsadresse geliefert worden seien.  Päckchen mit Inhalt, für die es im Zentrum keine Verwendung gab.

Interne Prüfung dauerte zwei Wochen

„Wir haben dann rund zwei Wochen lang intern die Unterlagen geprüft“, sagt Klaus Klötzer. Und man sei auf immer mehr Ungereimtheiten gestoßen, die bis ins Jahr 2015 zurückreichen. Anschließend habe man die Geschäftsführerin mit dem Thema konfrontiert: „Sie hat sofort alles zugegeben“, sagen Klötzer und Specht.  „Für uns standen von Anfang an die Informationsbeschaffung, die Schadensfeststellung und die Schadensminimierung im Mittelpunkt“, sagt Specht.  In den Tagen, nachdem der Vorstand die Geschäftsführerin mit dem Ergebnis der Recherche konfrontiert hatte, habe man „teilweise sechs bis sieben Stunden am Tag“ Rechnungen und Unterlagen gesichtet, Bestellungen kontrolliert. Und sei schließlich auf eine Gesamt-Schadenssumme von rund 150.000 Euro gekommen. Am 7. Oktober hat der Verein Specht zufolge der Geschäftsführerin fristlos gekündigt. 

Psychische Erkrankung als Grund für die Käufe

Nach den jetzigen Erkenntnissen soll die Geschäftsführerin aufgrund einer psychischen Erkrankung, wegen Kaufsucht,  die Bestellungen getätigt haben. Einen Anfang hätten  die Käufe, die nach den Worten Klötzers entweder über die Kreditkarte des Zentrums oder über das Paypal-Konto bezahlt wurden, im Jahr 2015 genommen. Warum die Käufe erst jetzt aufgefallen sind, erklären Klötzer und Specht so: Im Jahr 2015 sei die finanzielle Abweichung offenbar nicht so gravierend gewesen.  Für das Jahr 2016 gibt es noch keinen Jahresabschluss. „Der wird erst in den nächsten Tagen erwartet“, sagt Klötzer. Und: Der Vorstand hat in der Regel mit den Abrechnungen nichts zu tun. „Die laufen über ein vom Verein beauftragtes Steuerbüro. Warum es dort nicht aufgefallen ist, wissen wir nicht.“ Das ist eine deutliche Kritik am Steuerberater.

Betrieb lief immer normal weiter

Trotz des hohen Schadens, der dem Zentrum entstanden ist, sei der Betrieb „zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen, und zwar weder im Hinblick auf externe Veranstaltungen noch auf Eigenproduktionen. Wir waren auch immer liquide“, sagt Klötzer. „Wir sind bis Mitte kommenden Jahres ausgebucht.“ Der Vorstand habe sofort, nachdem klar geworden war, welcher Schaden entstanden war, Kontakt mit den Haupt-Zuschussgebern, der Stadt Bayreuth und der Oberfrankenstiftung, aufgenommen und alle Karten auf den Tisch gelegt.  „Konsequenzen für die Stadt als Zuschussgeber sind nicht zu befürchten“, sagt Specht. Die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe habe, sagt Klötzer, „Verständnis für die Situation“ gezeigt. Nicht zuletzt im Interesse der Zuschussgeber sei der Fall bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden, ebenso habe man sich anwaltliche Vertretung gesucht – „wegen möglicher haftungsrechtlicher Ansprüche. Das muss extern geprüft werden - und zwar keinesfalls von unserer eigenen Kanzlei“, sagt Specht, der selbst Anwalt ist. Wichtig sei eine "rasche, vollständige, unabhängige und transparente Klärung der Angelegenheit".

Notarielles Schuldanerkenntnis liegt vor

Was trotz des Schadens positiv gelaufen sei: Die Geschäftsführerin habe umgehend „ein notarielles Schuldanerkenntnis unterschrieben“. Durch den Titel, den der Verein damit in der Hand hat, besteht die Möglichkeit, zumindest stückweise Geld zurück zu bekommen. „Wir müssen nicht über den Weg eines Gerichtsverfahrens gehen, der sich sicher eineinhalb Jahre hingezogen hätte“, sagt Specht. Die nunmehr ehemalige Geschäftsführerin habe einen Teil des veruntreuten Geldes auch bereits zurückbezahlt: „Rund 40.000 Euro haben wir wieder“, sagt Klötzer. Die kommissarische Geschäftsleitung des Zentrums liegt nach Klötzers Worten aktuell in den Händen von Cedric Hoffmann. Auch hier habe die Frau geholfen: „Sie hat Cedric Hoffmann eingearbeitet.“ 

Große menschliche Enttäuschung bei den Verantwortlichen

Dennoch bleibt große menschliche Enttäuschung: „Wir haben jedes Jahr Mitarbeitergespräche geführt, hatten ein gutes Verhältnis. Offensichtlich hat dennoch das Vertrauen in den Vorstand gefehlt, über das Problem zu sprechen“, sagt Klötzer. „Wir hätten sicher helfen und eine Lösung finden können“, ergänzt Specht.

"Eine Krankheit, bei der man die Grenzen nicht mehr kennt."

Die Geschäftsführerin räumt auf Anfrage des Kuriers den Grund für die Käufe über die Konten des Zentrums sofort ein: „Ich leide unter Kaufsucht. Einer Krankheit, bei der man die Grenzen nicht mehr kennt.“ In Situationen, in denen sie viel Stress habe, breche die Krankheit durch. Natürlich habe sie in den vergangenen Monaten immer wieder daran gedacht, dass die Käufe über die Zentrums-Konten ans Tageslicht kommen könnten, aber: „Der Psychologe, bei dem ich in Behandlung war, hat mir erklärt, ich hätte mir eine Art Schutzmantel zugelegt. Es gab keine Bremse für mich.“

Komplette Ersparnisse gingen ans Zentrum

Dass sie die Einkäufe und den dabei entstandenen Schaden sofort eingestanden habe, als die Verantwortlichen des Zentrums sie damit konfrontiert hatten, sei selbstverständlich gewesen: „Warum hätte ich lügen sollen?“ Sie habe umgehend ihre kompletten Ersparnisse ans Zentrum überwiesen, ihre Rentenversicherung aufgelöst, ebenso einen Bausparvertrag. „Meine Mutter hat mir ebenfalls geholfen.“ Sie wolle alles tun, was in ihrer Macht steht, um den Schaden auszugleichen, sagt sie. „Aber nach der Kündigung, die ich natürlich nachvollziehen kann, habe ich nichts mehr.“ Die gefeuerte Geschäftsführerin sagt, sie sei in den vergangenen vier Wochen im Krankenhaus in Behandlung gewesen.

"Das tut mir sehr leid"

Unter Tränen sagt sie, sie sei traurig, dass die erfolgreiche Arbeit fürs Zentrum so zu Ende gegangen sei. „Das tut mir sehr leid. Es tut mir auch den Mitarbeitern gegenüber so leid.“ Sie werde weiter gegen die psychische Erkrankung ankämpfen, unter der sie schon länger leidet. „Ich dachte, ich schaffe das allein.“

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