Stadtverwaltung räumt ein: Die Initialzündung hat nicht funktioniert Gassenviertel: Was nun?

Von Frank Schmälzle
Das Symbol des Verfalls im Bayreuther Gassenviertel: Dieses Haus an der Spitalgasse steht seit Jahren leer. Jetzt, sagt Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl, gibt es zumindest wieder „Hoffnung“. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Was nun im Bayreuther Gassenviertel zwischen Spital- und Stadtkirche? Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl sagt: "Wir haben viel versucht. Aber die Initialzündung ist nicht gelungen." 15 Häuser in Bayreuths malerischem Teil der Innenstadt stehen noch auf seiner Liste. An denen gibt es Handlungsbedarf. Zum Teil dringenden.

 
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Was machen die anderen Städte besser? Diese Frage hatte Stadträtin Christa Müller-Feuerstein (fraktionslos) der Verwaltung schon vor Monaten gestellt. Die hatte die Anfrage schlichtweg übersehen. Jetzt lieferte Striedl: Ansbach, Bamberg, Weiden und Forchheim hat die Verwaltung mit Bayreuth verglichen. Einziges greifbares Ergebnis: Man kann all die anderen Städte, die ihre Gassenviertel saniert haben, nicht mit Bayreuth vergleichen.

Das war die Strategie der Verwaltung

So bleibt es also dabei: 15 Häuser im Bayreuther Gassenviertel müssen renoviert werden. Im Rathaus hatte man Jahre lang geglaubt, die privaten Immobilieneigentümer motivieren zu können, wenn die Stadt selbst Geld ausgibt. Das Alte Rathaus ist saniert, auch die Alte Lateinschule, in der jetzt das Historische Museum seine Räume hat. Die Anwesen von-Römer-Straße 6 und 8 hat die Stadt saniert und verkauft. Sie hat dafür gesorgt, dass die Stadtmauer an der Dammallee zum Teil freigelegt wurde, dass Altlasten verschwanden. Das städtische Wohnungsbauunternehmen Gewog hat ein Gebäude an der Ecke Sophienstraße/Spitalgasse hergerichtet. Und die Gewog hat die Gaststätte Eule aufgemöbelt. Trotzdem sagt Striedl: "Auf uns kommen relativ wenige private Eigentümer zu, die ihre Gebäude sanieren wollen."

Das ist bislang passiert

Es ist nicht so, dass gar nichts passiert: Ein Bindlacher Bauträger hat drei marode Gebäude an der Kirchgasse gekauft. Hat die teilweise Entkernung und vollständige Sanierung vorangetrieben. Inzwischen sind diese Objekte an einen Investor verkauft. Auch von dem Gebäude, das wie kein zweites für den Verfall schöner Häuser im Gassenviertel steht, gibt es Neues, sagt Striedl. Derselbe Bauträger, der an der Kirchgasse aktiv geworden war, verhandelt jetzt erneut mit der Eigentümerin des leer stehenden und maroden Hauses an der Spitalgasse 6 1/2 -  am Durchgang von der Sophienstraße zur von-Römer-Straße. Striedl sagt: "Der erneute Anlauf für dieses Gebäude ist da. Und die Nachbarn würden mitziehen."

Das reicht nicht, sagen Stadträte

Das reicht nicht, sagen Stefan Specht (CSU) und Christa Müller-Feuerstein (fraktionslos). "Wir dürfen nicht nur den Sanierungsbedarf decken. Wir müssen dafür sorgen, dass wahre Schmuckkästchen entstehen", sagt Specht. Für ihn ist klar: Das Gassenviertel soll ein hochwertiges Wohngebiet sein. Müller-Feuerstein sagt: Darauf zu warten, dass die privaten Immobilieneigentümer die Initiative ergreifen, sei müßig. Was sie von der Stadt fordert: Kaufen, sanieren und wieder weiter verkaufen. "Das ist ein gangbarer Weg." Und einer, der sich schon sehr bald beschreiten lassen würde. Seit fast 15 Jahren gehöre das Anwesen Kämmereigasse 9 1/2 bereits der Stadt - das Gebäude, in dem die Galerie Phoinix ihr Domizil hat. Wo die Veranstaltungen der Sübkültür stattfinden.

Dieses Gebäude, sagt Müller-Feuerstein, muss schleunigst saniert werden. "Wenn wir uns nicht um unsere eigenen Gebäude kümmern, wie sollen wir dann die privaten Hauseigentümer überzeugen?" In einem Antrag an die Stadtverwaltung fordert Müller-Feuerstein: 90000 Euro für die Umbauplanung  der Kämmereigasse 9 1/2 sollen in den Haushalt 2016.

Und was wird aus der Kultur?

"Wir hoffen, dass erst einmal alles beim Alten bleibt", saagt Alex Stiefler, Vorsitzender des Vereins Forum Phoinix. Die Galerie und der Verein Sübkültür hätten sich in den vergangenen Jahren als fester Bestandteil der Kulturszene etabliert. Gut 3500 Besucher kommen pro Jahr in das Gebäude an der Kämmereigasse. Dass es nicht ewig so weitergehen kann, weiß aber auch Stiefler. Sein Verein und die Stadt haben einen Nutzungsvertrag geschlossen, mit beiderseitigem Kündigungsrecht innerhalb von vier Wochen. "Die Oberbürgermeisterin hat uns in Aussicht gestellt, dass wir einen Alternativstandort in der Innenstadt bekommen, wenn die Stadt das Haus anpackt", sagt Stiefler. Darauf setzt er. Lieber aber wäre es ihm, es bliebe wie es ist.

Zumindest in diesem Jahr droht den beiden Kulturvereinen keine Obdachlosigkeit. Wie Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl sagt, müsste zuerst die Frage nach der künftigen Nutzung des Gebäudes beantwortet und dann geplant werden. "Bauen können wir vor 2017 sicher nicht."

Einer ist ziemlich sauer

"Ich habe ernsthafte Schwierigkeiten, dass mir nicht die Hutschnur hochgeht", sagt Stefan Schlags. Er ist Stadtrat für die Fraktion der Grünen und Unabhängigen und "Betroffener". Gemeinsam mit seiner Frau, der Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote, hat er ein Haus an der von-Römer-Straße gekauft und saniert. Als Stadtrat sagt Schlags: "Was die Verwaltung vorgelegt hat, ist mehr als mager." Und als "Betroffener" sagt er: Es ist zu einfach, die Verantwortung für das Gassenviertel den privaten Immobilieneigentümern in die Schuhe zu schieben. Und es stimmt einfach nicht, meint Schlags, dass die Stadt schon alle Register gezogen hat. Im Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept steht, dass an der Dammallee kleines Parks angelegt werden sollen, wenn der Platz dafür frei wird. Das ist er - zum Beispiel im Hinterhofs des Schlags-Hauses. Geschehen ist nichts. Stattdessen werde am Dammwäldchen herum geplant - ein Projekt, dass niemand brauche.

Was nun also im Bayreuther Gassenviertel? So ganz genau, weiß das offenbar niemand.

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