Fränkische Braumeister zum Reinheitsgebot

Von Jana Backes
 Foto: red

Zum Wohl! Das Reinheitsgebot feiert seinen 500. Geburtstag. Am 23. April 1516 erließen es die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X.. Es erlaubt nur Gerste(nmalz), Hopfen und Wasser. Heute spricht man oft von vier Zutaten, weil die Hefe dazugenommen wird. Auf diesen Genuss ist seit einem halben Jahrtausend Verlass. Und deshalb wird unter anderem auch in Waischenfeld am Samstag ab 10 Uhr und am Sonntag ab 11 Uhr mit der Brauereikönigin gefeiert.

 
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Lang-Bräu Schönbrunn

Die Brauereifamilie Hopf aus dem Fichtelgebirge braut neben den „Lang-Bräu-Klassikern“ auch Spezialbiere. Braumeister Richard Hopf sagt zum Reinheitsgebot: „Das Reinheitsgebot ist etwas absolut Schützenswertes. Es ist eine klar verständliche Angelegenheit und in den Köpfen fest verankert. Es hat unseren Bieren zu einem Namen und sogar zu Welterfolg verholfen. Sämtliche Auflösungserscheinungen halte ich für indiskutabel. Ich sehe das Reinheitsgebot nicht als Einschränkung, denn es lässt große Spielräume zu. Früchte und Aromen zuzufügen, ist meiner Meinung nach der Anfang vom Ende. Wir sind ein Familienbetrieb, Bier war in meinem Leben immer präsent. Es ist ein traditionelles und hochwertiges Lebensmittel, das für mich einen hohen Stellenwert hat. Kaum andere Produkte sind in unserer Gesellschaft so tief verwurzelt.“

Zum Erotikbier seines Vaters Jürgen Hopf erzählt er: „Das Erotikbier wird nach dem Reinheitsgebot gebraut. Wegen der besonderen Brauweise legen wir einen Beipackzettel bei, der darüber informiert, was man falsch machen kann. Das etwas stärkere und süßere Bier reift in einem speziellen ,Erotikbier-Keller’“, und zwar als 0,33-Liter-Spritzerl als „Quickie für Zwischendurch“ oder als „zwei-Liter-Erotik-Keule für Männer ab 40“.

 

Herold in Büchenbach

Hans Herold ist der letzte Beck’n-Brauer im Landkreis, der tatsächlich selbst braut: „Das Reinheitsgebot ist als ältestes noch geltendes Lebensmittelgesetz unaufhebbar. Wenn Leute andere Stoffe einmischen wollen, können sie das gerne tun. Aber dann soll das auf der Flasche stehen und das Gemisch soll nicht Bier heißen, denn es ist dann kein Bier. Es gibt da den Spruch: Wasser ist Klarheit, Wein ist Wahrheit und Bier ist Reinheit. Und genau das bedeutet Bier für mich: Reinheit.“

 

Brauerei Schlenkerla

Matthias Trum braut die fränkische Spezialität Schlenkerla Rauchbier: „Das Reinheitsgebot ist das älteste noch geltende Lebensmittelgesetz. Es besagt, keine getreidefremden Zutaten, Kräuter oder sonstige Geschmackszusätze zu verwenden. Es zeugt von der historischen Verwurzelung des Kulturguts Bier. Heute hat Bier einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft. Es ist vom einfachen Lebensmittel zum Genussmittel geworden. Im Mittelalter war Bier gewissermaßen Wasserersatz. Denn Wasser konnte verunreinigt und krankheitserregend sein. Heute wird Bier in geringeren Mengen und oft zu besonderen Anlässen getrunken. Natürlich ist das Reinheitsgebot eine Einschränkung. Jede Vorschrift schränkt ein. Aber es ist keine negative Einschränkung, weil es seit 500 Jahren definiert, was wir unter Bier verstehen. Natürlich bedeutet es mehr Möglichkeiten, wenn beispielsweise Fruchtzugaben untergemischt werden. Aber aus historischer Perspektive ist das kein Bier. Es wäre ein Verlust, aufgrund eines Trends das aufzugeben, was für uns Bier ausmacht. Uns gibt es seit 1405. Ich braue jetzt in sechster Generation und mir ist es wichtig zu wissen, wo ich herkomme. Die Rauchmalz-Herstellung ist die ursprüngliche Form der Malzherstellung. Wir bedienen uns eines Wurzelwerks, das Jahrhunderte in die Vergangenheit reicht. Und dazu gehört natürlich auch das Reinheitsgebot.“

Zum Thema Craftbier sagt er: „Der Begriff „Craft“ kommt aus den USA, wo sich kleinere Brauereien damit von den Industriebrauereien abgrenzten. Heute steht „Craft“ für „die jungen Wilden“, die ausgefallene Biere kreieren. Das ist nichts Schlechtes, aber diese Getränke sollten nicht Bier heißen. Denn deutsches Bier definiert sich aus historischer Perspektive über das Reinheitsgebot. Weltweit beneidet man uns um unsere handwerklichen Brauereien und die Geschmacksvielfalt. Es wäre schade, wenn das fränkische Bier mangels Reinheitsgebot plötzlich identisch mit allen anderen wäre.“

 

Kommunbräu Kulmbach

In Kulmbach gab es ab 1990 Bestrebungen mit dem Ziel, dass die Bürger als Anteilseigner ihre eigene Brauerei finanzieren. 1994 gab es das erste Kulmbacher Kommunbräu.

Braumeister Alexander Matthes sagt: „Das Reinheitsgebot ist das Verkaufsargument schlechthin und auch überregional Aushängeschild für unser Bier. Ich sehe es nicht als negative Einschränkung. Es ist ein Qualitätssigel, bei dem jeder weiß, wofür es steht. Kulmbacher Kommunbräu entstand aus lokaler Sicht als Gegenbewegung zur Industrialisierung und Globalisierung durch große Industriebrauereien. Als Kleinstbrauerei wollen wir ein Bier für uns brauen. Unsere Kunden wissen, dass wir kein uniformes Bier brauen können. Unser Produkt hat Ecken und Kanten und das akzeptieren sie. Wir sind nicht auf Effekthascherei und Geschmacksverzettelung aus. Unser Kunde nimmt das Ganze als Erlebnis mit: die Atmosphäre, das Wirtshaus, die Menschen.“

 

Brauerei Haberstumpf in Trebgast

Yvonne Wernlein: „Das Reinheitsgebot ist ein Qualitätsmerkmal, auch außerhalb von Deutschland. Die Leute wissen, dass sie sich darauf verlassen können. Deshalb sollte sich jede Brauerei an die Regeln halten. Es ist für mich keine Einschränkung. In Franken hat jedes Bier seinen eigenen Geschmack und Charakter. Es ist Quatsch zu meinen, der Kreativität wegen das Reinheitsgebot aufweichen zu müssen. Denn innerhalb des Reinheitsgebotes Geschmacksvielfalt zu kreieren, das ist eine Kunst. Mit Bier verbinde ich Gemütlichkeit, das Zusammensein mit Freunden, Genuss oder auch gutes Essen. Ich empfinde Bier durchaus als Kulturgut.“

 

 

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