Bayreuther ist in der deutschen Schwimmelite angekommen Florian Vogel: „Rasanter geht ein Aufstieg kaum“

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Aufgepasst – hier kommt Florian Vogel: Der Bayreuther hat mit zwei Einzeltiteln bei den deutschen Meisterschaften in Berlin klare Fingerzeige gegeben, dass er nachhaltig in der deutschen Schwimmelite Fuß fassen will. Foto: dpa Foto: red

Deutscher Meister über 400 und 800 Meter, ein Platz in der deutschen WM-Staffel über 4 x 200 Meter – Freistil-Spezialist Florian Vogel hat den deutschen Meisterschaften in Berlin seinen Stempel aufgedrückt. Mit seinen starken Auftritten ist der 20-jährige Bayreuther zu einer der größten Nachwuchshoffnungen im deutschen Schwimmsport aufgestiegen. Und das im Rekordtempo. Doch Vogel begegnet dem Rummel um seine Person mit Lockerheit und frechen Sprüchen – ohne dabei sein großes Ziel aus den Augen zu verlieren: Olympia 2016 in Rio.

 
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Wissen Sie schon, was Medaille auf Russisch heißt?
Florian Vogel: (lacht) Nein, da habe ich gar keine Ahnung. Aber wissen Sie es denn?

Ich kann zwar kein Kyrillisch lesen, aber ausgesprochen wird das Wort Meдaдь wohl Medal.
Vogel: Medal also, na da muss ich mich ja nicht groß umgewöhnen.

Ist denn eine Medaille bei der Weltmeisterschaft Ende Juli im russischen Kasan das nächste Ziel?
Vogel: Ich glaube, da muss ich noch ein bisschen bescheiden bleiben und abwarten, welche Zeiten die anderen Nationen noch bringen. Die Amerikaner, die Briten, die Italiener – die haben starke Schwimmer, bei denen noch keine richtigen Vergleichszeiten vorliegen. Aber ich bin für die deutsche 200-Meter-Freistilstaffel qualifiziert, da kann in Richtung Topplätze immer etwas gehen. Bei den Einzelstarts wären Finalteilnahmen schon das i-Tüpfelchen auf eine geile Saison.

Der Fokus liegt aber weiter auf der 400-Meter-Freistil-Strecke?
Vogel: Das ist meine Hauptdisziplin und mit 3:46 Minuten habe ich bei der Deutschen Meisterschaft eine gute Leistung gezeigt. Ich bin sehr zufrieden, dass ich diese Zeit schon bringen konnte. Das Ziel muss es jetzt sein, sich weiter zu verbessern.

Vor eineinhalb Jahren lag Ihre Bestzeit noch bei 3:55 Minuten. Neun Sekunden sind eine Welt im Schwimmsport. Welche Zeiten peilen Sie noch an?
Vogel: Dieser Sprung nach vorne ist schon sehr, sehr geil. Aber ich bin der Meinung, dass ich die 3:45 oder vielleicht auch 3:44 irgendwann schwimmen kann. Dann bist Du nicht mehr nur irgendein guter 400-Meter-Schwimmer, damit machst Du dir auch international einen Namen. Jetzt liege ich zeitgleich mit der Olympialegende Grant Hackett auf Platz sechs der Weltjahresbestenliste – einfach der Wahnsinn. Und es ist eine tolle Bestätigung, dass ich in dieser Saison bislang einen Super-Job gemacht habe.

Biedermann ist noch auf einem anderen Level

Bestätigung haben Sie ja auch durch Ihre begeisternden Auftritte bei der DM in Berlin bekommen. „Kommender deutscher Schwimmstar“, „Lösung des Nachwuchsproblems des DSV“ oder „Erbe von Paul Biedermann“ war über Sie zu lesen und hören. Wie gehen Sie damit um?
Vogel: Zunächst ist positives Feedback immer schön. Ich freue mich über jedes Lob, aber ich hebe deswegen nicht ab. Selbst würde ich mich zum Beispiel nie als Erbe von Paul Biedermann bezeichnen. Paul ist Doppel-Weltmeister, hält Weltrekorde, das ist noch ein ganz anderes Level.

Aber ein Level, dass man sich als Ziel setzen kann.
Vogel: Solche Erfolge als Ziel formulieren? Da bin ich sehr vorsichtig. Aber ich habe früher auch Olympia nicht als Ziel formuliert, jetzt ist die Teilnahme greifbar. Also warten wir mal ab, was passiert.

Klingt sehr selbstbewusst. Das war ja nicht immer in Ihrer Karriere so. Kommt Ihnen die aktuelle Aufmerksamkeit um Ihre Person nicht manchmal wie ein Traum vor?
Vogel: Ich habe schon einen ziemlichen Höhenflug. Wenn ich überlege, wo ich herkomme und wo ich jetzt bin – viel rasanter geht ein Aufstieg wohl kaum. Genau deshalb ist es aber auch immer gut, zurückzublicken. Damals, in der Jugend, wollte ich schon mit dem Schwimmen aufhören, weil ich es nicht zur Jugend-Europameisterschaft geschafft habe, einige Jahre später qualifiziere ich mich sehr, sehr deutlich für die Weltmeisterschaft. Das ist super, aber ich weiß auch, wie schnell man wieder weg vom Fenster sein kann, deswegen muss man immer weiter trainieren und hart an sich arbeiten.

Vor allem weil jetzt die Phase kommt, in der große Zeitsprünge unrealistisch werden. Man muss seinen Körper für jedes Hundertstel quälen.
Vogel: Richtig. Aber ich bin ein Schwimmer, der über die Kraftkomponente kommt. Und da ich nicht der Allerbreiteste bin, habe ich da noch großes Potenzial. Auch über die Ausdauer habe ich Chancen, mich weiter zu entwickeln. Technisch gesehen, werde ich wohl nicht mehr viel an meinem Schwimmstil ändern, aber durch eine optimierte Wende oder verbesserte Delfinkicks kann man schon noch Zeit rauszuholen.

Sie haben ja auch eine Trainingsgemeinschaft mit Paul Biedermann. Was ist das Positive an dieser Zusammenarbeit mit dem bekanntesten und aktuell erfolgreichsten deutschen Schwimmer?
Vogel: Es sind immer sehr intensive Einheiten. Unser gemeinsames Training bringt auch Paul sehr viel, die Zusammenarbeit war wohl der richtige Schritt. Paul hat ja bei der Deutschen Meisterschaft über 200 Meter Freistil eine saugeile Weltjahresbestleistung hingelegt. Es freut mich extrem, wenn Paul so eine Zeit raushaut.

O.K, Biedermann profitiert von der Trainingsgemeinschaft. Gibt es für Sie auch Vorteile?
Vogel: (lacht) Klar. Verbesserung merke ich vor allem im Bereich der zweiten Teilstrecke, da musste ich früher schon immer kämpfen und mich ins Ziel retten. Mittlerweile habe ich eine gewisse Konstanz gefunden: Ich kann auch auf den letzten Bahnen das Tempo hoch halten und schnell schwimmen. Das harte Training – auch mit Paul – zahlt sich jetzt eben aus.

Der Höhepunkt der Karriere

Das war bei der DM am Wochenende deutlich zu sehen. Wie fällt Ihr Fazit der Wettbewerbe in Berlin aus?
Vogel: Die Meisterschaft war mit Abstand der Höhepunkt meiner Karriere. Ich bin allen sehr dankbar, die mich auf meinem Weg bisher unterstützt haben, aber auch sehr stolz auf mich selbst. Ich habe die Rennen bis zum Ende sehr konzentriert durchgezogen. Gerade der letzte Tag war sehr hart, ich war schon richtig platt. Da es mir aber gelungen ist, im 200-m-Finale nochmals die letzten Kräfte zu mobilisieren, kann ich sehr positiv in Richtung Kasan schauen. Ich freue mich extrem auf die WM.

Und gehen Sie da noch unter dem Namen Florian Vogel an den Start oder nur noch als Terence Hill, der zusammen mit Bud Spencer alias Paul Biedermann das Traum-Duo des deutschen Schwimmsports bildet?
Vogel: (lacht) Ja, das Bud-Spencer-und-Terence-Hill-Ding. Pauls Heimtrainer Frank Embacher hat diesen Vergleich in einem Interview aufgebracht. Aber ich finde das ganz zutreffend, es passt auf unsere Charaktere. Paul ist manchmal etwas mürrisch. Bei ihm gilt: Lieber ein Wort zu wenig, als eins zu viel. Aber dann hat er immer schlagkräftige Antworten parat. Und ich bin eher der Terence-Hill-Typ. Etwas flippiger, mache viel Quatsch. Und zusammen machen wir einfach einen Super-Job. Ich hätte nichts dagegen, wenn dieser Vergleich noch bis Olympia weiter durch die Medien geistert.

Wie oft denken Sie eigentlich an Olympia in Rio 2016?
Vogel: Jeden Tag! Dafür stehe ich jeden morgen auf, dafür gehe ich jeden Tag trainieren. Die Olympia-Teilnahme ist mein großer Traum und mein großes Ziel.

Ist dann die WM in Kasan nur eine Zwischenstation?
Vogel: Auf längere Sicht schon. Aber Kasan ist in diesem Jahr der absolute Saisonhöhepunkt und die Weltmeisterschaft werde ich mit 100-prozentiger Einstellung und viel Ehrgeiz angehen. Ich hoffe, dass ich meine Leistungen nochmals toppen kann. Ich habe noch Luft nach oben.

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