Das "Liebesbier" macht auf

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Von der Idee bis zur Eröffnung hat es vier Jahre gedauert. Von der Planung bis zum ersten gezapften Bier etwas mehr als drei Jahre. Dazwischen: Eine Baustelle, die Hürden und Fallen bereit hielt. So viele, dass man sie nicht zählen kann. Dennoch haben Jeff Maisel und Thomas Wenk und ihre Mannschaft die Punktlandung hinbekommen, die sie schaffen wollten. Das "Liebesbier" und die Brauwerkstatt von Maisel & Friends sind fertig.

 
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Im historischen Stammhaus der Brauerei Maisel ist die Zukunft eingezogen. Denn experimentieren und bodenständig bleiben, schließt sich nicht aus. „Liebe und Leidenschaft in Verbindung, das ist für mich Craft“, sagt Jeff Maisel. „Die Größe einer Brauerei ist dafür kein Definitionsgrad. Wir machen das seit mehr als 100 Jahren.“ Jetzt mit der Brauwerkstatt Maisel & Friends, auf die man von überall im „Liebesbier“ schauen kann. Klein genug für spezielle Kreationen. Groß genug, um auch Mengen brauen zu können, die in der großen Abfüllanlage der Brauerei in die Flasche gebracht werden.

Die Aufforderung, am Ball zu bleiben, kam vom Großvater

Maisel folgt einem Wahlspruch seines Großvaters: „Wenn ihr es nicht verkaufen könnt, dann müsst ihr es halt selber saufen.“ Keine Aufforderung, schlechtes Bier zu brauen. Sondern Neues auszuprobieren. „Deshalb haben wir uns eine Gastronomie gebaut.“ Das „Liebesbier“ und die Brauwerkstatt sind, sagt Maisel, „kein Plan B. Das hat nichts mit dem Kongresszentrum zu tun. Wir haben kurz getrauert, dass es nicht kommt. Und dann die neue Idee entwickelt.“

Eine Idee, umgesetzt in „keiner einfachen Baustelle“, sagt Wenk, der die Gastronomie zusammen mit seiner Frau Ute und Andrea Bauernfeind betreibt. „Kein Stein stand so, wie wir ihn erwartet hatten. Der Sandstein, auf den wir trafen, war spröde, ist beim Kontakt mit Luft zerfallen“, sagt Maisel. Die meterdicken Ziegelwände: Zur Isolation einst aufgebaut aus drei Schichten, die verbunden werden mussten, bevor man sie öffnen konnte. Weil der Boden des ehemaligen Kellers tiefergelegt wurde, um eine ordentliche Raumhöhe zu bekommen, mussten tragende Wände unterfangen werden. Dazu Wassereinbrüche von außen. Hangwasser aus dem Fels. Und Wasserschäden im Gebäude. Der letzte, kurz bevor der Boden verlegt wurde.  

"Die Brauer haben verschlafen"

Maisel und Wenk waren viel unterwegs. In Deutschland, in Europa. In den USA, wo die Wiege der Craft-Beer-Bewegung steht. Und haben bei den fränkischen Winzern genau hingeschaut. „Denn die haben es schon vor 20 Jahren gemerkt, was die Brauer bis vor fünf Jahren verschlafen haben“, sagt Wenk. Dass man die Tradition in die Moderne übersetzen muss. Nicht nur beim Wein. Und beim Bier –„auf der Basis des Reinheitsgebots ist sehr viel möglich“, sagt Maisel.

Nur natürliche Materialien verplant

Aber auch bei der Architektur. Die Würzburger Architekten HKR, die für das Weingut von Ludwig in Würzburg einen Kubus in den Weinberg gesetzt haben, haben auch die Architektur für das Maisel-Projekt geliefert. Die Innenarchitektur und die Ausstattung hat Wenk geplant. Ziegel, Stahl, Holz, Sichtbeton. „Hier findet sich nichts, was nicht echt ist“, sagt Wenk.

Bier steht im Mittelpunkt. „Der Tresen ist extrem präsent. Wie ein gelandetes Ufo steht der hier“, sagt Wenk. 21 Zapfhähne. Beton. Oben ein dickes Eichenbrett. Vom Tresen aus hat man 85 Flaschenbiere im Blick, die hinter Glas stehen. Die Bierkarte hat 80 Seiten. „Jedes Bier ist beschrieben, hat seine eigene Geschichte“, sagt Maisel.

Am Anfang wird tagsüber noch ausprobiert

Auf Kupferkessel, Dampf und mächtige Aggregate verzichtet Maisel in seinem verglasten Sudhaus. „Bewusst. Weil wir zeigen wollen, dass der Fortschritt ein Teil des Konzepts ist. Und weil Edelstahl noch saubereres Brauen möglich macht. Deshalb sind Sudwerk und die Tanks aus diesem Material.“  Nach der inoffiziellen Eröffnung mit mehreren Hundert Gästen am Donnerstagabend ist das Liebesbier erst einmal abends offen. „Ein Soft-Opening bis April“, sagt Wenk. „Um tagsüber Zeit zu haben, Dinge auszuprobieren.“ Und um das Personal einzuarbeiten.

„Zwischen München und Berlin wird man wenige Läden finden, die ein ähnliches Konzept haben. Die so detailverliebt sind“, sagt Wenk. Konkurrenz zur Bayreuther Gastronomie? Man bediene ein anderes Publikum. Und: „2016 werden durch die Landesgartenschau so viele Leute nach Bayreuth kommen, da werden es die Gastronomen nicht einmal merken, dass wir aufgemacht haben.“ Maisel: „Der Renditefaktor steht nicht im Vordergrund.“ Auch wenn das Angebot „einen entsprechenden Preis hat. Ich denke, die Gäste werden es anerkennen, weil sie die Geschichte dahinter verstehen.“

Das sagt die Gastronomie

Engin Gülyaprak, der Bezirksvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er fest davon ausgehe, "dass das ,Liebesbier' ein toller Anziehungspunkt für Bayreuth sein wird. Ich freue mich drauf. Denn das ist eine richtig großstädtische Geschihcte, die viele Leute aus dem Umland und von weit her nach Bayreuth ziehen wird". Je attraktiver Bayreuth werde, desto besser sei das für die Gastronomie insgesamt. Er habe, sagt Gülyaprak, keine Sorge, dass die Gastronomie Einbußen zu fürchten habe. Im Gegenteil: "Ich sage immer: Dreek kummt zu Dreek, Leit kumma zu Leit." Die Craft-Beer-Kombination sei eine Attraktion. "Ich ziehe den Hut vor dieser Investition und vor dem Engagement von Jeff und Josch."

Sandro D'Ambrogio, der Pächter des benachbarten Herzogkellers, sieht der Eröffnung mit, wie er sagt, "gemischten Gefühlen entgegen. Die fahren zwar ein ganz anderes Konzept als wir mit Craft-Beer und gehobenen Speisen, aber speziell am Anfang werden natürlich viele Leute erst mal ins ,Liebesbier' gehen". D'Ambrogio sagt, er habe "schon die Krise bekommen, als ich gehört habe, dass da unten so ein Riesen-Laden aufmacht. Aber wir haben uns im Vorfeld auch abgestimmt". Thomas Wenk habe ihm zum Beispiel zugesichert, dass die traditionellen Gerichte wie Schäufala, Schnitzel und andere Biergarten-Themen Sache des Herzogkellers blieben. "Im ,Liebesbier' geht es ja eher in Richtung Steaks, Burger und ähnliche Dinge." Er sei ein positiv eingestellter Mensch, sagt D'Ambrogio. "Wir profitieren sicher davon, wenn durch die neue Gastronomie mehr Leute nach Bayreuth kommen."

Andere Gastronomen halten sich auf Nachfrage eher bedeckt, wollen die Eröffnung nicht kommentieren. 

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