Heute bekommt die US-amerikanische Friedensorganisation den Wilhelmine-Preis - Dagegen gibt es Protest Code Pink: "Der Preis stärkt uns"

Von Frank Schmälzle
Toby Blomé, Ann Wright und Elsa Rassbach von Code Pink (von links) sagen: "Wir verstehen, dass es schwierig ist, Isreal-Kritiker auszuzeichnen." Die umstrittene US-Friedensorganisation erhält den Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Wenn die Stadt Bayreuth am Freitag ihren Wilhelmine-Preis für Toleranz und Humanität an die US-Friedensorganisation "Code Pink" verleiht, wird es keine Laudatio von einem berühmten Gast wie sonst und auch nicht von der Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe geben. Zu viel ist passiert, zu umstritten ist "Code Pink". "Die Oberbürgermeisterin muss tun, was sie für richtig hält", sagt Ann Wright. Sie ist eine von sieben Aktivistinnen der Organisation, die zu der Preisverleihung nach Bayreuth gekommen sind. Dass Merk-Erbe nicht spricht, sondern dem evangelischen Dekan Hans Peetz eine Rede überlässt, "zeugt von dem Druck, dem sie immer noch ausgesetzt ist", sagt Wright. Das sei ihr Problem. "Der Preis ist uns Anerkennung genug." Dass "Code Pink" den Preis auch tatsächlich verdient hat, daran gibt es weiterhin Zweifel.

 
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Warum ist es diesmal so anders? "Code Pink"-Mitbegründerin Medea Benjamin war schon 2013 in Deutschland und sagte, wofür "Code Pink" steht. Ein Jahr später wurde die Organisation mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Alles ziemlich geräuschlos. Nur diesmal, als der Bayreuther Stadtrat entschieden hatte, "Code Pink" den Wilhelmine-Preis zu verleihen, war der Protest laut. Die "Jerusalem Post", die größte englischsprachige Zeitung in Israel, setzte sich kritisch mit der Preisverleihung auseinander. Weil Benjamin gemeinsam mit Holocaust-Leugnern an einer Konfernenz in Teheran teilgenommen hatte. Weil "Code Pink" einen Boykott gegen israelische Firmen im Westjordanland unterstützt. Und weil Aussagen von "Code Pink" nach Meinung von Kritikern darauf schließen ließen, dass die Organisation das Existenzrecht des Staates Israel verneint. Weil sich "Code Pink" nahe am Antisemitismus bewege. Ist es also richtig, dass Bayreuth "Code Pink" auszeichnet?

Warum "Code Pink" die isrealische Regierung kritisiert

Stimmt nicht, sagt "Code Pink"-Deutschlandsprecherin Elsa Rassbach. "Wir haben niemals das Exsitenzrecht Israels geleugnet." Was stimmt: "Wir kritisieren die Politik der israelischen Regierung im Konflikt mit den Palästinensern", sagt Ann Wright. Genau so wie "Code Pink" die Politik der USA, die Politik Deutschlands und auch die Politik palästinensischer Gruppe kritisiere. Für die Friedensaktivistinnen, deren Markenzeichen der pinke Schal ist, hat vieles miteinander zu tun. Sie veurteilen Gewaltakte im besetzten Westjordanland. Ausdrücklich auch die, die von palästinensischer Seite verübt werden. Aber Wright sagt auch: "Wir können die Wut der Menschen gut verstehen, die sich meistens gewaltlos gegen die aggressive Politik Israels wehren. Und weil wir das verstehen, kritisieren wir Israel."

 

 

Antisemitismus-Vorwurf: "So macht man Kritiker mundtot"

Ist das Israelfeindlichkeit? Oder gar schon Antisemitismus? Bei diesem Wort, sagt Code Pink-Aktivistin Toby Blome, gehen die Türen zu. So sperre man Meinungen aus, so mache man Kritiker mundtot. Wer sich einem Vorwurf ausgesetzt sieht, zumal einem solch schwerwiegendem, der muss sein Unschuld beweisen. In Bayreuth scheint das gelungen zu sein. Toby Blome: "Es geht nicht in erster Linie um den Preis, den die Stadt Bayreuth uns verleiht, obwohl wir ihn meiner Meinung nach verdient haben. Dass wichtigste ist, dass sich die Wahrheit durchsetzt. Danke an Bayreuth für diese wunderbare Anerkennung." Sie sei dankbar dafür, dass die Preisverleihung in Bayreuth "Code Pink" in Deutschland stärke. Dass der Austausch zwischen Friedenaktivisten damit enger wird. Bevor sie nach Bayreuth kam, besuchte die Code Pink-Delegation Köln und Berlin, traf dort mit Politikern und Friedensinitiativen zusammen.

Der Wunsch, mit der Geschichte gut und richtig umzugehen

Doch steht Bayreuth zu diesem Preis und zu diesem Preisträger? 23 Ja-Stimmen und 18-mal Nein. Es war eine knappe Mehrheit, mit der sich der Stadtrat Ende Februar dafür aussprach, Code Pink mit dem  Wilhelmine-Preis auszuzeichnen. Die Preisverleihung nicht auszusetzen, wie Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe es vorgeschlagen hatte. "Wir verstehen, dass sich die Bayreuther Stadträte schwer getan haben", sagt Elsa Rassbach. "Es kommt aus dem tiefen Wunsch der Deutschen, gut und richtig mit ihrer Geschichte umzugehen." Aus dem Wunsch, nicht wieder schuldig zu werden. "Wir verstehen, warum es schwer ist, Israelkritiker auszuzeichnen."

 

 

Taugt "Code Pink" zum Vorbild? Nein, sagt Günter Beck-Mathieu

Einer, der die Preisverleihung an "Code Pink" nicht mittragen kann, ist Günter Beck-Mathieu. "Klar, man kann grundsätzlich über alles diskutieren", sagt der Vorsitzender der neu gegründeten Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bayreuth-Oberfranken. Aber: Wer einen Preis bekommt, der sollte ein Vorbild sein. Und das könne er bei Code Pink nicht sehen. "Die Organisation kritisiert Israel einseitig. Sie umgibt sich mit Staaten und Organisationen, die eher von der unangenehmen Sorte sind." Das werden er und andere Mitglieder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft heute Abend bei der Preisverleihung vor dem Audimax der Universität deutlich sagen. Ein Stand, ein Transparent, ein paar Flyer. Damit ist es genug, sagt Beck-Mathieu. "Wenn die Preisverleihung beginnt, ist unsere Arbeit getan. Wir werden die Veranstaltung nicht stören oder unterbrechen." Er will differenzieren: Dass Code Pink auch Gutes tut, zum Beispiel mit dem Engagement der Organisation gegen den Krieg mit Drohnen, das stehe außer Frage. Auch wenn es dafür nicht gleich einen Preis brauche.

 

 

Vielleicht, sagt Elsa Rassbach, ist aber nicht nur die israelkritische Haltung ihrer Organisation der Grund dafür, dass ausgerechnet jetzt der Preis für "Code Pink" solche Wellen schlägt. Vielleicht gibt es ja noch einen anderen Grund. Den, dass Code Pink die Bundesregierung angreift. Weil die Basis der US-Streitkräfte in Ramstein eine zentrale Rolle im Drohnenkrieg der USA spiele. "Das könnte Deutschland sofort ändern", sagt Rassbach. Die rechtlichen Grundlagen dafür gebe es.

Info: Die Preisverleihung an "Code Pink" findet am Freitag,15. April, ab 18 Uhr im Audimax der Universität statt.

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