Brauchtum: Fießwasch'n in der Altstadt

Von Thorsten Gütling

Wann es genau Brauchtum war, weiß heute kein Mensch mehr. Vermutlich war es um 1950, als ein Stammtisch der Gaststätte Zum Mistelbach die Booch-Gma, also die Bachgemeinde, ins Leben rief, einen Bürgermeister bestimmte und fortan zur Kerwa lud um der Obrigkeit im Mistelbach die Leviten zu lesen. Jetzt lassen drei Altstädter die Tradition wieder aufleben.

 
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Es muss kurz nach dem Krieg gewesen sein, vermutet auch Günther Höfer, der Geschichtsexperte der Altstadt. Zeugnisse und Bilder sucht er zwar vergebens. Aber ein paar Alte in der Altstadt können sich noch daran erinnern. Damals, als eine Hand voll Stammtischbrüder auf die Idee kam, Kerwa zu feiern. Ganz ohne überhaupt eine Kirche zu haben. „Wenn’s ums Saufen geht, geht sowas“, sagt Wolfgang Schinköthe.

Der Bürgermeister in Frack und Zylinder

Er hat sich in Frack und Zylinder geworfen und lässt den „rausg’schauten Bürgermeister der nicht existierenden Booch-Gma“ wieder aufleben. Gemeinsam mit Reinhard Schwarz und Gerhard Förster hat er zum Fießwasch’n, also zum Füßewaschen, geladen. Mit dem kleinen Kehrbesen, der haben den Vorzug erhalten vor Wurzel- und Stahlbürste. Es sei schließlich schwer genug gewesen, Altstädter Prominenz zu finden, da wolle man sie nicht gleich wieder vergraulen. Entsprechend schmeichelnd auch die Worte, die Schinköthe für die Altstädter Prominenz findet. Früher, vermutet er, ging es wohl deftiger zur Sache.

Drei Altstädter Prominente kommen

Stadträtin und Ärztin Beate Kuhn ist gekommen, genauso wie Sozialrichterin Birgit Schwarz und Pfarrer Michael Sonnenstatter. Der frühere Kapitän der Spielvereinigung Bayreuth, Manfred Größler, hat abgesagt. Und die, die gekommen sind, halten ihre Füße nicht wie früher üblich in den kalten Mistelbach, sondern im Glenk-Saal in eine Wanne warmen Wassers. Dem Regen draußen sei Dank.

Wolfgang Schinköthe über...

Birgit Schwarz: „Für ein selbstbestimmtes Leben, lässt sie das Bett nach unten heben. Denn Gitterbetten mit Verlaub, riechen stark nach Freiheitsraub.“

Beate Kuhn: „Frau Doktor keine Zeit verliert, zielsicher diagnostiziert: Sie ham da unterm Arm nen Knoten, nächstes Jahr gehör’n Sie schon zu den Toten.“

Michael Sonnenstatter: „Trifft sich mit Männern a, von wegen, einmal im Monat an der Theken. Und red’t an jedem ins Gewissen, wer net spurt, der hat’s verschissen.“

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