Stromtrasse: Bürger haben kein Verständnis für die Pläne¶ Amprion schlägt starker Widerstand entgegen

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Albert Hader trägt eine Warnweste und um den Hals eine Trillerpfeife. Mit anderen Frauen und Männern aus Speichersdorf drängt er sich ins Foyer der Kulmbacher Stadthalle. Die hat der Netzbetreiber Amprion für die erste von drei Veranstaltungen in Bayern gewählt. Um die Bürger über ihre Pläne zur Gleichstromtrasse Süd-Ost zu informieren.

 
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Aus deren Sicht ist das längst überfällig. Ungefähr 1000 Menschen vom Fichtelgebirge bis in die Fränkische Schweiz, von Speichersdorf und Kemnath bis nach Himmelkron und Marktschorgast, suchen an diesem Abend Antworten auf ihre Fragen zur Gleichstrompassage Süd-Ost. So wie Albert Hader aus Ramlesreuth. „Wir haben schon die 110-kV-Leitung, die mitten durch unser Dorf geht, und jetzt sollen noch mehr Leitungen an unseren Wohnhäusern vorbeiführen", sagt er.

In den Bus nach Kulmbach wollten mehr Menschen hinein als Plätze da waren, schildert das Ehepaar Gräbner. Die beiden stammen aus Ramlesreuth und protestieren vor der Halle. Ein Foto zeigt Häuser, umzingelt von Stromleitungen. So sieht das jetzt schon aus. „Wenn die Stromtrasse gebaut wird, können wir uns fühlen wie in einem Toaster", sagt Annke Gräbner, die sich um ihre Gesundheit Sorgen macht. Ohne Abstandsregeln zu den Wohnhäusern seien die im Fall eines Trassenbaues „bald nichts mehr wert".

Zehn Minuten bevor es losgeht, ist die Stadthalle bereits voll. Wer erst jetzt kommt, muss sich mit einem Platz im Foyer begnügen, kann aber die Info-Veranstaltung über eine Leinwand verfolgen. Zumindest das, was Amprion und die Bundesnetzagentur für die Zuhörer vorbereitet haben.

Die Vorzugstrasse über das Fichtelgebirge und die Alternativtrasse über Bayreuth würden noch vertieft untersucht, hören sie. Die über das Fichtelgebirge sei jedoch technisch einfacher zu realisieren. Ist aber ein Umweg von 22 Kilometern. 67 Alternativen würden alles in allem geprüft. Dass es gesetzlich nicht erlaubt sei, Leitungen unterirdisch zu verlegen und die Bauern das nicht wollten, nehmen die Leute Amprion nicht ab. Wie vieles andere auch nicht. Sie fühlen sich überrumpelt und zu spät einbezogen. „Wir sind ja in Oberfranken vieles gewohnt", sagt Marc Benker aus Marktschorgast. „Aber mit dieser Art von Information machen Sie uns zu Wutbürgern!"

Applaus erhält der Pegnitzer Bürgermeister Uwe Raab (SPD), der das Missmanagement bei der Energiewende beklagt: „Wir Nordbayern haben unsere Hausaufgaben gemacht, der Süden nicht!" Der Beweis, dass die Leitung energietechnisch notwendig ist, sei noch nicht erbracht. Stefan Dittmar aus Leupoldsgrün übergibt 1011 Unterschriften, Günther Bock 500 aus Weissdorf. Alle gegen das Vorhaben. Die Welt der kühlen Planer trifft auf die Lebenswirklichkeit der Oberfranken. Mit deren Widerstand sie nun konfrontiert sind. Eine anderer, als der, den sie unter „Raumwiderstand" verstehen. Würde der Grad des Widerstands der Bürger gemessen, müsste die Gleichstromtrasse einen ganz anderen Weg nehmen.

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