3. Franken-"Tatort" im Flüchtlingsheim

Von Kerstin Fritzsche
20. Drehtag auf dem Gelände der der ehemaligen US-Kaserne: Regisseur Markus Imboden (Mitte) im Gespräch mit seinen Mitarbeitern am Set zur Vorbereitung der Szene. Foto: Kerstin Fritzsche Foto: red

Der dritte Fall des Franken-"Tatorts" führt das Team um Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) nach Bamberg. In einer Flüchtlingsunterkunft ist eine Frau verbrannt. Jemand hat einen Brandsatz in die Küche der Gemeinschaftsunterkunft geworfen, der Kamerunerin war der Fluchtweg versperrt. Gedreht wird noch bis Freitag auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne in Bamberg - das erste Mal in Oberfranken.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein brisanter Fall dieses Mal für Paula Ringelhahn, Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) und Spurensicherer Michael Schatz (Matthias Egersdörfer). Hat der fremdenfeindliche Brandanschlag mit der versperrten Küchentür zu tun? Gab es also möglicherweise mehrere Täter und Motive? Gibt es Rivalitäten unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Unterkunft?

Felix Voss arbeitet dieses Mal undercover

Felix Voss, der Verwandte im Kaukasus besuchte, war im Gegensatz zu den anderen noch nicht gleich am Tatort, ist also den Bewohnern unbekannt. Und so wird entschieden, ihn mit seinem familiären Hintergrund als tschetschenischen Flüchtling undercover in das Heim einzuschleusen.

Gedreht wird der dritte "Franggn-Dadord" noch bis einschließlich Freitag auf dem Gelände der ehemaligen US-Kaserne in Bamberg. Nach Mittel- und Unterfranken war jetzt aber auch mal Oberfranken dran. Und die Kaserne ei so perfekt als Drehort, erzählt Produzent Martin Zimmermann vor Ort, dass man gar nicht mehr weitersuchen musste. "Wir haben hier alles, was wir brauchen." Vier hallenartige Gebäude im vorderen Teil des Geländes wurden für die Dreharbeiten eingerichtet: Man brauchte eine Küche - und schwärzte die so ein, dass es tatsächlich aussieht, als sei hier ein Brandsatz geflogen - , einen Schlafsaal, einen Gemeinschaftssaal mit Tischen, Spielsachen, Tafel und Essensausgabe und eine Kleiderkammer.

Vier Settings sehr detailgetreu

Alles wurde mit viel Liebe zum Detail originalgetreu eingerichtet. Außerdem wie in einer echten Flüchtlingsunterkunft: Fahrräder in verschiedenen Größen und Verrostungszuständen und eine Tischtennisplatte auf dem Hof. Alles funktional. Nichts ist heimelig an diesem Setting. Ein weiterer Pluspunkt: Die Szenenbildnerin Bettina Schmidt ist Bambergerin (Deutscher Fernsehpreis 1999 für das beste Szenenbild in "Die Bubi-Scholz-Story").

Brisantes politisches Thema

Mit "Am Ende geht man nackt" greifen die Macher der Produktionsfirma Rat Pack und des Bayerischen Rundfunks ein politisches Thema auf. Die Idee dazu hatte Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt. Seine Frau ist selbst Flüchtlingshelferin. "Mir sprang überall ins Auge, dass diejenigen, die Flüchtlingen ablehnend gegenüber stehen, eigentlich immer die sind, die nie persönlichen Kontakt mit den Betroffenen haben", sagt er. "Man muss diese Berührungsängste abbauen", sagt auch Fabian Hinrichs. Aktuell sehe man ja an der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, dass die Angst so groß sei, obwohl man gar nicht selbst benachteiligt wird oder überhaupt mit Flüchtlingen in Kontakt kommt.

Die Macher wurden von der Realität überrollt

Schmidt schrieb das Drehbuch vor knapp zwei Jahren. Niemand konnte damals ahnen, dass die Flüchtlingssituation sich in der Zwischenzeit dramatisieren würde. "Klar beeinflusst das den Prozess und auch die Dreharbeiten", sagt BR-Redakteurin Stephanie Heckner. "Wir haben Blut und Wasser geschwitzt. Täglich hieß es 'Tagesschau' gucken, sich informieren, was sich jetzt wieder geändert hat. Zum Beispiel war an einem Punkt klar, dass albanische Figuren wieder aus dem Drehbuch raus müssen, weil die Balkan-Route geschlossen wurde. Dann kamen zuletzt die Anschläge in Würzburg und Ansbach." Die "Tatort"-Macher wurden sozusagen von der Realität überrollt. "Jetzt ist die Frage, wie es wohl sein wird im Frühjahr 2017, wenn 'Am Ende geht man nackt' ausgestrahlt wird."

"Dieser 'Tatort' hat eine Haltung - weil wir eine brauchen"

Regisseur Markus Imboden ergänzt: "Letztendlich erzählen wir aber eine Geschichte über Menschen. Und die ist wichtig zu erzählen. Das Thema wird ja weiterhin bleiben." "Die Leute sind ja jetzt da und nicht morgen wieder weg", sagt Dagmar Manzel, die stolz ist, bei diesem "Tatort" mitwirken zu können. "Und deswegen finde ich auch gut, dass wir das machen und da eine Haltung haben. Weil wir sie brauchen."

Aber kann ein "Tatort" ein Zeichen setzen gegen Fremdenfeindlichkeit? Das hat im Oktober 2015 auch schon der Hamburger "Tatort" "Verbrannt" versucht, der den wahren Fall von Oury Jalloh von 2005 erzählte, der in Polizeigewahrsam ums Leben kam. Auch der Wiener "Tatort" vergangenen Sonntag hatte sich mit Flüchtlingen und dem Geschäft, das mit Flüchtlingen gemacht wird, auseinandergesetzt. "Ein guter Film verfängt emotional. Und dann sind wir schon erfolgreich", ist Heckner überzeugt.

Heimspiel für Eli Wasserscheid

Dass eine rechtsradikale Gruppierung im vergangenen Jahr ganz real einen Anschlag in Bamberg geplant hatte und dass die Kaserne in Zukunft tatsächlich eine Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge sein soll, habe die Dreharbeiten nicht beeinflusst, sind sich Manzel, Wasserscheid, Schadt und Egersdörfer einig. "Es bestärkt einen eher, das zu tun, weil wir umbedingt Empathie erzeugen müssen", sagt Wasserscheid, für die die Dreharbeiten in Bamberg außerdem ein Heimspiel waren. "Der Humor wird diesmal allerdings auf der Strecke bleiben", sagt Egersdörfer, der in seiner Rolle  genau den die beiden Male zuvor in den Franken-"Tatort" gebracht hat.

Draußen noch eine andere Bamberger Realität

Draußen, wieder auf der Straße, noch eine Begegnung mit der Realität:  "Ah, war da heute Besichtigungstag?" fragt ein vorbeikommender Radfahrer. Besichtigung? "Na, weil doch Wohnungen geschaffen werden sollen auf dem Gelände. Meine Tochter braucht dringend eine. Und Bamberg ist doch so teuer." Dreharbeiten? Franken-"Tatort"? Interessiert ihn nicht. Er fährt weiter.

Mehr dazu:

Brisanter dritter Franken-"Tatort"

Panne beim zweiten Franken-"Tatort"

Franken-"Tatort" verliert Zuschauer

Fakten-Check: So realistisch war der Franken-"Tatort"

Live-Ticker zum "Tatort" zum Nachlesen

Interview mit der "Mörderin"

Rezension: Drei Fälle sind zwei zu viel

Vorschau: Vom Trauern und Warten

Schadt: Relaxt wie sein Kommissar

So war die Preview in Würzburg

Diese Pegnitzerin spielt im Franken-Tatort

Mord im Wirtshaus: Dreharbeiten für den 2. Franken-"Tatort" im Nürnberger Land

Nadine Badewitz über ihre Rolle im Franken-"Tatort"

Bilder