Zwei Thurnauer in Chemnitz Klare Kante gegen Hass und Hetze

Von Chiara Riedel
„Herz statt Hetze“: Klaus und Franziska Bartels aus Thurnau in Chemnitz. Foto: red Foto: Moritz Kircher

THURNAU/CHEMNITZ. Klaus Bartels hält mit beiden Händen sein Pappschild in die Höhe. Die Bands, die hier in Chemnitz spielen, sind dem 71-Jährigen im Grunde egal. Er ist hier, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren. Es sind viele andere hier, die Transparente in die Luft halten. Darauf sind viele ernste Sprüche zu lesen, aber auch: „Kekse statt Nazis!“ Gemeinsam mit seiner Frau und fünf Freunden hat sich Bartels auf den Weg gemacht. Ganz spontan. Die Schilder haben sie auf dem Weg im Auto beschriftet.

 
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Um den Alt-68er herum stehen vor allem junge Menschen. Sie sind aus der ganzen Republik gekommen, um gegen Rechtsextremismus auf die Straße zu gehen. Klaus Bartels und seine Freunde setzen sich zeit ihres Lebens für einen offenen Diskurs ein. Jeden ersten Montag im Monat treffen sie sich zum sogenannten Montagsgespräch in Thurnau, in den Ausstellungsräumen von Klaus Bartels’ Holzwerkstatt. Unter dem Titel „Werkstatt für Menschlichkeit“ laden sie zu Poetry-Slams und Vorträgen ein.

Dabei beschäftigen sie sich auch mit dem Erstarken der Neuen Rechten in Deutschland, das sie mit Sorge beobachten. „Keiner kann verstehen, was da in den letzten Wochen passiert ist. Wie es sein kann, dass ein rechtsradikaler Mob Ausländer verprügelt und durch die Stadt jagt“, sagt Bartels. Für ihn und seine Freunde sei der Gedanke daran der blanke Horror. Sie beschlossen, Präsenz zu zeigen und nach Chemnitz zu fahren. Zu siebt haben sie sich auf den Weg in den Osten gemacht.

Verschiedene Musiker haben als Antwort auf die rechtsextremen Ausschreitungen unter dem Hashtag #wirsind mehr ein Konzert organisiert. Sie wollten den Menschen, die von den Neonazis angegriffen worden sind, zeigen, dass sie nicht alleine sind. Unter anderen traten die Toten Hosen, K.I.Z und Kraftklub auf dem Platz am Karl-Marx-Monument in Chemnitz auf. Ihr Ziel war es, mehr Menschen auf die Straßen der sächsischen Stadt zu bringen, als die Kundgebungen der Rechten und Rechtsextremen in der vergangenen Woche.

"Die Stimmung war wunderbar."

Und das klappte: Nach Angaben der Stadt Chemnitz kamen etwa 65.000 Menschen zum Protestkonzert. Geplante Gegenveranstaltungen der rechtspopulistischen Bewegung „Pro Chemnitz“ waren von der Stadt wegen Platzmangels untersagt worden. Die Reise nach Chemnitz hat sich für Klaus Bartels gelohnt: „Die Stimmung war wunderbar.“ Der 71-Jährige suchte bewusst das Gespräch mit Einheimischen.

Er wollte wissen, wie sie den Rechtsruck aushalten, der in Sachsen noch deutlicher zutage tritt als in anderen Bundesländern. Er fand heraus, dass nicht nur viele Menschen aus Sachsen nach Chemnitz gekommen sind, sondern aus ganz Deutschland und Europa: Bartels hat Berliner getroffen, Nürnberger und sogar Schweizer. Das Ziel der Reise war jedoch für alle das gleiche: Sie seien hier, um ein Zeichen gegen Gewalt und Rassismus zu setzen, berichtet Bartels. „Die Menge der Leute und die positive Stimmung haben mich beeindruckt“, sagt der Thurnauer. Im Gedächtnis geblieben ist ihm ein Mann aus Hoyerswerda, der seine Kinder dabeihatte. Der Mann erklärte ihm, dass er seinen Kindern eine andere Wirklichkeit zeigen wolle, als die, die die Rechten verbreiten. Rechte Ausschreitungen wie die in der vergangenen Woche sollten sie nie wieder erleben.

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