Zuversicht nach dem Sieg: WM-Experten: Jetzt ist alles möglich

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23.06.2018, Russland, Sotschi: Fußball: WM, Deutschland - Schweden, Vorrunde, Gruppe F, 2. Spieltag im Sotschi-Stadion: Toni Kroos (l) aus Deutschland erzielt das Tor zum 2:1. Foto: Frank Augstein/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Quelle: Unbekannt

Die Experten aus der Region sind sich einig: Egal wie der 2:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft im zweiten WM-Vorrundenspiel gegen Schweden auch zustande gekommen ist, verdient war er allemal. Konsens herrscht auch bei den von Bundestrainer Joachim Löw vorgenommenen Änderungen in der Startformation. Diese hätten sich ungemein positiv ausgewirkt, sagen die vier befragten Trainer.

 
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FUßBALL.

Mesut Özil und Sami Khedira zu ersetzen, sei ein klares Zeichen an die Mannschaft gewesen und habe somit wesentlichen Einfluss auf deren Auftreten gehabt, lautet die Meinung von Werner Thomas. „Anscheinend hat eben doch niemand einen Freibrief bei schlechten Leistungen“, sagt der Trainer des Landesligisten TSV Neudrossenfeld. „Dieses Signal scheint angekommen zu sein.“ Der Auftritt sei „um Meilen besser“ gewesen als der gegen Mexiko.

„Das Tor von Toni Kroos zum 2:1 war dann das Ergebnis von einer sensationellen individuellen Klasse. Und der Lohn für die starke zweite Halbzeit.“ Thomas ist sich sicher, dass dieser Erfolg nun enorme Kräfte freisetzen kann. „Ich glaube, das war die Initialzündung. Mit diesem Sieg hat das Turnier für uns begonnen.“ Er traue der deutschen Mannschaft nun sogar zu, den WM-Titel zu verteidigen.

„Aufgrund des Zeitpunkts sehr glücklich, aber – keine Frage – auch sehr verdient“: So bilanziert Ex-Profi Heiko Gröger, der Trainer des Kreisligisten TSV St. Johannis Bayreuth, das zweite WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft. „Wir haben bis zum Schluss alles probiert, waren klar spielbestimmend. Deshalb war das 2:1 auch gerecht. Es war ein ganz anderer Auftritt als gegen Mexiko – vor allem in puncto Körpersprache und Engagement.“

Hector für Plattenhardt zu bringen, sei logisch gewesen, blickt Gröger auf die vom Bundestrainer vorgenommenen personellen Veränderungen im Vergleich zum ersten Gruppenspiel gegen Mexiko. „Ich hätte aber mit Süle und nicht mit Rüdiger angefangen. Mutig von Löw fand ich, Khedira und Özil draußen zu lassen. Es war aber auch nachvollziehbar. Vor allem an Reus in der Startelf gab es kein Vorbeikommen.“ Seine spontane Reaktion nach dem Siegtreffer in der Nachspielzeit sei gewesen: „Jetzt werden wir Weltmeister“, bekennt Heiko Gröger. „So ein Spiel, das du in den letzten Sekunden umgebogen hast, nachdem du schon fast draußen warst, hilft dir für den weiteren Turnierverlauf mehr als ein glatter Sieg.“

Ins selbe Horn stößt auch Jörg Pötzinger. „Dieser Sieg kann extremste Kräfte freisetzen. Jetzt hat auch der Allerletzte gesehen, wie schwer dieses Turnier wird und dass man immer 120 Prozent auf den Platz bringen muss, um Erfolg zu haben. Hätten wir gegen Schweden locker gewonnen, hätte jeder gesagt, Mexiko war doch nur ein Ausrutscher. Jetzt aber wissen alle, wie der Hase läuft.“ Der Ex-Trainer von Landesliga-Absteiger FSV Bayreuth sieht die Leistung der deutschen Mannschaft durchaus differenziert: Einerseits sei der Sieg aufgrund einer starken zweiten Halbzeit und der Passivität der Schweden verdient gewesen, andererseits hätten die Deutschen auch enormes Glück gehabt. „Nicht nur wegen des späten Zeitpunkts des Siegtreffers, sondern auch wegen des nicht gegebenen Elfmeters nach dem Foul von Boateng in der ersten Halbzeit. Den muss man eigentlich geben.“

Der entscheidende personelle Schachzug des Bundestrainers sei für ihn die Einwechslung von Mario Gomez gewesen. „Dadurch, dass er ins Zentrum gerückt ist, konnte Werner über links kommen. Dort hatte er den Raum, den er für seine Schnelligkeit auch braucht. Im Zentrum ist er gegen einen so massiert stehenden Gegner wie Schweden ja verschenkt. Er hat dann mit seinen Dribblings und Flankenläufen auch unheimlich Musik gemacht und letztlich das 2:1 mit eingeleitet.“

Den unbedingten Siegeswillen der deutschen Mannschaft stellt Claudio Eismann, der neue Coach des Bezirksligisten FSV Bayreuth, in den Mittelpunkt seiner Analyse. „Die deutsche Mannschaft besitzt einfach die Tugend, dass sie bis zum Schlusspfiff alles gibt, obwohl ihr die Leichtigkeit und das Selbstvertrauen offensichtlich derzeit etwas fehlen. Und dafür ist sie letztlich belohnt worden.“ Er sei davon überzeugt, „dass dieses Spiel unheimlich wichtig für den weiteren Turnierverlauf war. Dieser Erfolg schweißt die Mannschaft zusammen und setzt Kräfte frei. Ab jetzt ist alles möglich.“

Nicht bange ist Claudio Eismann davor, dass Jerome Boateng gegen Südkorea wegen seiner Gelb-Roten Karte nicht spielen wird. „Süle ist für mich ohnehin der formstärkste Innenverteidiger, den wir haben.“ Ansonsten falle schon auf, sagt der neue FSV-Coach, „dass Löw tendenziell die Spieler bevorzugt, die eine Stuttgarter Vergangenheit haben – wie jetzt gegen Schweden Rüdiger. Aber auch die Personalien Gomez und Khedira sind ein Indiz dafür.“

Gegen Südkorea wünscht sich Claudio Eismann, dass der junge Leverkusener Julian Brandt in die Startformation rückt. „Er hat bei seinem Einwechslungen immer überzeugt. Und Müller ist auf der rechten Seite verschenkt. Das hat man schon bei den Bayern gesehen. Er muss hinter die Spitzen, damit er die Räume nutzen kann, die der Stoßstürmer für ihn öffnet.“

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