Zölle? Hoffentlich nur Säbelrasseln

Symbolfoto: Bernd Wüstneck/dpa Foto: red

Donald Trump und Zölle – eine Reizfigur und ein Reizwort, die in ihrer Kombination sofort einen Ablehungsreflex erzeugen. Aber was ist eigentlich schlecht daran, dass der US-Präsident die eigene Wirtschaft durch Zölle schützen will? Und wie wirken sich Zölle auf den Welthandel aus? Antworten auf diese Fragen gibt Mario Larch, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Bayreuth. Und im Kurier-Interview stellt er fest, dass nicht alles schlecht sein muss an der aktuellen US-Politik. Doch Trumps Handeln berge auch eine echte Gefahr.

 
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Herr Professor Larch, überall hört man Freihandel ist gut, Zölle sind schlecht. Warum ist das eigentlich so?

Mario Larch: Man muss sich überlegen, was Zölle machen. Zölle erzeugen an der Grenze einen Preisaufschlag. Das heißt, sie führen einen künstlichen Preisunterschied zwischen dem Heimatmarkt und ausländischen Märkten ein. Das ist also eine Verzerrung der tatsächlichen Preise. Aus dieser Logik kommt die Idee, dass es ohne Zölle einen Effizienzgewinn gibt. Und zwar in dem Sinne, dass Waren dort produziert werden, wo man die besten Voraussetzungen vorfindet. Durch Zölle wird nichts Neues geschaffen sondern nur umverteilt.

Wie wirken die Zölle, die US-Präsident Donald Trump jetzt einführt?

Larch: Die USA sind ein relativ großes Land. Das wird also Auswirkungen auf den Weltmarkt haben. Wenn Trump jetzt Zölle auf Stahl und Aluminium einführt, dann führt das dazu, dass wichtige Stahl- und Aluminiumexporteure sich andere Absatzmärkte suchen und mit ihren Preisen runter müssen. Und genau diese Auswirkung auf den Weltmarktpreis führt dazu, dass die Konsumenten in den USA gar nicht die ganze Zollhöhe selbst tragen müssen.

Aber sind Zölle grundsätzlich so schlecht, wie immer über sie gesprochen wird? Oder sind sie jetzt für die USA sogar ein Jobmotor?

Larch: Die Stahl- und Aluminiumindustrie in den USA wird größere Gewinne machen, die USA haben Zolleinnahmen, und die amerikanischen Konsumenten etwas höhere Preise für diese Produkte zu tragen. Das ist zunächst einmal ein kleiner Bereich. Aber da gibt es ja viele Wertschöpfungsketten, in denen die USA die Zölle zu spüren bekommen werden. Die Hoffnung, dass die Zölle Jobs schaffen, sollte deshalb gar nicht so groß sein. Im Stahl- und Aluminiumbereich der USA wird das vielleicht zutreffen, weil der Wettbewerb eingeschränkt wird. Aber es wird zu Jobverlusten in anderen Bereichen kommen. Der Nettobeschäftigungseffekt kann dann auch negativ sein. Aber im Außenhandel sind Zölle sehr problematisch. Die Zölle stellen ein einzelnes Land auf Kosten der anderen besser. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im Welthandel eigentlich einen anderen Konsens mit anderen Spielregeln. Die Regeln der Welthandelsorganisation und des 1947 abgeschlossenen Handelsabkommens GATT versuchen verhindern, dass sich einzelne auf Kosten von Handelspartnern besser stellen.

Hat Trump aber nicht Recht, wenn er behauptet, dass andere Staaten auf Kosten der USA vom Welthandel profitieren? Deutschland exportiert zum Beispiel regelmäßig mehr Waren nach Übersee, als von dort zurückkommen.

Larch: Das Argument gibt es. Aber da muss man fragen: Was heißt ein Handelsbilanzdefizit für die USA? Es heißt schlichtweg, dass die Amerikaner mehr konsumieren als sie produzieren. Also kommen die Importe der USA auch den amerikanischen Konsumenten zugute. Was man Trump aber zugutehalten muss: Stahl wird z.B. in China massiv staatlich subventioniert. Und Exportsubventionen sind im Rahmen der WTO eigentlich verboten. Wenn ein Land das massiv macht, dann ist es regelkonform, sogenannte Strafzölle zu erheben. Das ist aber wiederum nicht Trumps Argumentation. Er argumentiert mit der nationalen Sicherheit, die als Argument auch wieder regelkonform wäre.

Die Europäische Union reagiert auf Trumps Muskelspiel ihrerseits mit der Ankündigung von Zöllen. Ist das die richtige Strategie?

Larch: Das ist ganz schwierig und eine zweischneidige Sache. Wenn die EU gar nicht reagiert, dann sehen die USA, dass es keine Gegenwehr gibt, und es könnten weitere Industrien mit Strafzöllen belegt werden. Und dann weiten sich die Zölle aus und alle stellen sich schlechter. Man kann aus ökonomischer Sicht zwei Gleichgewichte erreichen: Einerseits internationale Handelsregeln, mit denen man versucht, den Handel von Zöllen frei zu halten. Und andererseits die Situation, in der jeder seinen optimalen Zoll setzt. Die jetzige Reaktion der EU könnte dazu führen, dass es zu einer Veränderung des Gleichgewichtes kommt und es keine kooperative Handelspolitik mehr gibt. Also einer Situation mit hohen Zöllen. Und da ist relativ klar, dass es nur Verlierer geben wird. Wenn aber einer, wie jetzt Trump, ausschert, dann muss man wohl aus politischer Sicht reagieren. Auch Zölle einzuführen ist eine Möglichkeit. Klage bei der WTO einzureichen, wie es im Zuge der Einführung von Zöllen auf Stahl 2002 unter Bush geschah, eine andere. Das ist jetzt ein ganz schwieriger Spagat für die EU.

Ein etwas abseitiger Gedanke: Wenn Trump jetzt durch Zölle erreicht, dass weniger Stahl und Aluminium um die halbe Welt gekarrt wird, tut er dann nicht unfreiwillig sogar etwas für den Umweltschutz?

Larch: Das wäre wohl nicht das richtige Instrument. Da wäre es besser, er bliebe im Pariser Umweltabkommen und versucht die Umwelt anders zu schützen – nicht mit handelspolitischen Maßnahmen.

Wie gefährlich ist das, was die USA zurzeit tun, wirklich für die Weltwirtschaft? Stehen wir womöglich vor einer neuen großen ökonomischen Krise oder können wir uns entspannt zurücklehnen?

Larch: Die Antwort ist zweiteilig. Erstens: Der betroffene Anteil des Welthandels ist relativ klein. Einzelne werden vielleicht härter getroffen. Aber in Summe sind das kleine Bereiche. Aber zweitens geht es um die Frage, ob es jetzt zu einer grundsätzlichen Abweichung vom Konsens der angesprochenen großen Handelsabkommen kommt, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossen wurden. Wenn die aktuellen Vorgänge sich verstärken und andere Länder vergeltend auf die Entscheidungen in den USA reagieren, dann könnte sich das Gleichgewicht verlagern. Und dann ist das besorgniserregend. Das ist nicht der Weg, der zu mehr Kooperation und größerer Wohlfahrt führt. Meine Hoffnung ist, dass es nicht ganz so weit kommt und das wir jetzt nur ein Säbelrasseln sehen.

Das Gespräch führte Moritz Kircher (Archivfoto: Lammel)

Zur Person: Mario Larch ist lehrt empirische Wirtschaftsforschung an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth. Larch ist Außenhandlesexperte und arbeitete in diesem Bereich auch schon für das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München. Seit 2017 gehört er der Redaktionsleitung des Fachzeitschriften „International Economics“ und „German Economic Review“ an. Er hat zahlreiche Fachbeiträge zu Außenhandelsthemen publiziert und konzentriert sich in seiner Forschungstätigkeit ebenfalls auf das Thema Außenhandel.

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