Für Greiner hat der stationäre Handel, wenn er kompetent gemacht wird, gute Perspektiven. Wöhrl will Familien ansprechen, hat eine breite Zielgruppe im gehobenen Mittelpreis-Segment. Eine Million Stammkunden werden über Kundenkarten betreut. Auch in der Insolvenz hätten sie ihre Treue zum Unternehmen gezeigt, sagt Greiner. Das sei ein bisschen wie beim 1. FCN: „Egal, welche Liga, das Stadion ist immer voll.“ Im stationären Handel komme es auf den Service an, „den Menschen, der da steht“. Emotionen, ein interessantes Ambiente kämen hinzu. Man müsse vorselektieren, für seine Zielgruppe eine adäquate Auswahl treffen. Von 5000 Marken im Internet zehn Marken für die eigenen Kunden herausfiltern und Geschmack und Geldbeutel treffen.
Im Tal der Tränen
Der stationäre Handel hat das Tal der Tränen noch nicht durchschritten, sagt Greiner. „Da werden noch viele über Bord gehen.“ Wöhrl soll nicht dabei sein. „Ich hätte es nicht gemacht, wenn ich nicht dran glauben würde.“
Schon als Zehnjähriger war Greiner bei Wöhrl aktiv, hat Pakete gepackt, später bei der Inventur geholfen oder Daten in den Computer eingegeben. Mit 14 hat er selber verkauft. Aufgewachsen ist Greiner bei seiner Mutter Brigitte Greiner, deren Namen er trägt, weil die Eltern nie verheiratet waren. Die Mutter, mittlerweile in Rente, war früher bei Wöhrl als Dekorateurin und im Einkauf beschäftigt. „Meine Mutter ist eine wahnsinnig herzliche Frau“, sagt Greiner, der aus einer früheren Verbindung einen 13 Jahre alten Sohn hat.
Abitur machte er in Nürnberg, geht dann zur Bundeswehr, arbeitet bei Wöhrl, studiert dreieinhalb Jahre in Boston (USA) Musik und Business Management (Bachelor of Arts), wird aber kein Musiker sondern bleibt der Wirtschaft verbunden. „Um der Kunst zu verfallen, da bin ich zu sehr Realist gewesen.“
Er kann auch dirigieren
Gitarre spielt er heute noch gerne. Auch Klavier, Gesangsunterricht und Dirigieren gehörten zum Studium. Kurze Zeit ist Greiner nach seinem Studium bei Warner Music in Hamburg, dann ereilt ihn der Ruf von Wöhrl, er geht nach Nürnberg, baut U-eins (Junge Mode) auf. Nach drei Jahren kündigt er, baut eine Marketingagentur auf, die es heute noch gibt. 2011 wird er Vorstand bei Ludwig Beck.
Greiner ist Unternehmer aus Leidenschaft. Auf die Frage, was er unbedingt noch machen will, meint er: „Noch ‘ne Firma gründen.“ Es gebe schließlich „nichts Cooleres, als unternehmerisch tätig zu sein“. Und Privat? Da steht auch einiges an. Greiner und seine Lebensgefährtin Sandra Schäfer (29), die für ihn und für den Vorstand als Assistentin arbeitet, denken ans Heiraten. Drängen lassen wollen sie sich nicht. Ganz ohne Zeitdruck, bitte.
Wöhrl: Das Unternehmen wurde 1933 von Rudolf Wöhrl in Nürnberg gegründet und 1970 an die beiden Söhne Gerhard und Hans Rudolf übertragen. Hans Rudolf steigt über 30 Jahre später aus. Von 2012 bis 2016 führt Olivier Wöhrl, Sohn von Gerhard Wöhrl, das Unternehmen als Vorstandschef. Nach der Insolvenz wird Christian Greiner, Sohn von Hans Rudolf Wöhrl, neuer Eigentümer und Aufsichtsratschef. Die Modehaus-Kette hat 30 Filialen, 1700 Beschäftigte und will im laufenden Geschäftsjahr einen Millionengewinn erreichen.