Gerne mit dem Zug unterwegs
Etwa die Hälfte seiner Zeit ist Wuermeling in Frankfurt. Sein Büro liegt im zwölften Stock. Mit Blick auf den Taunus statt auf die Skyline. Reisen muss er auch viel, in Deutschland gerne mit dem Zug. New York oder Tokio gehen nur mit dem Flieger. „Es gibt nichts Vergleichbares. Die neue Aufgabe macht viel Freude, fordert mich aber auch." Sehr konzentriert, aber auch in heiterer Stimmung werde in der Bundesbank gearbeitet. Er selbst muss sich nun intensiv den geldpolitischen Fachthemen widmen. Zentralbank könne man halt nicht lernen, nur in der Tätigkeit selbst.
Wie geht es nun weiter mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, wann steigen die Zinsen? Das Gespräch mit unserer Zeitung ist sein erstes Interview als Bundesbank-Vorstand zu diesem Thema, und Wuermeling weiß nur zu gut, dass, wenn es um den Leitzins geht, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Die grobe Richtung deutet er aber schon an. Die niedrigen Zinsen werde man nicht bis zum St. Nimmerleinstag haben. Wenn die Inflation in der Eurozone weiter steige, werde man auch wieder zu höheren Zinsen kommen. Ja, aber wann?
Wann wird der Leitzins erhöht?
Inflationsziel der EZB sind knapp zwei Prozent. Für das laufende Jahr werden im Euroraum laut Wuermeling 1,3 Prozent Inflation erwartet, 2018 dann 1,5 Prozent, 2019 schließlich 1,7 Prozent. Wann die EZB ihren Leitzins erhöht, darüber könne man heute nur spekulieren, sagt er. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wolle diese Diskussion aber schon forcieren, um zu vermeiden, dass der richtige Zeitpunkt für die Zinswende verpasst werde. Die Bundesbank werde sich maßgeblich in diesen Prozess einbringen.
Die Fed in den USA plant für dieses Jahr mehrere Zinserhöhungen. Kann sich die EZB diesem Trend entziehen? Man könne Zinsdifferenzen auf beiden Seiten des Atlantiks über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten, sagt Wuermeling. Werde die Verschiebung der Finanzströme allerdings zu groß, dann müsse man entgegenwirken. Und was hält man in der Bundesbank vom neuen US-Präsidenten Donald Trump? „Wir schauen auf konkrete Taten, nicht auf rhetorische Ankündigungen. Da ist ein Urteil noch zu früh.“
Abwarten und hoffen
Den Frust der Sparer wegen der Nullzinsen kann Wuermeling schon verstehen. Solange die Inflation nahe Null war, habe es aber keine Wertverluste gegeben. Doch in Deutschland stieg die Teuerung im Dezember auf 1,7 Prozent, im Januar sogar auf 1,9 Prozent – das ist der höchste Wert seit dreieinhalb Jahren. Und auch in der Eurozone ist die Inflation im Januar mit 1,8 Prozent stark angestiegen. Das Geld der Sparer wird entwertet. Erste Aufgabe der Zentralbank ist jedoch die Preisstabilität. Den Sparern gibt Wuermeling doch noch mit, man wolle alles Mögliche tun, um den Frust zu lindern. Also: Abwarten und hoffen.
Info
Bundesbank-Vorstand
Der sechsköpfige Vorstand ist das oberste Organ der Bundesbank. Er leitet und verwaltet die Zentralbank und besteht aus Präsident, Vizepräsident und vier Vorstandsmitgliedern. Der frühere Bayreuther Europapolitiker Joachim Wuermeling ist seit Anfang November 2016 Bundesbank-Vorstand. Zuletzt war er Chef des Verbands der Sparda-Banken. töp