Wöhrl-Sohn übernimmt

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Ein Wöhrl-Sohn will Wöhrl retten: Christian Greiner, Sohn des Unternehmers Hans Rudolf Wöhrl und seit 2011 Vorstand beim Münchner Modehaus Ludwig Beck AG, an dem die Familie Wöhrl den Hauptanteil hält, soll neuer Eigentümer des angeschlagenen Nürnberger Modehändlers Wöhrl werden. Weitere Filialschließungen sind nicht geplant. Die Gläubiger müssen auf 80 bis 90 Prozent ihrer Forderungen verzichten.

 
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Dies bestätigten Vorstandschef Andreas E. Mach und Restrukturierungsvorstand Christian Gerloff in einer Telefonkonferenz. Die Gläubigerversammlungen der Rudolf Wöhrl AG und deren Tochter Rudolf Wöhrl, das Haus der Markenkleidung GmbH & Co. KG, hätten die entsprechenden Vereinbarungen beschlossen. Beide Gesellschaften befinden sich seit 1. Dezember 2016 in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Zum 1. März soll der Übergang des Unternehmens auf den neuen Eigentümer perfekt sein.

Schmerzhafte Verluste

Christian Greiner (38) ist Textilunternehmer und seit 2011 Vorstand für Einkauf, Verkauf und Marketing bei Ludwig Beck. Greiner will 100 Prozent der Aktien der Wöhrl AG übernehmen. Die Quote für die Gläubiger soll bei zehn bis 20 Prozent liegen. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Gerloff bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass auch die Käufer der Anleihe, darunter  mehrere tausend Privatanleger, überwiegend aus Franken, mit 80 bis 90 Prozent Verlusten rechnen müssen. „Das sind hohe Verluste, die mit Sicherheit schmerzhaft sind.“ Aber auch ein Anleihe-Gläubiger sei eben ein Gläubiger. Spezielle Regeln für ihn gebe es nicht. Die Forderungen würden entsprechend der Quote bedient und seien dann erledigt.

Die Neuausrichtung von Wöhrl mit einer Verbesserung des Sortiments, der Stärkung der Kundenbindung, dem Ausbau des Multichannel-Geschäfts soll bei „deutlicher Effizienzsteigerung“ fortgesetzt werden. An weitere Filialschließungen und einen weiteren Personalabbau sei nicht gedacht. Von den insgesamt 2300 Stellen werden laut Gerloff 70 bis 80 abgebaut, rund 95 Prozent der Jobs blieben somit erhalten.

Co-Investoren gesucht

Der neue Eigentümer Greiner will Co-Investoren für die Fortführung von Wöhrl gewinnen. Mit der Finanzierung der Transaktion habe dies aber nichts zu tun, sagte Mach. „Die Kaufpreiszahlung ist garantiert.“ Es sei denkbar, dass weitere Familienmitglieder oder befreundete Lieferanten mit ins Boot geholt würden. Auch Hans Rudolf Wöhrl sei als Co-Investor „sicher vorstellbar“. Eine gemeinsame Enkel-Lösung sei nicht realisierbar gewesen. Es sei eben zu schwierig, sieben bis zehn Personen unter einen Hut zu bringen. „Dann hat Greiner alleine gehandelt.“

Mach, seit September Vorsitzender des Vorstands, soll dieses Amt auch unter dem neuen Eigentümer fortführen. Laut Mach strebt Greiner keine aktive Rolle im Wöhrl-Management an. „Herr Greiner ist Aktionär.“ Eventuell werde er in den Aufsichtsrat gehen. Sein Münchner Vorstandsamt wolle er behalten. Gerloff wird nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Ende März oder im April wie geplant aus dem Vorstand ausscheiden.

Geschäfte belebt

„Unser oberstes Ziel war stets, Wöhrl als Ganzes zu erhalten – wir sind auf gutem Weg, dies zu erreichen“, sagte Mach. Mit Greiner bekäme Wöhrl einen langfristig orientierten Branchenkenner als Gesellschafter. „Er kennt das Unternehmen bereits gut und hat seine Kompetenzen an der Spitze von Ludwig Beck, aber auch vor Jahren bei Wöhrl mit der Entwicklung des Young Fashion Konzepts U1 unter Beweis gestellt.“ Das rege Interesse am Investorenprozess und die sehr gute operative Geschäftsentwicklung in den vergangenen Monaten habe die  Einschätzung bestätigt, dass eine neu ausgerichtete Wöhrl Gruppe gute Zukunftsperspektiven habe. Es sei ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag nötig, um Wöhrl wieder flott zu machen.

Greiner zeigte sich beeindruckt, dass es Vorstand und Mitarbeitern während des Insolvenzverfahrens gelungen sei, die Geschäfte nicht nur zu stabilisieren, sondern sogar zu beleben. „Das ist in unserer Branche im Moment alles andere als selbstverständlich.“

Die Eltern von Christian Greiner waren nicht verheiratet, weshalb er den Namen seiner Mutter hat. Der studierte Musiker und Manager hat den bekannten Namen Wöhrl also nie getragen. Was für Mach kein Problem ist. „Für mich ist Herr Greiner so viel Wöhrl wie jeder andere Wöhrl, aber er heißt halt Greiner.“

Vier Filialen in Oberfranken

Wöhrl hat vier Filialen in Oberfranken: Bayreuth, Hof, Bamberg und Coburg. Über diese Filialen gebe es ,,überhaupt nichts Negatives" zu sagen, hatte Mach bereits vor wenigen Wochen auf Anfrage unserer Zeitung festgestellt. 

 

Mehr dazu:

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Die Vorgeschichte:

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6. Mai 2015: Wöhrl mit deutlichem Umsatzrückgang

17. Juni 2016: Wöhrl kämpft mit Verlusten

7. September 2016: Wöhrl-Standort Bayreuth ungewiss

7. September 2016: Merk-Erbe fordert Erhalt von Wöhrl

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