Wöhrl schließt vier Filialen

Von Roland Töpfer
Wöhrl in Bayreuth ist nicht von einer Schließung betroffen. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Das in schwere Turbulenzen geratene Nürnberger Modehaus Wöhrl schließt vier Standorte: Nürnberg-Langwasser, Roth, München und Berlin. Die vier oberfränkischen Standorte in Bayreuth, Hof, Bamberg und Coburg bleiben bestehen. Der Kurs der Wöhrl-Anleihe ist auf einen Tiefststand von elf Prozent abgestürzt. Später erholte sich das Papier etwas. Euler Hermes hatte sein Rating erneut herabgestuft. Die Anleger müssen sich auf hohe Verluste einstellen.

 
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Die Rudolf Wöhrl AG wird vier der insgesamt 34 Wöhrl-Standorte schließen. Dies haben Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, nachdem zuvor der Gläubigerausschuss einstimmig zugestimmt hatte, teilte das Unternehmen mit.  Zunächst hatte der Vorstand die Schließung von sechs bis zehn Filialen als notwendig erachtet. Ein Wöhrl-Sprecher sagte auf Kurier-Nachfrage, es bleibe bei vier Schließungen. Man wolle hier „keine Salami-Taktik“ anwenden. Die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Häusern müsse man aber auch in Zukunft genau beobachten. Und wenn ein neuer Investor komme, dann müsse man sehen, „welche Ideen er mitbringt“.

Sanierungsplan bis Ende November

Die Schließungen seien ein wesentlicher Bestandteil der Restrukturierung der Rudolf Wöhrl AG, die zusammen mit der Tochtergesellschaft Rudolf Wöhrl GmbH & Co. KG, Nürnberg, am 6. September die Eröffnung des Schutzschirmverfahrens nach §270b Insolvenzordnung beantragt hatte, heißt es weiter. Der Vorstand habe nun bis Ende November Zeit, einen Sanierungsplan auszuarbeiten. Ziel sei  es, die Wöhrl-Gruppe als Ganzes zu erhalten und wieder Gewinne zu schreiben. Dazu werde international nach einem geeigneten Investor gesucht.

Von den Schließungen sind 146 Mitarbeiter von bundesweit knapp 2000 Beschäftigten betroffen. Sie werden in den kommenden Wochen ihre Kündigungen erhalten. Zugleich soll ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich auf freie Stellen in benachbarten Filialen zu bewerben. Die Schließungen sollen im Laufe der kommenden sechs Monate erfolgen.

Anleihe abgestürzt

Derweil brauchen die Käufer der Wöhrl-Anleihe gute Nerven. Das Papier ist bis auf elf Prozent abgestürzt. Hohe Zinsen bedeuten hohes Risiko – das zeigt nun auch die mit 6,5 Prozent ausgestatte Anleihe von Wöhrl. 30 Millionen Euro sammelte der Modehändler 2013 bei einigen tausend Anlegern ein, unter ihnen viele aus Franken. Im Februar 2018 wird die Anleihe fällig, doch das im Insolvenzverfahren steckende Unternehmen wird das Geld wohl nicht komplett zurückzahlen. Die Anleger müssen mit hohen Verlusten rechnen.

Euler Hermes hat das Rating der Rudolf Wöhrl AG erneut herabgesetzt – von CC auf C. Für die Anleger heißt das, es wird mit Zahlungsausfall gerechnet. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit müssten die Gläubiger im Zuge einer Insolvenzeröffnung einen Sanierungsbeitrag leisten, heißt es.

Was soll man jetzt tun?

Wer jetzt seine Anleihe verkaufen würde, um das traurige Kapitel für sich abzuschließen, bliebe auf fast 90 Prozent  Verlust sitzen. Was sind die Alternativen?

Zum Beispiel warten, bis ein Investor gefunden ist, der eine akzeptable Quote für die Anleihebesitzer anbietet. Wie hoch diese Quote sein wird, dafür ist es noch viel zu früh, sagt Wöhrl-Sprecher Frank Elsner auf Kurier-Nachfrage. Die Käufer der Anleihe seien Gläubiger wie alle anderen Gläubiger auch.

Nach Einschätzung der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK/München) sind die Ansprüche auf Zins- und Rückzahlung der Anleihe „als gefährdet anzusehen“. Es sei zu erwarten, dass von den Anleihegläubigern ein Beitrag zur finanziellen Sanierung der Gesellschaft abverlangt werde. Denkbar sei ein teilweiser Verzicht auf die Rückzahlung der Anleihe, eine Verringerung der Verzinsung und/oder eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe. SdK-Sprecher Daniel Bauer sagt im Gespräch mit dem Kurier, der Insolvenzantrag sei sehr spät gestellt worden. Nun müsse unter großem Zeitdruck ein Investor gefunden werden. Das spreche eher dafür, dass „kein großer Stratege“ aus der Branche, sondern ein Finanzinvestor zum Zuge kommen könnte.

Der Rat: Erst einmal abwarten

Den Anleihebesitzern rät er, erst einmal abzuwarten. „Jetzt verkaufen, das würde ich nicht machen.“ Die Anleger könnten auf eine Quote von 20, 30, 40 Prozent hoffen. Bauer warnt generell: Wer aktuell sein Geld zu Renditen von mehr als zwei Prozent anlegt, „der geht ein ganz, ganz großes Risiko ein“.  Auch am hohen Zinssatz der Wöhrl-Anleihe hätte man erkennen können, „dass das ein hohes Risiko ist“. Wöhrl wäre nicht an den Bondsmarkt gegangen, wenn es keine Probleme gegeben hätte, sagt Bauer, der von 2500 bis 3000 betroffenen Anlegern ausgeht. Knapp 500 hätten sich bereits bei der SdK registrieren lassen.   

Mittelstandsanleihen sind immer wieder zum Alptraum von Anlegern geworden. Von insgesamt 214 Anleihen, die seit 2010 ausgegeben wurden, sind nach Angaben von Euler Hermes Rating bisher 43 ausgefallen. Dies belegt das hohe Risiko, das in den Hochzinspapieren steckt. Die Bewertung der Mittelständler durch Ratingagenturen hat sich oft als zu positiv herausgestellt. Euler rechnet mit weiteren Ausfällen in den kommenden Jahren.

Ein Grund von mehreren Schieflagen

Die Anleihe sei ein Grund von mehreren für die Schieflage des Modehauses, sagt Wöhrl-Sprecher Elsner dem Kurier. Er nennt defizitäre Standorte und eine zu große Hauptverwaltung in Nürnberg. Hat Wöhrl nicht auch den Online-Boom verschlafen? „Das Kerngeschäft wird immer der stationäre Handel bleiben“, sagt Elsner. Den Online-Vertrieb gehe man nun aber auch verstärkt an.

Die Investorensuche ist derweil in vollem Gange. Elsner: „Die Verhandlungen laufen mit mehreren Adressen.“ Die Familie sei auch künftig bereit, Gesellschafter zu bleiben, brauche aber einen Partner. „Deshalb die Investorensuche.“ Der Prozess sei breit angelegt. Ein Investor aus der Branche komme ebenso in Frage wie ein Finanzinvestor. Ziel sei es, in den drei Monaten des Schutzschirmverfahrens einen Investor zu finden. „Das ist aber kein harter Termin“, sagt Elsner dem Kurier. Auch danach, bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, könne die Investorensuche weitergehen. 

Mit Erleichterung reagierte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, wonach die Wöhr-Filiale in Bayreuth nicht von den aktuellen Schließungsplänen des Unternehmens betroffen ist. "Das sind sehr gute Nachrichten", sagte sie. Das Wöhrl-Haus sei ein wichtiger Bestandteil des Bayreuther Einzelhandels und einer der Einkaufsmagneten der Innenstadt.

Mehr dazu:

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6. Mai 2015: Wöhrl mit deutlichem Umsatzrückgang

17. Juni 2016: Wöhrl kämpft mit Verlusten

7. September 2016: Wöhrl-Standort Bayreuth ungewiss

7. September 2016: Merk-Erbe fordert Erhalt von Wöhrl

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