Was soll man jetzt tun?
Wer jetzt seine Anleihe verkaufen würde, um das traurige Kapitel für sich abzuschließen, bliebe auf fast 90 Prozent Verlust sitzen. Was sind die Alternativen?
Zum Beispiel warten, bis ein Investor gefunden ist, der eine akzeptable Quote für die Anleihebesitzer anbietet. Wie hoch diese Quote sein wird, dafür ist es noch viel zu früh, sagt Wöhrl-Sprecher Frank Elsner auf Kurier-Nachfrage. Die Käufer der Anleihe seien Gläubiger wie alle anderen Gläubiger auch.
Nach Einschätzung der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK/München) sind die Ansprüche auf Zins- und Rückzahlung der Anleihe „als gefährdet anzusehen“. Es sei zu erwarten, dass von den Anleihegläubigern ein Beitrag zur finanziellen Sanierung der Gesellschaft abverlangt werde. Denkbar sei ein teilweiser Verzicht auf die Rückzahlung der Anleihe, eine Verringerung der Verzinsung und/oder eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe. SdK-Sprecher Daniel Bauer sagt im Gespräch mit dem Kurier, der Insolvenzantrag sei sehr spät gestellt worden. Nun müsse unter großem Zeitdruck ein Investor gefunden werden. Das spreche eher dafür, dass „kein großer Stratege“ aus der Branche, sondern ein Finanzinvestor zum Zuge kommen könnte.
Der Rat: Erst einmal abwarten
Den Anleihebesitzern rät er, erst einmal abzuwarten. „Jetzt verkaufen, das würde ich nicht machen.“ Die Anleger könnten auf eine Quote von 20, 30, 40 Prozent hoffen. Bauer warnt generell: Wer aktuell sein Geld zu Renditen von mehr als zwei Prozent anlegt, „der geht ein ganz, ganz großes Risiko ein“. Auch am hohen Zinssatz der Wöhrl-Anleihe hätte man erkennen können, „dass das ein hohes Risiko ist“. Wöhrl wäre nicht an den Bondsmarkt gegangen, wenn es keine Probleme gegeben hätte, sagt Bauer, der von 2500 bis 3000 betroffenen Anlegern ausgeht. Knapp 500 hätten sich bereits bei der SdK registrieren lassen.
Mittelstandsanleihen sind immer wieder zum Alptraum von Anlegern geworden. Von insgesamt 214 Anleihen, die seit 2010 ausgegeben wurden, sind nach Angaben von Euler Hermes Rating bisher 43 ausgefallen. Dies belegt das hohe Risiko, das in den Hochzinspapieren steckt. Die Bewertung der Mittelständler durch Ratingagenturen hat sich oft als zu positiv herausgestellt. Euler rechnet mit weiteren Ausfällen in den kommenden Jahren.
Ein Grund von mehreren Schieflagen
Die Anleihe sei ein Grund von mehreren für die Schieflage des Modehauses, sagt Wöhrl-Sprecher Elsner dem Kurier. Er nennt defizitäre Standorte und eine zu große Hauptverwaltung in Nürnberg. Hat Wöhrl nicht auch den Online-Boom verschlafen? „Das Kerngeschäft wird immer der stationäre Handel bleiben“, sagt Elsner. Den Online-Vertrieb gehe man nun aber auch verstärkt an.
Die Investorensuche ist derweil in vollem Gange. Elsner: „Die Verhandlungen laufen mit mehreren Adressen.“ Die Familie sei auch künftig bereit, Gesellschafter zu bleiben, brauche aber einen Partner. „Deshalb die Investorensuche.“ Der Prozess sei breit angelegt. Ein Investor aus der Branche komme ebenso in Frage wie ein Finanzinvestor. Ziel sei es, in den drei Monaten des Schutzschirmverfahrens einen Investor zu finden. „Das ist aber kein harter Termin“, sagt Elsner dem Kurier. Auch danach, bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, könne die Investorensuche weitergehen.
Mit Erleichterung reagierte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, wonach die Wöhr-Filiale in Bayreuth nicht von den aktuellen Schließungsplänen des Unternehmens betroffen ist. "Das sind sehr gute Nachrichten", sagte sie. Das Wöhrl-Haus sei ein wichtiger Bestandteil des Bayreuther Einzelhandels und einer der Einkaufsmagneten der Innenstadt.
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