Wo liegt das schönste Dorf im Bezirk?

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14 Dörfer wollen in diesem Jahr Gold holen. Darunter sind Harsdorf im Landkreis Kulmbach und Birk und Heßlach im Landkreis Bayreuth. Zehn Juroren entscheiden, wer als Bezirkssieger am Landesentscheid teilnimmt.

 
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„Eine der größten Bürgerinitiativen im ländlichen Raum“ – so nennt das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft – unser Dorf soll schöner werden“. Das in Kitzingen angesiedelte nordbayerische Gartenbauzentrum organisiert den Bezirksentscheid und führt die Bewertungskommission durch die Dörfer.

Kommission reist durchs Land

In Harsdorf, Kreissieger 2016, trifft sich der Tross am Festplatz. Es ist der vorletzte Tag der Rundreise, die am 10. Juli in Bamberg begann. Am Dienstag fällt die Jury die Entscheidung, wer sich Bezirkssieger 2017 nennen darf. Eine Fülle an Informationen prasselt auf die Juroren ein. Die Seiten unter den blauen Klemmbrettern sind dicht beschrieben. In den Taschen stecken Ortsporträts als Gedankenstütze.

Einmal quer durchs Dorf

2700 Meter wird Bürgermeister Günther Hübner mit dem Besuch in der stechenden Sommersonne abschreiten. Kirche, Malzfabrik, Gesundheitsbahnhof. Naturkräuterschmiede, Kindertagesstätte, Gemeindezentrum. Landrat Klaus Peter Söllner marschiert mit, lobt die „außergewöhnliche Entwicklung“, die der 775 Einwohner zählende Ort genommen habe. Die Vereinsstruktur sei intakt, Privatinitiative vorhanden. Die Vereine von der Feuerwehr bis zum „Bergvolk“ und dem Obst- und Gartenbauverein haben Vertreter geschickt, die den Juroren Fragen beantworten.

Lebendige Dorfkultur

Die wollen sehen, wie sich die Dörfer wirtschaftlich entwickeln, ob es soziales und kulturelles Engagement gibt, wie die Bauten gestaltet sind, wie viel Grün noch da ist und wie sich Dorf in die umgebende Landschaft einfügt. „Bürgerschaftliches Engagement und eine zukunftsweisende Entwicklung zählen am meisten“, sagt Organisator Nikolai Kendzia. Wie sehen die Ortskerne aus? Wie wird mit der Natur umgegangen? „Ein Dorf kann von Hecken und Streuobstwiesen eingerahmt werden oder von Neubaugebieten, Gewerbe und Tankstellen."

Zwei Stationen im Kreis Bayreuth

Birk ist am Montagvormittag auf „Herz und Nieren geprüft worden“, wie der Bayreuther Landrat Hermann Hübner sagt. „Unsere Dörfer zeigen, dass es hier noch Leben gibt und sie nicht aussterben.“ In Birk, das zur Gemeinde Emtmannsberg gehört, steht die Kirche seit jeher im Mittelpunkt. Und Heßlach wäre nichts das, was es ist, ohne die Dorfgemeinschaft. Der einzige Verein hat mehr Mitglieder (über 100) als das Dorf Einwohner (83).

Grün bis zum Straßenrand

Vorsitzender ist seit 22 Jahren Werner Bock. „Das Gemeinschaftshaus haben wir größtenteils aus Eigenmitteln finanziert“, sagt er stolz und stellt die Besonderheiten wie die örtliche Wassergenossenschaft und den selbst bewirtschafteten „Rechtlerwald“ vor. Jungen und Mädchen der „Wilden Kerle“ laufen mit, vom Spielplatz bis zum Dorfbrunnen. Vorbei an renovierten Bauernhäusern, vor denen Stauden wachsen und Stockrosen stehen. Das Grün reicht bis zum Straßenrand. „So muss es sein“, findet Nikolai Kendzia. „Das wirkt vielleicht auf den ersten Blick unordentlich. Für mich ist das Zeichen von Lebendigkeit. Eben typisch Dorf.“

 

Das sind die Eindrücke der Jury:

 

Ulrich Wirz, Bezirksheimatpfleger:

„Man spürt sehr deutlich, dass die Dörfer gelernt haben, sich auf ihre regionale Identität zu besinnen. Mir ist wichtig, dass ein Ort erkennen lässt, dass er ein Bewusstsein für Geschichte besitzt, ob etwas Bleibendes und Nachhaltiges geschaffen wurde. Selbst in den kleinsten Ortschaften findet man in Oberfranken Gesangvereine und Musikanten. Harsdorf hat ja eine sehr gute Laienspielgruppe, und so hat eben jeder Ort seine Stärken.“

 

Christiane Schilling, Architektin, Amt für Ländliche Entwicklung Oberfranken:

„Ich interessiere mich dafür, wie sich ein Dorf städtebaulich entwickelt. Wie gehen alte und neue Siedlungsgebiete ineinander über? Was ist an historischer Bausubstanz vorhanden? Welche Baumaterialien wurden verwenden? Ich sehe mir immer die Fenster genau an, sie sind die ,Augen’ der Häuser. Je typischer alles ist, desto schöner ist der Gesamteindruck. Und dafür wollen wir die Leute sensibilisieren.“

 

Günter Reif, stellvertretender Bezirksvorsitzender Gartenbau und Landespflege aus Kulmbach:

„Ich schaue, ob es noch große, alte Bäume gibt oder ob Bäume nachgepflanzt werden. In Harsdorf findet man eine große Vielfalt an Bäumen – Ahorn, Linden, Kastanien, Eichen und Nussbäume. Ist die Liebe zu Blumen und Grünpflanzen zu erkennen? Herrscht eine Wohlfühlatmosphäre, weil alles grünt und blüht? Was nicht geht, sind Nadelhölzer, die gehören in den Wald, und Tujas, die gehören auf den Friedhof.“

 

Beate Opel, Kulmbacher Kreisbäuerin, stellvertretende Bezirksbäuerin:

„Oft sind es die Landfrauen, die die Dörfer lebendig halten. In einem kleinen Dorf kann genauso viel Engagement herrschen wie in einer großen Gemeinde. Dass mehrere Generationen unter einem Dach wohnen, haben wir seit Jahrhunderten in der Landwirtschaft vorgelebt. In privaten Unterhaltungen ist sehr schnell zu spüren, mit wie viel Herzblut die Menschen dabei sind und sich selbstverständlich für andere einsetzen.“

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