Wirtschaftsweiser: "20 Milliarden sparen wir locker“ Peter Bofinger zu Gast in Neudrossenfeld

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Die Wirtschaft, Europa, der Euro: Wo geht die Reise hin? In Schloss Neudrossenfeld ging der Wirtschaftsweise Prof. Peter Bofinger vor 50 Unternehmern auf Spurensuche.

 
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Ein „elitäres und familiäres Treffen“ soll es sein, sagte Franz Brosch, Bezirksgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die den Würzburger VWL-Professor zu ihrem 7. Arbeitgeberforum nach Oberfranken geholt hat. Was, die laden so einen ein, möge da mancher gedacht haben, meinte Brosch. Denn Bofinger, das ist „einer von der Gewerkschaft“. Der Dienstälteste der Fünf Weisen kam 2004 per Gewerkschaftsticket in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Leistung.

Eine Steilvorlage für Bofinger, der, so Bofinger über Bofinger, 1976 Wahlkampf für die FDP machte („das war die sozialliberale FDP“) und 1997, als er sich für den Euro starkmachte, sogar Helmut Kohl begeisterte. „Der hat bei mir angerufen und mich eingeladen. Einen ganzen Vormittag saß ich neben Helmut Kohl.“ Irgendwann, so Bofinger weiter, seien dann die Gewerkschaften in seine Nähe gekommen. „Das spricht nicht gegen mich, sondern für die Gewerkschaften.“

Die Wirtschaft läuft gut, und das wird zunächst so bleiben, sagt Bofinger. Zwei Prozent Wachstum im nächsten Jahr seien drin. Die öffentlichen Finanzen stünden prächtig da. Auch wegen der extrem niedrigen Zinsen, die den mit zwei Billionen Euro verschuldeten Staat massiv entlasten. „20 Milliarden im Jahr sparen wir locker.“ Der Mindestlohn habe sich nicht negativ auf die Beschäftigung ausgewirkt. Zwar gebe es nun 200 000 Minijobs weniger. Aber es sei ja auch kein wirtschaftspolitisches Ziel, möglichst viele Minijobs zu haben. Die Realeinkommen steigen, der Einzelhandel habe kraftvolle Zuwachsraten. Bofinger: „Der Konsum ist der Wachstumsmotor in Deutschland.“

Das Problem der Prognosen

Vorhersagen über Euro und Konjunktur bis 2020 hält Bofinger für kaum möglich. „Es ist ja schon schwierig, die nächsten zwölf Monate vorauszusagen.“ Denn man lebe in einer Welt, in der ständig Schocks kämen, mit denen man nicht rechne. Besser sei es, in Szenarien zu denken. Die deutsche Wirtschaft habe stabile Grundstrukturen. Viele kleine und mittlere Unternehmen, nicht kapitalmarktabhängig. „Die müssen nicht vor irgendeinem 25-jährigen Analysten ein Feuerwerk aufbauen.“

Zehn Milliarden für Flüchtlinge

Mit sechs Milliarden in diesem und zehn Milliarden Aufwand für Flüchtlinge im nächsten Jahr rechnet Bofinger. „Bei 20 Milliarden Überschuss kann man das gut verkraften.“ Er erinnerte daran, dass Deutschland zwischen 1988 und 1996 rund 2,3 Millionen Aussiedler aufgenommen habe. „Zwei Drittel konnten kein Deutsch.“

EZB-Chef Mario Draghi macht aus Bofingers Sicht eine „erstklassige Politik“. „Wir müssen ihm dankbar sein.“ Mit den Anleihe-Aufkäufen sei der Euro billiger geworden und treibe die Wirtschaft an.

Den Unternehmern riet Bofinger, nicht auf Cash-Bergen sitzen zu bleiben, sondern zu investieren. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“