Windräder werden zu Eisschleudern

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Wenn Schnee auf Rotorblättern von Windrädern gefriert, kann das gefährliche Folgen haben. Herabfallende Eisbrocken sind im Winter für Spaziergänger, Wanderer und Landwirte eine Gefahr. Bei den Windparks in Zultenberg und Seubersdorf warnen jetzt Schilder vor dem Eis.

 
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Klaus Amschler, Kasendorfer Gemeinderat, ist zufrieden. „Die Schilder sollen vor allem ein Hinweis für die Fußgänger sein“, sagt Amschler, der von ersten Problemen mit Eiswurf im Jahr 2014 weiß. Ausgerechnet als das Landratsamt in Kulmbach als Bau- und Genehmigungsbehörde die Windräder bei Zultenberg im Kasendorfer Ortsteil Azendorf abnehmen wollte, habe sich das Problem offenbart. Daraufhin habe der Bauherr Windpark Deutschland (WPD) nachbessern müssen.

Landratsamt forderte ein Eiswurfgutachten

Vier Windräder stehen auf Kulmbacher Kreisgebiet. Für die drei bei Seubersdorf sind der Landkreis Lichtenfels beziehungsweise die Stadt Weismain zuständig. Der Umweltschutzbeauftragte der Kulmbacher Kreisbehörde, Klaus-Dieter Vießmann, bestätigt: „Wir haben ein Eiswurfgutachten erstellen lassen. Die Windräder sind dann mit einer Abschaltautomatik ausgestattet worden.“ Selbst wenn das Windrad ruhe, könne noch Schnee von den Rotorblättern tropfen. Am gefährlichsten seien gefrorene Brocken, die ein sich drehendes Windrad verliere. „Ihre Streubreite ist enorm hoch“, erklärt Vießmann.

Hohe Fallgeschwindigkeit und Abwurfweite

Untersuchungen zeigten, dass zum Beispiel ein herabfallender Eisbrocken aus 100 Metern Höhe eine Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern erreichen kann. Auch der Durchmesser des Rotors spielt eine Rolle. Dreht sich das Rotorblatt, kann die Geschossgeschwindigkeit mehrere Hundert Stundenkilometer betragen. Von der Geschwindigkeit der Rotorblattspitzen und der Umdrehungszahl des Rotors hängt es ebenso ab, wie weit so ein Eisbrocken fliegt.

WPD, Betreiber der Windkraftanlagen bei Kasendorf und Weismain, räumt auf Anfrage die prinzipielle Gefahr des Eiswurfs ein. „Mit Beginn der Frostperiode besteht im Umkreis der Windkraftanlagen die Möglichkeit von herabfallenden Eisstücken. Bei entsprechender Witterung kann sich in der Höhe Eis bilden, das sich an den Anlagen absetzt“, teilt Sprecherin Wiebke Schröder mit. Die Windkraftanlagen seien mit einer Sensorik ausgestattet, die einen Eisansatz erkenne. Werde Eis festgestellt, schalte sich das Windrad entsprechend ab. Ähnlich anderen hohen Bauwerken wie Freileitungsmasten und Kirchendächern, falle das angesetzte Eis im Umkreis des Bauwerks zu Boden.

Gefahrenzone im Umkreis von 200 Metern meiden

Der konkrete Gefahrenbereich sei auf einen Umkreis von zirka 200 Metern vom Anlagenmittelpunkt beschränkt, so Schröder. „Der Aufenthalt in der Nähe der Anlagen bei Frost sollte möglichst vermieden werden.“ Dies gelte ebenso bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt, da die Temperatur an der Spitze der Windkraftanlagen deutlich niedriger sei als am Boden.

Nach Ansicht Vießmanns müssten sich Mitarbeiter des Betreibers nach dem Abschalten davon überzeugen, ob das Eis tatsächlich weg ist, bevor die Windkraftanlage wieder angeschaltet wird. Ob und wenn ja wie häufig das kontrolliert werde, konnte die WPD-Sprecherin nicht sagen.

Genehmigungsfähigkeit ausgeschöpft

Nach dem Regionalplan Oberfranken-Ost und der Zehn-H-Regel sind höchstens 30 Windräder im Endausbau im Landkreis Kulmbach zulässig. „Mehr können nicht kommen“, sagt Vießmann. Bei Thurnau seien zehn Windräder geplant, eines bei Rugendorf. Wirsberg habe drei, Marktschorgast zwei Windräder. Weitere könnten bei Schimmendorf und Grafendobrach entstehen.

Weitverbreitete Problematik

Auch im Landkreis Bayreuth führte die Eis-Problematik zu besorgten Anfragen von Bürgern bei den Kommunen. So schritt die Stadt Pegnitz im Vorjahres-Winter ein und stoppte als Betreiber die Windräder bei Büchenbach. Im Lindenhardter Forst, der zur Stadt Creußen gehört, mussten vor einem Jahr wegen Eiswurf-Gefahr die Wege am Windpark gesperrt werden. Die Anlagen baut die Firma Ostwind.

Klaus Amschler ist jedenfalls froh, dass im Winter die Landwirtschaft größtenteils ruht und bleibt gelassen: „Ganz schützen wird man sich wohl nicht können.“

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