Wettkampf der Panzermänner

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Welches Land stellt das beste Panzerteam? Diese militärische Frage wird derzeit auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr entschieden. Sechs Teileinheiten aus Nato-Staaten und Partnerländern messen sich in Disziplinen wie Angriff und Verteidigung. Oder wer einen Panzer am besten rückwärts einparkt.

 
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Die Hälfte seines Lebens, so weiß der Mensch im Waffenrock, wartet der Soldat vergebens. Was im Zweifelsfall besser ist, als in irgendwelche Kampfhandlungen verwickelt zu werden. Und so konnten sich die Beobachter des Panzerwettkampfs Strong Europa Tank Challenge auf der Schießbahn 117 des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr darin üben, was es heißt: Bitte warten. Warten, bis die französische Panzereinheit ein defektes Fahrzeug repariert hat. Entgegen der Anweisung, dann eben mit drei statt vier Tanks anzutreten. Zur Angriffsübung.

Der Feind 
ist virtuell

Doch der Ehrgeiz ist stärker, und der Feind kann auch warten. Schließlich ist er virtuell. Doch endlich: Die Motoren heulen auf, die vier Kampfmaschinen donnern über die Schießbahn, aus den Lautsprechern quäken deutsch gefärbte englischsprachige Anweisungen der Aufklärung, vermischt mit Kommandos in frankophonem Englisch der Panzerbesatzungen.

Nach vorne preschen, feuern. Stopp. Mist, ein Minengürtel. Schnell zurück, die Lage neu bewerten, das Hindernis umfahren. Wieder Attacke. Doch da: Blitze und Rauchwolken – feindliches Artilleriefeuer! Ab in Sicherheit. Mit Maximaltempo 72 donnern die Leclerc-Panzer zurück. Neue Daten von der Aufklärungsdrohne über dem Schlachtfeld. Auf zum finalen Angriff, nach vorne. Bumm, bumm, bumm. Feind erfolgreich bekämpft. Wäre ja noch schöner.

Drei Sterne,
 zwei Augen

Zum zweiten Mal findet derzeit der einwöchige Panzerwettbewerb in Grafenwöhr statt, mit Teilnehmern aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Polen, der Ukraine und – natürlich – den Vereinigten Staaten. Die verschiedenen Panzerzüge, ein Team aus vier Kampfpanzern, messen ihr Können in einsatznahen Szenarien. Dazu gehört nicht nur Verteidigung oder Angriff auf der Schießbahn, sondern unter anderem auch die Identifikation von Fahrzeugen sowie Schadensbehebung oder anspruchsvolle Fahrmanöver. Oder die Rettung von Verletzten, Pistolenschießen oder eine Art Panzer-Staffellauf.

Und das vor den Augen höchster militärischer Dienstgrade. Kein geringerer als Frederick Ben Hodges goutierte das Spektakel, der Oberkommandierende der US-Landstreitkräfte für das Gebiet von Europa und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion einschließlich Russlands. So einen amerikanischen Dreisternegeneral trifft man nicht jeden Tag; groß war daher der Pulk um den obersten Militär. Es sei kein Wettbewerb der Rüstungsindustrie, sagte Hodges den Medienvertretern in die iPhones; es gehe bei dem Wettbewerb darum, die beste Panzermannschaft zu bestimmen und nicht den besten Panzertyp. Die US-Armee sei auf Alliierte und Partner angewiesen und müsse gemeinsam mit ihnen trainieren, um die Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Denn letztendlich sei das Militär dazu da, um die Menschen zu schützen. So der Dreisternegeneral.

Ehrgeiz angestachelt

Der Wettkampf stachle auch den Ehrgeiz der Soldaten an. Die Teams wollen gewinnen; die Österreicher beispielsweise hätten sich monatelang darauf vorbereitet. Und: Wann hätten US-Soldaten sonst schon mal Gelegenheit, mit Soldaten aus der Ukraine ins Gespräch zu kommen?

Apropos Ukraine: Auch der Zug aus Putins Nachbarland musste lernen, was es heißt, bereit zu sein – und nichts passiert. Eine geschlagene Stunde lang kochten die voll aufgerödelten Soldaten in ihren Kampfmaschinen in der glühenden Mittagssonne auf der Schießbahn auf der anderen Seite des Truppenübungsplatzes, bis sie endlich loslegen konnten. Ein ukrainischer General musste erst sein Mittagessen beenden, wurde kolportiert.

Ein Parkplatz 
aus Gummihütchen

Sei’s drum. Aufgabe der Männer in den T-64-Panzern: den 38-Tonner möglichst geschickt um Hindernisse zu manövrieren, rückwärts wie vorwärts, sich durch einen Slalomparcours zu wühlen. Und rückwärts in eine Parklücke zu rangieren. Ein Parkplatz aus Gummihütchen. Falls doch was schiefgeht. Und – ein Zuckerl für die Panzermänner: Zum Schluss darf noch ein Schrottauto platt gewalzt werden. In voller Fahrt. Da kann der Kampfwagen noch einmal zeigen, wo der Hammer hängt. Wäre ja noch schöner.

US-Armee und Bundeswehr veranstalten noch bis Freitag zum zweiten Mal nach 2016 den Wettbewerb Strong European Tank Challenge (Panzerwettkampf Starkes Europa). Insgesamt hat der Wettbewerb zwölf Disziplinen. Bei den Angriffs- und Verteidigungsoperationen kann man maximal je 500 Punkte herausholen, bei den restlichen Disziplinen wie Fahrzeugerkennung oder Pistolenschießen je 50 Punkte. Maximal 1500 Punkte sind so zu erreichen.

Die Sieger des vergangenes Jahres, der dritte Zug der dritten Kompanie des Gebirgspanzerbataillons 8, der in Friedenszeiten dem Panzerbataillon 104 in Pfreimd (Kreis Schwandorf) unterstellt ist, sind nicht dabei. Die Bundeswehr hat ein Team aus Nordrhein-Westfalen abgeordnet: den Alpha-Zug der 2. Kompanie des Panzerbataillons 203 aus Augustdorf. Der Verband gehört zur Panzerbrigade 21, die der 1. Panzerdivision unterstellt ist.

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