Welterbe: Da kommt sonst keiner hin

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Das Weltkulturerbe Markgräfliches Opernhaus hat zwei Gesichter. Zwei, die sich dramatisch unterscheiden. Und das Haus funktioniert nur deshalb, weil sich die beiden Seiten, die so augenscheinlich aus zwei Welten kommen, perfekt ergänzen. Bei den Residenztagen hatten die Besucher fast zwei Wochen lang die Möglichkeit, das Herz des Opernhauses - das hölzerne Logenhaus - zum ersten Mal nach der sechsjährigen Restaurierung zu erleben. Und sie konnten den Organen des Hauses auf den Nerv fühlen. Nächste Chance? Nächstes Jahr.

 
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Erklärt von denen, die jeden Winkel in dem weltberühmten Haus kennen: Architekten, Restauratoren, die Verantwortlichen aus der Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung, die Planer aus dem Staatlichen Bauamt, Techniker - oder Kastellan Uwe Wittke. Das Thema seiner Führung schreckt erst mal ab: Zutritt verboten. Aber: Diese Führung öffnet Türen, die sonst zu bleiben. Und Wittke hat Geschichten einstecken, die verstehen helfen, wie das Opernhaus tickt. Wie es funktioniert. Wie Geschichte und Gegenwart ein Team bilden.

Gigantisch: die Bühne und die Technik

Die Gegenwart, beziehungsweise die Zukunft, empfängt die Besucher auf der Bühne. "Gigantisch", sagen die Teilnehmer der Führung. Vor allem wegen des Bühnenbildes, das von vorne wie ein fast endlos tiefer Raum erscheint. Und von der Seite die perfekte optische Täuschung offenbart, erzeugt durch flache Stoff-Sofitten. "Zumindest die Hälfte der Züge, die wir hier jetzt auf der Bühne haben, sind Maschinenzüge. Eine Forderung der Theater, die zu Gastspielen kommen", sagt Wittke. "Das alte Opernhaus hatte ausschließlich Handkonterzüge."

18 Meter hoch, dann kommt der Schnürboden

Damit hat Uwe Wittke den Blick seiner Führungsteilnehmer schon nach oben gelenkt. "Eineinhalb Jahre hat es gedauert, den Dachstuhl zu sanieren. Man musste ihn anheben, weil er sich stark gesenkt hatte, die Balken hingen teilweise durch", sagt Wittke. "Der Schnürboden hat jetzt eine eigene Stahlkonstruktion, weil man die Last weghaben wollte, die vorher noch am Dachstuhl war." 18 Meter sind es bsi hoch zum Schnürboden vom Bühnenboden aus. "Oben drüber sind es noch einmal zwölf Meter bis zum Dachfirst." Aktuell, sagt Wittke, müsse man die neuen Hanfseile der Maschinerie immer wieder nachspannen, "die werden mit der Zeit länger und dünner". Außerdem - ebenso eine Sache, die sich noch einspielen müsse - habe die erste Testphase gezeigt, dass der eine oder andere Zug noch quietsche. Was dann wirklich wie ein einfahrender Zug im Bahnhof klingt.

1000 Liter Diesel fürs Notstromaggregat

Hochmoderne Technik findet sich nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Keller des Opernhauses. Ein Notstromaggregat, für dessen Betrieb 1000 Liter Diesel gebunkert sind, sorgt für den Strom, wenn er denn mal ausfallen sollte, um die Sprinkleranlage für die Bühne zu steuern und die "Sprühnebel-Anlage im Dachstuhl überm Logenhaus, die sich durch eine hohe Löschwirkung auszeichnet", sagt Wittke.

Klima ist wichtig

Noch eine Etage tiefer: Die Heizungs- und Klimazentrale. "Wir müssen", sagt Wittke auf Nachfragen seiner Begleiter auf dem Weg hinter die Kulissen, "eine Luftfeuchtigkeit von 50 bis 55 Prozent im Logenhaus haben. Im Museumsbetrieb haben wir eine Temperatur von 18 Grad, bei Veranstaltungen erhöhen wir auf 22 Grad, damit das Sitzen etwas angenehmer ist". Ein Wärmetauscher-System, verlegt im benachbarten Mühlbach, helfe mit, die Temperatur konstant zu halten. "Kurios ist, dass sich die Fische dort gerne aufhalten. Die lieben das." Eben, weil da auch im Winter das Wasser etwas wärmer ist als an anderen Stellen im Bach. Um den Luftaustausch zu gewährleisten, quelle die Luft unter den Sitzen im Logenhaus aus den Öffnungen, oben werde sie abgesaugt - "und immer wieder Frischluft zugeführt", sagt der Kastellan.

Als das Wasser gekocht hat: Das Drama des Wasserschadens

Was die Führungsteilnehmer tatsächlich schockiert: Wittkes detailreiche Schilderung des Wasserschadens während der Restaurierungsarbeiten, der nahezu die komplette Technik im Keller zu Schrott machte. "Rund eine Million Liter Wasser ist hier reingelaufen." Die Stadtwerke, sagt Wittke, hätten schon gemerkt, dass einer ihrer Hochbehälter sich leerte. Man sei dem auch nachgegangen, habe aber beim Wettlauf gegen die Zeit in der Innenstadt erst mal nichts gefunden an diesem Abend im November 2014. "Das Wasser muss gekocht haben, bis dann die Sicherung rausgeflogen ist."

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