Prof. Dieter Hausmann, Chef der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, gehörte der Expertengruppe an. Er hat ein Zusatzprotokoll zu dem Kommissionsergebnis erarbeitet. Sein Votum findet sich im Kommissionsbericht nicht. Weil er es nach Abschluss der Kommissionsarbeit im Februar vorgelegt habe. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden der Klinikum Bayreuth GmbH, Landrat Hermann Hübner, steht gleichwohl fest: An der Grundaussage, das Klinikum habe nicht wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Patienten gestellt, ändere das nichts. Das sähen alle Kommissionsmitglieder so. Auch Hausmann.
Man kann Hausmanns Papier allerdings auch ganz anders verstehen. Beatmungszeiten ließen sich auch verlängern, wenn man die Notwendigkeiten und Kriterien laxer auslegt. Die Beatmungszeiten zweier Intensivstationen im Klinikum seien weit auseinander gelegen. Der damalige Geschäftsführer Roland Ranftl habe vor allem den Leiter der Station mit weniger Beatmung aufgefordert, die Belegung hoch zu halten. Das geht mit künstlicher Beatmung. Und Hausmann sagt: Bayreuther Intensivmediziner sind bei der Prüfung der Einzelfälle zu ganz anderen Ergebnissen gekommen als ihre Erlanger Kollegen. Sie sehen zumindest bei vier Patienten verlängerte Beatmungszeiten als nachgewiesen an.
Bevor der Kommissionsbericht gestern im Klinikum bei einer Pressekonferenz vorgestellt wurde, tagte der Aufsichtsrat. Vier Stunden lang. Hausmann hätte dort Rede und Antwort gestanden. Das aber wollte der Aufsichtsrat nicht. Zu lesen, was er schreibt, genüge. Dasselbe gilt auch für Prof. Martin Höher. Auch er hätte Stellung genommen. Auch ihn lud das Kontrollgremium nicht.
Für Höher ist die Sache gut ausgegangen. Er war als Leiter der umstrittenen Intensivstation suspendiert worden. Gestern gab ihm der Aufsichtsrat dieses Aufgabe wieder. Am Klinikum spekuliert man nun, ob das schon eine Vorentscheidung war. Denn Höher steht auch im Zentrum eines weiteren Vorwurfs, an dessen Aufarbeitung eine Expertengruppe gerade noch arbeitet. An der Frage, ob Patienten künstliche Herzklappen per Schlüssellochoperation eingesetzt wurden. Obwohl das medizinisch nicht notwendig gewesen wäre. Sollte diese Kommission Fehler aufdecken, wäre das Klinikum blamiert.
Der Bericht der Beatmungskommission soll veröffentlicht werden, sagt Aufsichtsratschef Hermann Hübner. Das war bei der ersten Kommission, die Vorgänge in der Geburtshilfe bewertet hatte, noch anders. Obwohl Hübner maximale Transparenz versprochen hatte. Doch allzu viel wird die Öffentlichkeit auch diesmal nicht zu lesen bekommen. Eineinhalb Seiten Kommissionsbericht. Zwei Seiten Empfehlungen , was zu verbessern ist. Punkt 1 dieser Liste: „Die Versorgung der Station mit einem Oberarzt/Facharzt sollte im Früh- und Spätdienst sichergestellt werden.“ Das heißt konkret: In der Vergangenheit war das anders. In der Vergangenheit waren Pflegekräfte auf der Intensivstation 28 mitunter auf sich allein gestellt. Experten sprechen von einem Organisationsverschulden. Auf anderen Intensivstationen im Klinikum gibt es dieses Defizit nach Kurier-Informationen nicht.
Kommentar
Vertrauen wäre gut
Von Frank Schmälzle
Das Klinikum ist ein tolles Krankenhaus. Wenn ich müsste, ich würde mich sofort dort in Behandlung begeben. Weil die allermeisten Pflegekräfte und Ärzte einen großartigen Job machen. Das vorneweg. Das Problem sind nicht die Mitarbeiter in Pflege oder Verwaltung und auch nicht die überwiegende Mehrzahl der Ärzte. Das Problem ist der Aufsichtsrat, genauer: sein Vorsitzender. Mit der Art, wie Landrat Herman Hübner in dem Kontrollgremium die Aufarbeitung der Vorwürfe gegen das Krankenhaus betreibt, tut er dem schwer angeschlagenen Klinikum keinen Gefallen. Im Gegenteil. Er versprach schnelle Aufklärung und musste gestern erklären: „Wir haben das unterschätzt.“ Er versprach Transparenz – und veröffentlichte die Kommissionsberichte entweder gar nicht oder nur in Minimalversion. Er ließ Begleiterscheinungen zu, die Zweifel aufkommen lassen. Wie bei der Besetzung des Vorsitzes der Beatmungskommission. Er redet Meinungsverschiedenheiten klein, lässt kritische Aussagen außen vor. Er scheint froh, wenn bei den Prüfungen möglichst wenig herauskommt. Das Wichtigste, was das Klinikum braucht, ist Vertrauen. Vertrauen, das Mitarbeiter und Ärzte verdient haben. Der Aufsichtsrat-Chef trägt nicht dazu bei.