Seit Jahren steht ein Satz wie gemeißelt im Raum, wenn es um das Geständnis von Ulvi Kulac (36) ging. „Wenn du nicht gestehst, bin ich nicht mehr dein Freund.“ Gefallen sein soll der Satz am 2. Juli 2002, jenem Sommertag, als Ulvi gestand, Peggy ermordet zu haben. Ausgesprochen hat ihn – angeblich – Walter H., Polizist aus Lichtenberg und ein Bekannter des Angeklagten. „Sowas hab ich nicht gesagt“, sagte H. vor Gericht. „Überlegen Sie es sich nochmal gut, ob Sie sicher sind, das nicht gesagt zu haben.“

„Da bin ich mir sehr sicher. Das ist nicht im meinem Sprachschatz drin.“ Mit dem Wort „Freund“ gehe er sparsam um. Auch H.s Kollege Rainer Gröger (51) von der Soko II, der an diesem Tag bei den Vernehmungen dabei war, hat vor Gericht bestätigt: „Ich habe diesen Satz nicht gehört.“

Doch Ulvis Rechtsanwalt Euler, der zeigen will, dass es bei den Vernehmungen zu „Druck“ auf seinen Mandanten gekommen sein soll, beißt sich fest. Ulvi habe diesen Satz sinngemäß später dreimal wiederholt: vor einem Mitglied der Soko, vor seinem Anwalt und vor dem Gutachter. „Das würde bedeuten, dass Ulvi sich das ausgedacht hat“, schmettert Euler. Und H., ganz ruhig: „Wie gesagt, mit dem Wort Freund geh ich sehr sorgfältig um.“ Und wenn er mit „dem Ulf“ per Du gewesen sei, und wenn er mit ihm ein Bier getrunken habe – der Satz sei so nicht gefallen.

Doch jener Tag, der 2. Juli, sitzt tief in H.s Gedächtnis. Noch heute erzählt er fast druckreif, wie das Geständnis von Ulvi ablief. Sein Kollege von der Soko, Rainer Gröger, und er haben morgens „den Ulf“ von der Klinik abgeholt und zur Vernehmung zur Polizei gebracht. Gröger habe ihn, wie jedes Mal, belehrt: Er müsse nichts sagen, er könne warten, bis der Rechtsanwalt da sein. Das sei jedes Mal in Anwesenheit von Klinikpersonal geschehen. Auf der kurzen Fahrt zur Polizei sei nichts gesprochen worden, sagte H.

Dann sprudelt es aus H. heraus. Im Vernehmungszimmer sei es schlicht zugegangen, im Nachbarzimmer standen die Tonbandgeräte, die immer abgebaut werden mussten. Die Vernehmung ist kurz vor 11 Uhr zuende.

„Ich war bei keiner Vernehmung in den Direktionsräumen dabei gewesen“, sagt H., der kein Mitglied der Soko war, nur sporadisch war er als „Transporteur“ von Ulvi war er eingesetzt. „Der Ulf saß hinten rechts, ich saß hinten links.“

Nach der Vernehmung wollte er „den Ulf“ zum Auto bringen. Da habe er gefragt. „Hast du auch die Wahrheit gesagt?“ Ulvi sei stehengelbeiben, habe den Kopf schiefgelegt, angefangen zu lächeln. „Nein, ich habe nicht die Wahrheit gesagt.“

Und jetzt H. wörtlich, wie er es vor Gericht aussagte: Ich rufe: „Rainer, komm zurück. Da kommt jetzt noch was.“ Dann sind wir wieder rauf ins Vernehmungszimmer. Ulf und ich nehmen am Tisch wieder Platz. Gröger geht ins Nachbarzimmer, ließ die Tür auf, sodass er mithören konnte. „Ich hab die Peggy umgebracht“, sagte drinnen Ulvi. „Ich hab ihn reden lassen, denn wenn ich ihn unterbreche und irgendwas frage, dann würde das den Redefluss stoppen. Dann ist es aus.“

„Ulvi habe erzählt, dass er am Donnerstag vor der Tat die Peggy vergewaltigt habe. Und er wollte sich jetzt an dem Montag bei ihr entschuldigen, deshalb hat er am Montag auf sie gewartet. Sie kam zu Fuß von der Schule. Er wollte sich entschuldigen, die Peggy reißt aus, als sie ihn sah und rannte Richtung Park. Ulvi hat mehrere Male gerufen, ich will mich doch bei dir entschuldigen.“

„Dann sind sie in Stück gelaufen, 100 Meter, denke ich, sind das gewesen. Dann ist die Peggy gestolpert. Der Ulf hat sie dann aufgehoben. Peggy hat geschrien, ich verrate dich, ich will mit dir nichts mehr zu tun haben.“

„Dann hat die Peggy das Knie hochgezogen und ihn in seine Weichteile getreten. Ulvi lässt Peggy los und sie läuft schreiend weiter. „Ich verrate dich.“ Es war die Stelle schon unterhalb der Burgmauer. Der Ulf hatte Angst gehabt, dass er entdeckt wird, weil er Angst gehabt hat, dass er entdeckt wird, weil da oben die Mitarbeiter vom Sportverein waren.“

„Denn der Ulvi wusste, dass er das Verbot gehabt hatte, mit Kindern in den Wald zu gehen. Denn wenn die Eltern das rauskriegen, dann kriegt er Hausarrest. Wenn die es mitkriegen, bin ich der Angeschissene.“

„Die Peggy konnte sich losreißen, dann ist sie nochmal hingefallen, dann konnte er sie überholen. Dann hat er sie überholt, dann war er vor ihr. Dann hat die Peggy geschrien: „Ich verrate dich.“ Und dann hat der Ulvi, so wie er später gesagt hat, den Entschluss gefasst, jetzt bring ich sie um.“

Er habe sie geschlagen, geschubst, dann sei sie hingefallen, dann habe er ihr mit der Hand den Mund zugehalten. Die andere Hand dagegengehalten, dass sie sich mit dem Kopf nicht mehr bewegen konnte.

„Als er merkte, dass sie sich nicht mehr rührte, hat er sie losgelassen. Dann hat sie ihm leid getan. Er habe dann  versucht, eine Wiederbelebung durchzuführen, die erfolglos war. Dann hat er die Peggy genommen und hat sie heraufgeschleift an die Burgmauer, denn sie waren ja ziemlich nah. Dann hat er sie da abgelegt und mit Streu zugedeckt, oder eher mit Ästen, Streu ist falsch.“

In der Zwischenzeit seien die anderen Beamten wieder gekommen. Auch der Rechtsanwalt sei dazugekommen.

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