Valentino Worlitzsch ist Sieger bei Musikwettbewerb „Pacem in terris" Wie dieser Mann mit einem Cello 10.000 Euro gewinnt

Von Florian Zinnecker
Preisträger des diesjährigen Wettbewerbs Pacem in terris: Valentino Worlitzsch (1. Preis). Foto: Harbach Foto: red

Nach siebenjähriger Pause fand in Bayreuth wieder der Musikwettbewerb „Pacem in terris" statt. Erster Preisträger ist der gebürtige Hannoveraner Valentino Worlitzsch. Warum Worlitzsch fünf Stunden am Tag übt - und wie er mit dem Druck im Finale zurecht kam - ein Interview. 

 
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Herr Worlitzsch, herzlichen Glückwunsch! In der Finalrunde haben Sie das Cello-Konzert op. 129 von Robert Schumann gespielt – wissen Sie noch, was Ihnen vor dem ersten Ton durch den Kopf ging?

Valentino Worlitzsch: Ich habe versucht, mich darauf zu freuen, mit einem Profi-Orchester dieses Konzert spielen zu können – und möglichst nicht daran zu denken, dass das jetzt das Finale eines Wettbewerbs ist. Sonst ärgert man sich über jeden kleinsten Fehler und wird ängstlich.

Wie geht es Ihnen jetzt? Seit wann wissen Sie, dass Sie erster Preisträger sind?

Worlitzsch: Seit Samstagabend. Am Sonntag war die Anspannung nochmal groß – wegen des Preisträgerkonzerts, das vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten wurde. Die Entspannung kommt erst jetzt so langsam. Im Moment bin ich einfach wahnsinnig müde. Und glücklich.

Erzählen Sie mal: Wie lief der Wettbewerb für Sie ab?

Worlitzsch: Ich bin am Sonntagabend angekommen, habe ein bisschen außerhalb gewohnt, bei einer Gastfamilie in Bindlach. Am Montag war dann die erste Probe mit Pianistin, außerdem ein kurzer Saaltest. Dann hatte ich ein bisschen Luft, ich war erst am Mittwoch dran, als vorletzter Kandidat überhaupt. Dafür wurde es zum Ende der Woche hin immer knapper.

Wie knapp?

Worlitzsch: Die erste Runde war am Mittwochnachmittag, das Ergebnis gab's am Mittwochabend. Am Freitagmittag folgte der erste Teil der zweiten Runde, am Abend dann der zweite Teil, und am Samstag war schon das Finale. Da wurde der Stress immer größer – und die Übezeit wurde immer knapper. Ich weiß nicht, ob ich das laut sagen darf, aber für das Finalstück habe ich tatsächlich nur am Samstag üben können. Am Tag davor ging gar nichts mehr.

Kann man während eines laufenden Wettbewerbs überhaupt noch sinnvoll üben?

Worlitzsch: Ach, ich spiele gern immer alles noch mal langsam für mich durch. Ganz in Ruhe – wenn dafür Zeit ist. Wenn nicht, greife ich mir die Stellen raus, bei denen ich weiß: Die sollte ich unbedingt noch mal gespielt haben, bevor es ernst wird. Grundsätzlich ist natürlich das ganze Programm schon viel, viel länger vorbereitet, das ist ja klar.

Wie lange arbeiten Sie schon am Schumann-Cellokonzert?

Worlitzsch: Gute Frage. Ich habe dieses Konzert schon einmal vor fünf Jahren gespielt, dann noch einmal im vergangenen Jahr, und im Januar hab ich's noch mal in Kiel aufgeführt. Das wächst einfach über die Jahre. Wenn man es dann wieder rausholt, fühlt es sich schon ganz anders an – man ist viel weiter drin als vorher, man weiß schon, wie es im Ernstfall läuft.

Richtig intensiv geübt habe ich's jetzt wieder seit Dezember. Nach der Aufführung im Januar habe ich's dann wieder ruhen lassen und die Stücke für die erste und zweite Runde geübt. Das Programm ist ja auch einfach so groß, dass man nicht jeden Tag alles üben kann. Also, ich jedenfalls nicht (lacht).

Über wie viele Stunden üben am Tag sprechen wir da?

Worlitzsch: Äh, wird das jetzt abgedruckt? (lacht) Ich bin nicht gerade ein Viel-Über... Ich versuche, im Schnitt auf fünf Stunden am Tag zu kommen. Ich übe lieber konzentriert als viel, ich bin überzeugt, das bringt mehr. Wenn ich müde bin, lasse ich's lieber sein.

Hatten Sie im Laufe des Wettbewerbs mal das Gefühl: Das läuft, das könnte gut werden?

Worlitzsch: Das kam immer mal wieder, als ganz kurzes Gefühl. Aber trotzdem war ich nach jeder Runde unsicher, ob ich überhaupt weiterkomme. Man ist ja nicht nur abhängig von seinem Spiel, sondern auch von der Beurteilung der Jury. Ich glaube eher, wenn man sich vorher sicher ist, dann wird es sicher nichts.

Ich stand jetzt überhaupt zum ersten Mal im Finale eines großen Wettbewerbs, und war darüber schon sehr glücklich. Aber wenn man dann schon dort sitzt und spielt, möchte man natürlich den ersten Preis holen.

Was passiert im Schumann-Konzert musikalisch?

Worlitzsch: Der Schumann ist mein absolutes Lieblings-Cellokonzert. Ich liebe dieses Werk – es ist, wie unser Dirigent immer sagte, sehr stark inspiriert von Jean Paul und anderen großen Literaten. Immer wieder gibt es zwei Stimmen, die aufeinander antworten, es ist sehr differenziert, ganz leise und innig. Es ist eher kein Show-Stück, wenn ich das so sagen darf – aus Sicht des Publikums sind das Dvorak-Cellokonzert oder die Rokoko-Variationen von Tschaikowsky wirksamer. Der Schumann hat einen schönen schnellen Schlusssatz, der auch wieder ein bisschen Wirkung hat. Aber insgesamt ist es ein ganz intimes, fast kammermusikalisches Werk, melancholisch – und einfach traumhaft schön.

Wäre das Dvorak-Konzert für Sie auch in Frage gekommen?

Worlitzsch: Durchaus. Für das Finale standen ja drei Konzerte zur Wahl – Dvorak, Elgar und Schumann. Ich hatte vor ein paar Monaten die Anfrage, den Schumann mit einem Amateur-Orchester in Kiel zu spielen. Und da dachte ich, ich nutze das auch gleich. Das war natürlich perfekt für die Vorbereitung. Einen Monat später ein völlig anderes Konzert bei einem Wettbewerb zu spielen, wäre unklug gewesen.

Wie geht es jetzt weiter für Sie?

Worlitzsch: Ich setze mein Studium fort, ganz normal. Von heute auf morgen ändert sich gar nichts. Ich hoffe, dass auf diesen Wettbewerb vielleicht ein paar schöne Konzertanfragen folgen, das würde mich sehr freuen. Ansonsten arbeite ich einfach weiter, versuche, wieder bei Wettbewerben zu spielen. Ich übe einfach weiter (lacht).