Herr Graf, bei dem Titel „Zueignung“ denkt man unweigerlich an das gleichnamige Lied von Richard Strauss.
Wolfram Graf: Ja, ist es aber nicht. Ich habe ein bisschen gezögert, weil der Strauss-Titel so berühmt ist, aber ich fand es trotzdem fürs Stück passend. Deswegen habe ich ihn dann doch genommen.
Was war für Sie der Anlass, dieses Stück zu schreiben?
Graf: Ich habe das Stück im Sommer 2018 komponiert, da war Helmut Bieler schon so krank. Der Anlass war, dass ich ihm eine Freude machen wollte. Er hatte sich ja immer sehr gefreut, wenn ich komponierte. Nachdem es ihm damals so schlecht ging, hatte ich die Idee für dieses kleine Orchesterstück und dachte, das schreibe ich für ihn. Ich habe ihm das auch noch gesagt, aber er hat es nicht mehr wirklich aufgenommen. Damals hatte ich schon die Befürchtung, dass es ein „in Memoriam“-Stück werden könnte, was jetzt tatsächlich der Fall ist. Das war nicht so geplant, hat sich jetzt aber so ergeben. Deswegen ist es mir schon eine Freude, dass das kurz nach seinem Tod aufgeführt wird. Dass das jetzt im Programm ist, ist eine Schicksalsfügung. Deswegen passt der Titel doch sehr besonders. Es ist ihm in memoriam gewidmet.
Greifen Sie dabei einen Kompositionsstil von Bieler auf?
Graf: Gar nicht. Es ist eher ein romantisches Albumblatt. Es hat schon auch eine Dramatik, aber das Stück ist nicht modernistisch. Es ist eher etwas, was man einem Kranken geben kann, damit er Luft holen kann. So wie andere einen Blumenstrauß bringen, habe ich dieses Stück für ihn geschrieben. Das war die Idee. Deswegen ist es nicht exponiert modern. Das Werk beginnt mit einer zart pulsierenden Bassstimme, welche durch ruhige Melodiebögen ergänzt wird, so dass insgesamt ein eher kontemplativer Charakter entsteht. Ich freue mich, dass er das quasi unmittelbar nach dem Sterben noch gespielt bekommt.