9.45 Uhr: Ein Polizeibeamter fordert die Sitzenden mehrfach auf, den Eingang freizugeben. Flüchtlinge, die Termine bei der Behörde wahrnehmen wollen, werden reingelassen. Auch ein Mann mit einer Akte und einer Brotzeit in der Hand darf rein. Die Situation soll nicht eskalieren. Dann ist von Hausfriedensbruch die Rede. Auf dem Gehweg wartet auch Günther Hinterobermeier. Er ist Koordinator der Willkommensgruppen in St. Georgen. Seine Meinung: "Das ein nicht straffällig gewordener Flüchtling am Nikolaustag in ein Land abgeschoben wird, in dem ihm Lebensgefahr droht, ist nicht hinnehmbar." Dagegen erhebe er seine Stimmen. Die Ehrenamtlichen aus der Flüchtlingshilfe hofften, dass diese Botschaft die Politiker erreiche.
10.30 Uhr: Hinterm Haus spricht Urs Grüner mit den jungen Leuten. Gegenüber dem Kurier kann sie sich empören: "Das ist ja jenseits von Gut und Böse, wenn Asylbewerber abgeschoben werden, die sich nichts schulden kommen ließen." Die Flüchtlinge seien eine Bereicherung für Deutschland.
11 Uhr: Vor dem Haus frieren die Wartenden. Der Pfarrer Simon Froben von der evangelisch-reformierten Gemeinde sagt seine Meinung: "Afghanistan ist kein sicheres Land. Die Abschiebung dorthin ist ein Novum, das wir nicht akzeptieren wollen". Ein Christ könne da nicht wegschauen. Der Geistliche zitiert die Bibel, Matthäus 21,17. Vorbei laufende Passanten haben auf dem schmalen Gehweg andere Sorgen. "Muss das hier sein", schnauzt ein Mann. Ein anderer sagt, als er von der Abschiebung erfährt: "Endlich ein Straftäter weniger".
11.20 Uhr: Während sich vor dem Gebäude die Reihen lichten, hat der Rechtsanwalt Philipp Pruy den Verfassungsgerichtshof in München angerufen, um die Abschiebung abzuwenden. Anna Westermann berichtet, dass sich im Gebäude nichts tut. Der Polizeiwagen, der bis dahin die Fahrspur vor der Behörde zur Sicherheit der Protestierenden sperrte, fährt vor.
11.34 Uhr: Für die Wartenden unvermittelt öffnet sich die Eingangstür. Mehrere Beamte führen den gefasst wirkenden Salimi heraus. Der 26-Jährige schaut erstaunt in die wartende Gruppe. "Sie haben jetzt die Gelegenheit, sich von ihren Freunden zu verabschieden", heißt es. Es folgen Umarmungen dann fließen Tränen. Salimi steigt in den Polizeiwagen. Im gleichen Moment setzen sich einige der jungen Leute vor das Fahrzeug. Es gibt ein Gerangel. Dann geht es sehr schnell. Der Fahrer setzt den Polizeiwagen zurück, dreht mit Blaulicht auf dem Ring und fährt schnell davon. Die Kreuzung Wittelsbacherring/Bismarckstraße bleibt frei. Dort sperrt ein weiterer Polizeiwagen den Verkehr. Salimis Unterstützer schauen ratlos hinterher, eine Frau empört sich verzweifelt. Der Flug nach Kabul ist für 18 Uhr angesetzt.