Uni-Tagung: Was bringt Nudging? Der Stups zur gesunden Ernährung

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Wie lassen sich Menschen zu einem gesunden Lebensstil motivieren? Darüber diskutierten Ernährungswissenschaftler an der Uni Bayreuth. Foto: red Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Wie können Menschen dazu gebracht werden, sich gesundheitsbewusst zu verhalten? „Nudging“ heißt das Zauberwort dafür in Fachkreisen. Es bedeutet so viel wie „anstupsen“. Und war Gegenstand eines Wissenschaftssymposiums an der Universität Bayreuth, zu dem das Kompetenzzentrum für Ernährung am Dienstag eingeladen hat.

 
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Jeden Tag trifft ein Mensch in punkto Essen über 200 Entscheidungen. Mit der Methode des Anstupsens wollen Ernährungsexperten Menschen dazu bringen, ihr Verhalten auf einfache Weise zu ändern. Nicht mit Geboten oder Verboten, sondern möglichst spielerisch, sollen sie sich für die gesunde Alternative entscheiden.

Der Einfluss von Farben

So können zum Beispiel Licht und Farben einen Einfluss auf die Essensauswahl haben, wie der US-Wissenschaftler Dipayan Biswas in seinem Vortrag darlegte. In seinen Untersuchungen stellte der derzeitige Gastprofessor der Universität Bayreuth fest, dass das Einkaufsverhalten von Konsumenten stark von den Farben und Licht geprägt ist. In einer roten Umgebung sei die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Verbraucher eine ungesunde Wahl treffen würden. Dagegen wirkten Blau oder Weiß entspannend und beruhigend. Allerdings gelte dies nur vor einem bestimmten kulturellen Hintergrund, so der Wirtschaftsprofessor.

Belohnungen als Anreiz

Eine äußerst erfolgreiche Anwendung auf dem Smartphone entwickelte Andreas Souvaliotis. Er entwarf für die kanadische Regierung die App Carrot Rewards: Die Nutzer sammeln Punkte und werden Schritt für Schritt dazu gebracht, ihr Verhalten zu ändern. „Das ist viel effektiver als Werbung“, sagte der Gründer von Carrot Rewards in seinem Redebeitrag. Die Entwicklung führte zum weltweit ersten nationalen Gesundheitsprogramm, das ein Belohnungssystem enthält. „Jede Interaktion ergibt eine Belohnung“, sagte der Referent. „Die Leute machen mit, weil sie gerne spielen, nicht weil die Belohnung besonders hoch ist.“

Kanada spart damit viel Geld

Bereits die kleinste Erfolge der eine Million hohen Nutzer spare der kanadischen Regierung Gesundheitsausgaben in Milliardenhöhe. Auch Berlin und London hätten bereits Interesse an einem ähnlichen Programm geäußerte, sagte Souvaliotis. Dass ein Unternehmen so viele Daten über menschliches Verhalten sammelt, behagte nicht allen Zuhörern. Doch eine Weitergabe der Daten sei streng verboten, versicherte der App-Entwickler. „Unsere App ist freundlich, kostenlos und soll einfach Spaß machen. Sie ist einfach und die Anreize funktionieren.“

Was bringt eine Zuckersteuer?

Neben weiteren Praxisbeispielen wie dem Smart Moving-Projekt, an dem die Unis in Bayreuth und Regensburg mitwirken, beleuchteten Diskussionsrunden auch die kritischen Seiten des Nudging. Christine Röger, Moderatorin des Kompetenzzentrums, sagte auf Nachfrage: „Eine häufig angebrachte Kritik betraf unerwartete Nebenwirkungen von Maßnahmen, die sich auch in ungesunden Verhaltensweisen äußern können.“ Beispiel dafür sei die sehr stark diskutierte Zuckersteuer. Denn Zucker allein mache nicht übergewichtig. Vielmehr sei es die Energiedichte von zuckerhaltigen Lebensmitteln, die den stärksten Einfluss auf das Übergewicht und andere negative Gesundheitsfolgen habe.

Entspannte Herangehensweise

Um einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu fördern, so Röger, sei Nudging neben Ernährungsbildung, Info-Kampagnen und Verbesserung des Essensangebotes in Schulen, Kitas und Betrieben eine weitere Möglichkeit. Im Modellprojekt Smarter Lunchrooms mit der Hochschule Albstadt Sigmaringen wurde zum Beispiel versucht, gesüßte Getränke zu vermeiden oder das Salatbuffet attraktiver zu machen. Vollkornprodukte wurden mit Smileys versehen. „Auf der Treppe fanden die Gäste witzige Sprüche zu gesunder Ernährung“, schildert Röger. „Das ist ein sehr entspannte Herangehensweise an das häufig sehr moralisch belastete Thema, „Du musst dich doch gesund ernähren“ oder „Du solltest Dich mehr bewegen“. Damit haben wir die Wahlfreiheit nicht eingeschränkt, sondern nur kreative Ideen entwickelt, das Gesunde in den Mittelpunkt zu rücken.“

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