Tourismus „Eintrittsgeld für Kirchen in Ordnung“

Von Franziska Heim
Eine Menschenmenge steht vor der weltberühmten Thesentür der Schlosskirche zu Wittenberg. Nicht nur evangelische Christen sind an der Geschichte der Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen im Jahr 1517 in Wittenberg interessiert, sondern auch Touristen aus aller Welt. Foto: Endig/ZB/dpa Foto: red

BERLIN/WITTENBERG. Wer die Schlosskirche Wittenberg und das angrenzende Besucherzentrum als Tourist besuchen möchte, muss von diesem Monat an zwei Euro Eintritt bezahlen. Auch in anderen evangelischen Kirchengebäuden in Deutschland wie etwa dem Berliner Dom müssen Besucher für den Eintritt zahlen. Das stößt auch auf Kritik.

 
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Der Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, hält eine moderate Erhaltungsgebühr für Kirchengebäude für vertretbar. „Im internationalen Vergleich haben wir das große Glück, dass Eintrittsgelder in Kirchen relativ selten vorkommen, und wenn, dann sind sie vergleichsweise günstig“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst epd.
„Ich kann die Empörung verstehen, andererseits zeigt der internationale Vergleich: Nirgendwo auf der ganzen Welt gibt es ein solches Netz an wertvollen und gut sanierten Kirchen, die dann auch noch von einer Gemeinde genutzt werden“, sagte Claussen. Die Kirchen würden sich außerdem nicht darauf beschränken, Eintrittsgelder zu erheben, sondern auch ein spirituelles und kulturelles Programm anbieten. Und man könne schließlich auch diese Kirchen im Rahmen eines Gottesdienstes kostenfrei besuchen. Bei der Wittenberger Schlosskirche wolle er um Verständnis werben, sagte der EKD-Kulturbeauftragte. Es gehe um eine Unterstützung zur Bauerhaltung. Zwei Euro seien sehr maßvoll angesetzt. Außerdem betreffe es eine Kirche, die unter der Woche mit erheblichem Aufwand für viele Touristen offen gehalten wird.

Nicht mehr nur Orte für Gottesdienst und Gebet

Die Entwicklung, dass Kirchen von vielen eher als Museum denn als Gebetshaus wahrgenommen würden, müsse nicht schlimm sein. „Kirchen sind immer mehreres. Gerade die großen Kirchen sind einerseits Orte der Gemeinde für Gottesdienst und Gebet und andererseits Anziehungspunkte für Touristen und für kunsthistorisch Interessierte. Das muss sich nicht widersprechen“, sagte Claussen. Augenblicklich komme es allerdings an einigen Orten zum Phänomen des „Overtourism“ (Übertourismus). Gerade große Gruppen müssten ihren Beitrag leisten zum Erhalt von solchen Kirchengebäuden. Die EKD und die Landeskirchen seien auf Unterstützung bei der Erhaltung von Kirchen angewiesen. „Eindeutig ist, dass wir als Kirche den Erhalt der Kirchen nicht allein bewältigen können“, sagte Claussen. Einer der wesentlichen Gründe für die Kirchensteuer bestehe darin, einen Beitrag dafür zu leisten, Kirchen zu erhalten und mit geistlichem Leben zu füllen. Die Landeskirchen erhielten auch viel Geld aus öffentlicher Hand. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland und die vielen Kirchbauvereine kümmerten sich um den Erhalt.