Tigers im Freudentaumel

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Wo ist der Torschütze? Das Gesicht von David Kuchejda ist zwar kaum zu erkennen, aber der Trikotärmel mit der Nummer 69 verrät, dass der Tscheche irgendwo in dieser Jubeltraube steckt. Kurz zuvor hatte er das entscheidende 2:1 für den EHC Bayreuth gegen den SC Riessersee erzielt. Foto: Peter Kolb Foto: red

Ein Krimi, an Dramatik kaum zu überbieten – und der DEL2-Aufsteiger EHC Bayreuth hatte gegen den SC Riessersee das glückliche Ende für sich. Das Drehbuch hatte einen Spannungsaufbau vorgesehen, der in einem fulminanten Höhepunkt endete und die Tigers endgültig zur Überraschungsmannschaft der laufenden Saison kürte.

 
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Drittes Spiel der Best-of–3-Serie der Pre-Playoffs. Serienstand 1:1. Spielstand 1:1. Die 60-minütige, reguläre Spielzeit war fast abgelaufen. Da bekam David Kuchejda auf Höhe der Mittellinie den Puck, setzte sich gegen drei Gegenspieler durch, traf 8,1 Sekunden vor der Schlusssirene zum 2:1 und versetzte den Tigerkäfig explosionsartig in einen kollektiven Freudentaumel. Die Tigers-Fans unter den 3158 Zuschauern lagen sich in den Armen, tanzten, schrien ihre Begeisterung leidenschaftlich heraus und feierten ihr Team kurz darauf mit lauten E-H-C–Rufen.

Trainer bedankt sich bei Torhüter

Auch Trainer Sergej Waßmiller genoss die Begeisterung. Er streckte beide Daumen in die Luft, als er das Eis nach Spielschluss betrat, bedankte sich klatschend für die tolle Unterstützung der Fans. Sein erster Weg führte ihn zu Tomas Vosvrda. Waßmiller umarmte den Torwart innig.

Der Coach wusste, dass die „tschechische Wand“ im Tigers-Tor maßgeblichen Anteil an einer jetzt schon überragenden Debütsaison in Deutschlands zweithöchster Spielklasse hat. Angeführt von Vosvrda zog der vor der Spielzeit als Absteiger Nummer eins gehandelte EHC völlig überraschend in die Pre-Playoffs ein und gehört nach dem Sieg gegen den SC Riessersee sensationell zu den acht besten Teams der DEL2.

Waßmillers glückliches Händchen

Dementsprechend euphorisch äußerte sich der ansonsten mit Lobeshymnen eher sparsame Waßmiller: „Ich bin nicht nur stolz auf diese Mannschaft, ich platze vor Stolz. Dieser Treffer war die Krönung und der Lohn für alles, was wir in dieser Saison geleistet und gearbeitet haben.“ Diesen Treffer, das 2:1 acht Sekunden vor Schluss, erzielte ein Spieler, der etwas überraschend im Aufgebot stand. Kuchejda ersetzte den ansonsten gesetzten David Wohlberg. „Wohl nicht die schlechteste Entscheidung, wenn er das entscheidende Tor schießt“, freute sich Waßmiller über sein glückliches Händchen bei der Aufstellung.

Kuchejda machte eine schwierige Zeit durch. Anfang Januar verpflichtet, bekam der Tscheche einige Wochen später Nathan Robinson vor die Nase gesetzt. Kuchejda musste oft als überzähliger Kontingentspieler auf die Tribüne. Nur neun Partien absolvierte er im Tigers-Trikot.

„Aber er hat sich nie hängen lassen und immer weiter Gas gegeben“, lobte Waßmiller. Diese Einstellung ist charakteristisch für das Tigers-Team. Egal wer aufläuft, es steht immer eine harmonierende Mannschaft, eine eingeschworene Gemeinschaft auf dem Eis. So war Wohlberg auch nicht sauer über seine Nicht-Nominierung, sondern fieberte mit und freute sich genauso ausgelassen über den Erfolg wie seine Mannschaftskollegen.

Mit Disziplin zum Erfolg

Den Teamgeist macht Waßmiller als einen Pluspunkt in der „sehr, sehr engen Serie“ gegen den SC Riessersee aus. Den Ausschlag hat aber sicherlich auch die taktische Disziplin der Tigers gegeben. In den drei umkämpften Begegnungen mit vielen intensiven Zweikämpfen sammelten die Bayreuther 40 Strafminuten, der Gegner aus Garmisch-Partenkirchen 66. Und das bestraften die Tigers eiskalt: Die Hälfte ihrer acht Treffer erzielten sie bei eigener Überzahl.

Hinzu kam das in dieser Saison bärenstarke Unterzahlspiel. Zwölfmal waren die Riesserseer einer oder zwei Mann mehr auf dem Eis, ein Treffer gelang ihnen nicht. Die Tigers stellen, statistisch gesehen, das zweitbeste Unterzahlteam der Liga, weil sie auch hier ihre Stärken ausspielen: Laufbereitschaft und unbändiger Einsatzwillen. Wenn dann noch cleveres Körperspiel hinzukommt, hat es jeder Gegner schwer.

Pre-Playoffs haben Kraft gekostet

Für Waßmiller ist das auch ein Beleg dafür, dass sich die harte Arbeit in der Vorbereitung gelohnt hat: „Die Fitness stimmt immer noch. Aber diese Serie hat auch Kraft gekostet. Schwer zu sagen, wie voll die Akkus noch sind.“ Seine Mannschaft soll das am Dienstag beginnende Playoff-Viertelfinale (Best of 7) gegen Hauptrundenmeister und Titelfavoriten Bietigheim Steelers einfach genießen, zu verlieren habe sie nichts mehr. Und damit hat der Trainer recht. Im Drehbuch der DEL2-Saison steht jetzt schon geschrieben: Das Überraschungsteam dieser Spielzeit ist der EHC Bayreuth.

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