Wie kann sich eine Gemeinde wie Blaibach das leisten?
Bauer: Die Gemeinde ist Bauherr, Betreiber ist die Kulturwald GmbH, unentgeltlich, für 25 Jahre. Damit fallen für die Gemeinde keine Betriebskosten an, ums Marketing muss sie sich auch nicht kümmern.
60 Prozent der Baukosten sind über das Städtebauprogramm „Ort schafft Mitte“ des bayerischen Innenministeriums abgedeckt. Die übrigen 40 Prozent wären für die Gemeinde immer noch zu viel – es gibt eine Menge privater Sponsoren, einen Zuschuss des Kunstministeriums und Geld aus weiteren Fördertöpfen. Am Ende wird das Gebäude 2,2 Millionen kosten – die Gemeinde bezahlt 400 000 Euro. Damit das möglich war, musste die Gemeinde am Anfang natürlich sagen: Wir vertrauen euch, wir schaffen das zusammen.
So reibungslos, wie Sie es schildern, kann das alles nicht verlaufen sein.
Bauer: Als unser erstes Konzept vorlag, war der Gemeinderat mit 14:1 Stimmen dafür. Als dann der Bau beschlossen war, brach aus dem Nichts ein Sturm der Entrüstung los – gefühlt 90 Prozent der Bürger waren auf einmal dagegen. Es wurde behauptet, das Ding kostet Millionen, Blaibach muss sich verschulden, warum investieren wir nicht ins Schwimmbad – all die Gründe, an denen Kulturprojekte normalerweise scheitern. Das war kurz vor der Kommunalwahl, es ist ein Glück, dass die Gemeinderäte nicht einknickten, aus Sorge um ihr Wahlergebnis. Aber sie sind dabei geblieben. Unsere Aufgabe bestand dann darin, die Gegner zu überzeugen – und die wenigen, die nicht überzeugbar waren, auch ein bisschen zu demoralisieren. Heute sind gefühlt 95 Prozent der Blaibacher für das Projekt.
Wie lange dauerte das alles?
Bauer: Knapp drei Jahre, einschließlich eines abgewendeten Bürgerbegehrens. Der tatsächliche Bau ist innerhalb eines Jahres passiert. Auch das war wichtig: Der Zeitplan war eigentlich zu sportlich, aber wenn Künstler über den Nutzen von Kunst reden, hören sie oft: Das ist nicht verlässlich, da werden Millionen verpulvert, und dann funktioniert es nicht, siehe Elbphilharmonie. Wir haben ein extremes Avantgarde-Projekt umgesetzt, mit modernstem Know-How, für relativ wenig Geld, im hintersten Bayerwald-Dorf, und zwar innerhalb eines Jahres – und jetzt kann man sehen, wie es sich mit Leben füllt. Das ist ein schönes Gegenbeispiel zur Elbphilharmonie. Und gut für das Ansehen der Kunst insgesamt.
Die Lehre, die man daraus ziehen kann, lautet aber: Wenn’s um Kultur geht, muss man eine Kommune manchmal zu ihrem Glück zwingen – oder?
Bauer: Ja, aber das ist bei allen Projekten so. Man kann nicht erwarten, dass jeder eine neue Idee von Anfang an mitträgt – das ist zu viel verlangt. Man kann auch von der Mehrheit der Leute nicht erwarten, dass sie sich in ihrem Alltag mit einem Konzept für so ein Kunstprojekt auseinandersetzen. Die Leute müssen das sehen können, anfassen können, hingehen können, dann klären sich die meisten Vorbehalte von selbst.
Wichtig ist erst einmal, dass sich die Fachleute klar darüber sind: Was bringt das für den Ort? Das muss man dann aufgreifen und lancieren – und den Leuten verständlich machen. Dass die meisten am Anfang nicht dafür sind, ist der Normalfall.