Thema: Werte Wo bleibt Herzensbildung?

Leserbrief von Helmut Zachmann, Bayreuth
 Quelle: Unbekannt

Zum Artikel „Werte machen Schule”, Kurier vom 26. Februar.

 
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Irgendwie ist es schon erstaunlich und etwas deprimierend für uns Ältere, wenn man liest, dass es heutzutage Werte-Botschafter braucht, um soziale Werte zu vermitteln, die früher durch entsprechende Erziehung in Elternhaus und Schule einem sowieso beigebracht wurden.

Werte wie Höflichkeit und Respekt gegenüber Erwachsenen und Lehrern, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft gegenüber Senioren und Freundlichkeit gegenüber Mitmenschen, um nur einiges beispielhaft aufzuführen, gehörten zur selbstverständlichen, sozialen Kompetenz und wurden so zu einem Teil der Wertebildung, die ich hier “Herzensbildung” nennen möchte und die man sich unabhängig vom sonstigen schulischen und beruflichen Werdegang auf diese Weise angeeignet hatte.

Eine aufmerksame Geste, wie das Aufstehen im Bus, um einer älteren Person den Platz anzubieten, habe ich schon lange nicht mehr beobachtet. Oder die frühere, kleine Kavalierspflicht, einer Dame die Tür zu öffnen und beim Mantel behilflich zu sein, ist scheinbar ziemlich out. Und das, im Artikel erwähnte freundliche Anlächeln bei Begegnungen ist zumindest in der Öffentlichkeit auch ausgeschlossen, weil der Jugendliche im Vorübergehen völlig gebannt auf sein Smartphone starrt und die Umwelt gar nicht wahrnimmt.

Zwischenmenschliche Kommunikation spielt sich sowieso meistens über digitale Medien wie „Whatsapp“ ab, Treffen finden im Internet statt und ansonsten ist im Prinzip jeder auf sich selbst bedacht.

In dieser, nur auf egoistische Ichbezogenheit und wirtschaftliche Gewinnmaximierung ausgerichteten Welt also, in der offensichtlich stressgeplagte Eltern und Lehrer entweder keine Zeit mehr oder keine Lust auf die Vermittlung einer solchen sozialen „Herzensbildung“ haben, sind daher zur Rückbesinnung auf früher gepflegtes „wert“-geschätztes Verhalten zugegebenermaßen solche couragierten, jugendlichen Botschafter dringend notwendig. Man muss in diesem Zusammenhang auch nicht immer die gute alte Zeit beschwören, um uns diese Werte wieder in Erinnerung zu rufen, aber als Denkanstoß, wie das früher gehandhabt wurde, ist es für die angestrebte Wertebildung vielleicht doch etwas hilfreich.

Oder um es umgekehrt mit den Worten des Komikers Karl Valentin auszudrücken: „Die Zukunft war früher auch besser!“