Thema: Loipen „Fühle mich wie ein Verbrecher“

Leserbrief von Martin Wehrle, Bayreuth
 Quelle: Unbekannt

Zum Artikel „Keine Strafzettel in der Loipe“, Kurier vom 2. Februar.

 
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Das Langlaufen im Fichtelgebirge ist seit Jahren eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen. Nicht zuletzt auch durch die immer perfekt präparierten Loipen und Winterwanderwege. Ein großes Lob und Dankeschön hierfür.

Seit einigen Wochen fühle ich mich aber als „bekennender Entgegen-des-Uhrzeigersinns-Läufer“ bei der Ausübung meines Hobbys wie ein Verbrecher. All die grellen Einbahnstraßen- und Verbotsschilder mitten im Wald, die ich nun missachte, rauben mir nachts den Schlaf.

Grund hierfür ist scheinbar eine Studie, in welcher berechnet wurde, dass sich alle 75 Meter Langläufer begegnen, wenn man annimmt, dass sich in Spitzenzeiten 200 Personen auf der 15 Kilometer-Loipe tummeln. Na und? Wer nach geschickter Anwendung der Grundrechenart hier ein solch großes Gefahrenpotenzial ableitet, ist vermutlich noch nie die Loipe gegangen.

Seit knapp 20 Jahren nutze ich nun die untere Ringloipe entgegen der vorgeschriebenen Laufrichtung. Ich habe aber bisher noch keine einzige kritische Situation, ja nicht einmal eine Berührung der Skispitzen mit einem der entgegenkommenden Läufer in all den Jahren erlebt.

Aber wenn tatsächlich von diesen „Menschenmassen“ eine solche Gefahr ausgeht, sollte man vielleicht die Studie – nur um sicher zu gehen – nicht auch auf die Ochsenkopf-Nordabfahrt sowie auf die sommerlichen Wanderwege im Fichtelgebirge ausdehnen? Man würde feststellen, dass bei der 2.300 Meter langen Nordabfahrt und 200 angenommenen Skifahrern gerade einmal elf Meter Platz pro Person existiert. Also Kurvenfahren schleunigst verbieten, um sicherzustellen, dass sich die Alpin-Fahrer nicht gegenseitig in die Bahn kommen. Außerdem Einbahnregelungen auf Teilen des fränkischen Gebirgs- und Höhenweges im Sommer.

Wie sollen denn sonst zwei Wandergruppen, welche die Wege in entgegengesetzter Richtung nutzen, auf einem nur 50 Zentimeter breiten Wanderpfad aneinander vorbeikommen?

Wäre es nicht sinnvoller, anstatt Einbahnregelungen im Wald aufzustellen sowie etwa Treppen in Parks von gefühlt Oktober bis April zu sperren, wieder vermehrt die „Fußgänger-Kompetenz“ zu fördern und den Bürger in seinem eigenen Raum nicht ständig weiter zu entmündigen?

Gerade die kommenden Generationen sollten doch auch noch in der Lage sein, sich bei Wind und Wetter draußen zu bewegen oder an einem schönen Samstagvormittag bei einer enorm hohen „Personendichte“ die Bayreuther Maxstraße ohne Einbahnregelung zu bewältigen. Hierzu werden dann Grundfertigkeiten benötigt wie zum Beispiel sich durch minimale soziale Interaktion mit einem Entgegenkommenden zu arrangieren oder – falls es zum Äußersten kommt – sogar einmal stehen zu bleiben, um jemanden vorbei zu lassen.

Diese Kompetenzen braucht es zukünftig eh nicht mehr, werden vielleicht einige sehr fortschrittlich denkende Zeitgenossen einwenden: Das autonom fahrende Fahrzeug oder Flugtaxi wird uns künftig direkt von unserer Haustür bis zum gewünschten Zielort chauffieren, ohne eigene Verkehrsentscheidungen treffen zu müssen. Stimmt zwar, allerdings: Irgendein Bachelor oder Master einer Universität wird die hierfür notwendigen Algorithmen für die Fahrzeuge entwickeln müssen. Vielleicht sind das dieselben „verkehrskompetenten“ Forscher, welche auch die Loipenstudie erstellt haben. Und somit schließt sich wieder der Kreis – und alles wird gut!