Thema: Artenschwund Eigentlich müssten Bauern die Forderungen stellen

Leserbrief von Helmut Korn, Bayreuth
 Quelle: Unbekannt

Zum Artikel „Auch die Verbraucher stehen in der Pflicht“, Kurier vom 25. März.

 
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Das Volksbegehren und überhaupt jegliche Kritik, die ein Nichtlandwirt an der heutigen Landwirtschaft äußert, betrachten unsere Bauern als einen Angriff auf sie persönlich. Sie fühlen sich an den Pranger gestellt. Das ist unbegründet und schon gar nicht gewollt. In Wirklichkeit geht es darum, einige Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen.

1. Wir haben einen Artenschwund, wie es ihn seit dem Aussterben der Dinosaurier nicht gegeben hat. Betroffen davon ist, wenn auch in geringerem Maße, auch Oberfranken. Auch bei uns sieht man kaum noch Rebhühner und hört kaum noch Lerchen trällern und dies trotz der bei uns noch kleinteiligen, vielgestaltigen Landschaft, trotz der Naturschutzgebiete, der Biotope, des Vertragsnaturschutzes, des Kulturlandschaftsprogrammes, der Blühstreifen und so weiter.

2. Der Hauptverursacher für diesen Artenschwund ist die heutige Landwirtschaft. Darin sind sich alle einig.

3. Die Landwirtschaft hat darüber hinaus Auswirkungen auch auf Boden, Wasser, Luft, also auf unsere Lebensgrundlagen, auf das gesamte Ökosystem. Früher war das anders. Da war ein Bauer auf Heu angewiesen, also musste er die Wiese bis Mitte Juni blühen lassen. Überdüngung war unmöglich, weil man nur hatte, was einem die eigenen Tiere lieferten, und deren Anzahl war begrenzt durch die hofeigenen Futterflächen.

Pestizide, die ja nicht auf dem jeweiligen Acker begrenzt bleiben, sondern bei DDT etwa sogar in der Muttermilch von Eskimofrauen nachgewiesen wurden, gab es nicht. Wir sind also alle betroffen, deshalb und nicht nur, weil jeder Bürger 144 Euro für die Unterstützung der Landwirtschaft zahlt, haben wir das Recht und die Pflicht, hier mitzureden.

4. Die Hälfte ihres Einkommens erhalten unsere Bauern aus Brüssel. Was in der Landwirtschaft geschieht, bestimmt somit die Politik, die bisher vom Bauernverband unterstützt wurde. Die Politiker, nicht die Bauern tragen die Verantwortung. 

Folgerungen: Die einseitige Bevorzugung von Großbetrieben, die es bei uns gar nicht gibt, muss aufhören. Gelder der sogenannten ersten Säule müssen nach dem Vorbild Österreichs in die zweite Säule umgeschichtet werden.

Das kommt der bäuerlichen Landwirtschaft, die wir hier noch haben, zugute und ermöglicht, Auflagen angemessen zu vergüten. Pestizide sind weitestgehend zu verbieten. Die Ökobauern machen es ja vor, dass es auch ganz ohne Gift geht.

Die Exportorientierung, der Zwang zur dauernden Produktionssteigerung, das Prinzip „Wachse oder weiche“, kurzum der Weg hin zur Agrarindustrie – diese Rahmenbedingungen müssen aufgegeben werden.

Eigentlich ist es Sache der Bauern, diese Forderungen zu stellen und durchzusetzen, denn sie sind ja selbst Opfer der bisherigen Politik. Unverständlicherweise überlassen sie dies der Bevölkerung und uns Naturschützern und beklagen sich noch, statt dankbar zu sein.