Thema: Algorithmen Nur die Verballhornung eines arabischen Namens

Leserbrief von Friedrich Freiberger, Bayreuth
 Quelle: Unbekannt

Zum Artikel „Algorithmen, wichtig aber kaum bekannt“, Kurier vom 7. Februar.

 
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Der Begriff Algorithmus hat seinen Ursprung weder in der westlichen, technisierten Welt, noch ist er eine Errungenschaft der Neuzeit. Mag sein, dass er kaum bekannt ist, ohne Zweifel aber ist er so gravierend wichtig geworden, dass er nahezu unser gesamtes Leben umgekrempelt hat, obwohl es im Grunde genommen nur die Verballhornung eines arabischen Namens ist.

In der Zeit zwischen 800 und 825 nach Christus schrieb ein gewisser Muhammed ibn Musa Aalchwarizmi unter anderem ein grundlegendes Werk über das Rechnen mit den indischen (den sogenannten arabischen) Zahlzeichen oder Ziffern, und zwar unter Verwendung des Stellenwertsystems.

Dieser ostarabische Mathematiker Alchwarizmi stammte aus Khorassan und lebte später in Bagdad. Er kannte auch schon die Null und schrieb sie als kleinen Kreis. Auf verschiedenen Wegen, durch die Kreuzzüge, aber auch durch die arabischen Hochschulen in Toledo, Sevilla und Granada, gelangten die arabischen Werke in lateinischen Übersetzungen zur Kenntnis der abendländischen Gelehrten. Und unter diesen Werken war auch das Buch Alchwarizmis, über die indischen Ziffern.

Der Abacus, das Rechenbrett, wurde sodann von einem Blatt Papier und neue Rechenregeln abgelöst. Das Stellenwertsystem begann seinen Siegeszug. Das war nicht nur ein Quantensprung für die Rechner der damaligen Zeit, sondern auch für uns. Versuchen Sie einmal 87367 mit 9621 auf dem Rechenbrett zu multiplizieren. Oder zum Beispiel in der römischen Schreibweise MDCCCXLIX mit MMCXXIV.

Das dekadische oder Zehnersystem hat wahrscheinlich alle rechnenden Menschen damals in Verzückung versetzt.

Leibniz, das Universalgenie, erkannte, dass auch nur mit zwei Zahlzeichen alle Rechenoperationen im Stellenwertsystem bewältigt werden können. Daraus wurde das duale Stellenwertsystem. Später nutzbar gemacht mit Hilfe des elektrischen Stromes. Zuse baute den ersten Rechner, ein Monstrum, das mit 2 Impulsen (eigentlich nur einem) und vielen Relais arbeitete und nur die Grundrechnungsarten zu ließ: „0 und 1“ / „Impuls und kein Impuls“, das binäre System. Der Beginn einer allgegenwärtigen, alles überflutenden Digitalisierung war geboren.

Was ist ein elektronisches Rechenprogramm anderes als die immer wiederkehrenden Einzeloperationen nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, verbunden in einem Netz von kleinsten Einzelschritten. Ähnlich wie beim Multiplizieren und beim Dividieren mit Bleistift und Papier, und mit Hilfe der Stellenwertverschiebung von Einzelziffern.

Weil mit der Digitalisierung höchst variable Verbund-Systeme zur Lösung komplexer Aufgaben abgehandelt werden können, brauchte man eine Bezeichnung. Man besann sich seiner Wurzel, seines Urhebers: Aus Muhammed ibn Musa Aalchwarizmi wurde Algorithmus. Ähnliche Verballhornungen kommen im modernen Sprachgebrauch leider ständig vor (denglisch).

Bemerkenswert ist, dass die Macht der Digitalisierung gerade in jenem Land ihren Ursprung hat, wo schon einmal versucht wurde, einen Turm in den Himmel zu bauen. Letztendlich misslang es. Nun ja, Algorithmen hin oder her, Segen oder Fluch? Die Zeit wird es zeigen. Hoffen wir, dass der Strom nicht ausfällt. Verehrte Mitbürger, werft euere Bleistifte nicht vorzeitig weg!