Theatersommer: Die Geldnot im Faktencheck

Von Michael Weiser und Thorsten Gütling
Für Intendant Jan Burdinski ist klar, wer Schuld hat an den Geldsorgen des Fränkischen Theatersommers: In erster Linie die Zuschussgeber, die die Landesbühne zu wenig unterstützten. Aber stimmt das auch? Archivfoto: Ronald Wittek Foto: red

Der Theatersommer klagt. Über fehlende Zuschüsse und fehlenden Rückhalt. Intendant Jan Burdinski und Trägervereinschef Bernd Matthes nennen Zahlen. Doch halten die einer Überprüfung stand? Ein Faktencheck.

 
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Nur etwa 30 Aufführungen sind von Gemeinden eingekauft. Es sind die einzigen Aufführungen einer Saison, die für den Theatersommer ohne Risiko sind. Ein Bruchteil, bei 248 Aufführungen im vergangenen Jahr. Dabei hält Burdinski selbst alles über 200 Aufführungen für unwirtschaftlich: „Alles darüber hinaus schädigt uns“, sagt Burdinski bei der Mitgliederversammlung. Zwar spiele jedes Stück die Gagen ein, aber keines die Fixkosten. Logistik und Verwaltung sind dicke Brocken. Das stimmt. Aber diese Erkenntnis ist nicht neu. Hollfelds Bürgermeisterin Karin Barwisch sagt: „Dass weniger gespielt werden sollte haben wir schon vor Jahren gesagt.“

Das vernachlässigte Theater

Wird der Fränkische Theatersommer also von der öffentlichen Hand vernachlässigt? Die Rechnung, die Burdinski aufmacht, legt genau diesen Schluss nahe. Der Theatersommer erhalte weniger als zehn Euro Zuschuss pro verkaufter Eintrittskarte, „andere Theater“, so sagt es Burdinski, bekommen „100 bis 150 Euro“. Während andere Theater, darunter Hof, Coburg und Bamberg, ihre Kosten zu lediglich 20 Prozent aus dem Kartenverkauf decken müssten und 80 Prozent von der öffentlichen Hand zugeschossen würden, nehme der Theatersommer 65 Prozent seines Etats aus dem Kartenverkauf ein und decke nur 35 Prozent über Zuschüsse.

Äpfel mit Birnen

80 Prozent Subvention bei Stadttheater-Etats sind tatsächlich keine Seltenheit. Burdinskis Rechnung stimmt dennoch nicht: Stadttheater wie Bamberg haben andere Aufgaben als Burdinskis Wanderbühne, ein Haus wie Hof ist ein Vier-Spartentheater, mit Ballett, Oper, Sprech- und Jungem Theater. „Wir haben einen Bildungsauftrag“, sagt Florian Lühnsdorf, „wir müssen auch Stücke bringen, bei denen wir uns ausrechnen können, dass sie kein Publikumsrenner werden.“

Die Luisenburgfestpiele etwa kommen auf fünf bis sechs Euro pro verkauftem Ticket und befinden sich damit unter Burdinskis Angaben für den Theatersommer. Eines der am höchsten subventionierten Theater ist das Landestheater in Hof, mit 102 Euro pro Karte. Hof macht viel Jugendarbeit, die sich andere Häuser nicht zumuten – das kostet. Damit erfüllt das Haus aber auch wieder einen bildungspolitischen Auftrag.

Zu den Bayerischen Förderspitzenreitern gehört  die Bayerische Staatsoper, ein Haus von Weltruf, mit einem der besten Orchester der Welt. Mit rund 109 Euro finanziert die öffentliche Hand jede verkaufte Karte, ebenso beim Landestheater Coburg. Allerdings, wie gesagt: ein Haus von Weltruf. Kein Wandertheater.

Eine Subvention von 150 Euro, wie von Burdinski behauptet, geht aus der Lektüre des Theateralmanachs nicht hervor, es sei denn, man rechnet Spenden und Sponsorengelder ein: Dann kommen die Bayreuther Festspiele (allerdings nach den Zahlen von 2014) sogar auf 170 Euro Zuschuss pro verkaufter Karte. Aber auch der Theatersommer liegt dann nicht mehr bei 155.000 Euro an Zuschüssen, sondern bei über 210.000.

Die Studiobühne bekommt mehr Geld

Am ehesten vergleichbar scheint der Theatersommer mit der allerdings überwiegend von Laien bespielten Studiobühne in Bayreuth: Sie kommt den Steuerzahler mit 20 Euro Zuschuss pro Karte mehr als doppelt so teuer wie der Theatersommer.

Bernd Matthes, Vorsitzender des Trägervereins, will mehr Geld, um an noch mehr Geld zu kommen. „Es gilt das Subsidiaritätsprinzip: Wir bekommen aus München nur mehr Geld, wenn wir auch mehr aus der Region bekommen, aber das passiert seit Jahren nicht.“ Dem Theatersommer fehlen nach seinen Worten an Zuschüssen 30.000 Euro, jedes Jahr. Das wären 2000 zahlende Zuschauer.

Keine Wertschätzung in der Region

Burdinski sucht die Schuld an der finanziellen Notlage auch in der Heimat des Theaters. „Wir leben in einer Region, in der keine Wertschätzung für Kulturveranstaltungen da ist.“ Wirklich nicht? Präzise müsste Burdinski sagen: In einer Region, in der Bezirk, Landkreise und Gemeinden sein Theater nicht in der Höhe fördern, die er sich vorstellt. Ein feiner Unterschied. Und: Die Stadt Hollfeld hat den Theatersommer im Rahmen ihrer Möglichkeiten über 25 Jahre treu unterstützt. Miete hat der Verein dort über Jahre nicht gezahlt. Das ist auch eine Form von Bezuschussung, die Burdinski nicht erwähnt.

Kosten sinken, Einnahmen reichen trotzdem nicht

Die Kosten für Schauspieler, Regie und Kostüme sind beim Theatersommer um 21.000 Euro auf 133.000 Euro gesunken. Weil bei großen Stücken einfach weniger Schauspieler eingesetzt werden und immer mehr Einpersonenstücke auf Wanderschaft gehen. Die Personalkosten samt Sozialabgaben liegen trotzdem noch um 76.000 Euro über den Einnahmen aus dem Theaterbetrieb. Das Ziel auch nur einer „schwarzen Null“ scheint auch im laufenden Jahr nur schwer zu erreichen, wie Schatzmeister Stephen Goldfarb zugibt. Matthes sagt: „Die nächsten Jahre werden Schicksalsjahre.“ Letztes Ergebnis des Faktenchecks: Zumindest Matthes liegt mit seinen Aussagen wohl richtig.