Da die von Senioren verursachten Unfälle steigende Kosten verursachen, hat die Versicherungsbranche in den vergangenen Jahren flächendeckend reagiert: Im Rentenalter ist die Kfz-Versicherung teurer als für Menschen mittleren Alters. Dabei geht es keineswegs nur um schwere Unfälle mit Toten und Verletzten.
Senioren sind anfällig für Sachschäden
«Für Versicherungen relevant ist vor allem die Masse der Sachschäden», sagt Allianz-Unfallforscher Kubitzki. «Über drei Viertel der Unfälle sind Sachschäden ohne Verletzte. Wenn es um die Masse dieser Sachschäden geht – Parkrempler und dergleichen -, sind Senioren durchaus auffällig.»
Das Vergleichsportal Verivox hat für eine Modellrechnung rund 150 Kfz-Tarife verglichen: Demnach zahlt ein 80-Jähriger im Schnitt aller Versicherungsanbieter 82 Prozent mehr für die Kfz-Haftpflicht (mit Vollkasko) als ein 45-Jähriger, wenn abgesehen vom Alter sämtliche Kriterien gleich sind.
Ab 68 Jahren steigt die Unfallwahrscheinlichkeit
Senioren sind allerdings oft jahrzehntelang unfallfrei gefahren und dementsprechend häufig in niedrigen Schadenfreiheitsklassen eingruppiert. «Doch selbst dann können die Senioren den Zuschlag nicht kompensieren», sagt ein Verivox-Sprecher. Selbst mit dem höchstmöglichen Schadenfreiheitsrabatt zahlten sie in der Modellrechnung noch 18 Prozent mehr als der 45-Jährige mit einem mittleren Rabatt.
Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) wertet jährlich die Kfz-Unfälle aus. Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls ab 68 Jahren rapide. In mittleren Jahren haben im Schnitt nur 52 von 1000 Autofahrern einen Unfall, wie der «Jahresgemeinschaftsstatistik» zu entnehmen ist. Mit 68 Jahren sind es bereits 60 von 1000, ab Ende 70 dann über 80.
Kompetenzverlust wegen geringerer Kilometer
«Weil Lebensalter und Schadenrisiko so eindeutig zusammenhängen, sind Zuschläge für ältere Fahrer nicht nur gerechtfertigt, sondern auch gerecht», argumentierte Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied bei der HUK Coburg, in einem Aufsatz für den GDV.
Paradoxerweise könnte eine Tugend des Alters negative Auswirkungen haben: Menschen vorgerückten Alters sind in der Regel weniger leichtsinnig als jüngere Zeitgenossen. Manche fahren freiwillig weniger - aber das tut dem Fahrkönnen nicht gut. «Das Risiko eines Unfalls hängt in hohem Maße von der Fahrleistung ab. Wer weniger fährt, verliert an Kompetenz. Manche Senioren fahren weniger als tausend Kilometer im Jahr», sagt Kubitzki.
Regelmäßige Fahrtauglichkeitsprüfungen bringen nichts
«Senioren sind vorsichtig», meint der Allianz-Unfallforscher - «aber die Vorsicht führt häufig dazu, dass sie auf risikoarme Fahrten verzichten und beispielsweise nicht mehr auf der Autobahn fahren, wo vergleichsweise wenige Unfälle passieren.» Weniger häufig verzichteten alte Menschen auf Fahrten zum Einkaufen oder zum Arzt. Doch der innerörtliche Verkehr ist vergleichsweise gefährlich, die «Unfallexposition» höher.
Die regelmäßig geforderten Fahrtüchtigkeitsprüfungen für Senioren würden jedenfalls nichts bringen, meint Kubitzki. «In der Verkehrssicherheitsforschung ist die allgemeine Einschätzung, dass regelmäßige Überprüfungen der Fahreignung faktisch keinen Nutzen bringen.»