Telekom wirbt durch die Hintertür

Von Sarah Bernhard
Über den Stand beim Breitbandausbau darf die Telekom in einer Bürgerversammlung reden. Über ihre neuesten Angebote nicht. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Ein Telekom-Mitarbeiter sollte bei einer Bürgerversammlung über den Breitbandausbau in der Gemeinde Ahorntal referieren. Und machte auch gleich noch Werbung für Verträge mit dem Unternehmen. Dabei herrscht bei gemeindlichen Veranstaltungen Neutralitätspflicht. Bürgermeister Gerd Hofmann sieht’s gelassen.

 
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Oberailsfeld und Pfaffenberg sind schon angeschlossen, Poppendorf und Adlitz bekommen Anfang September schnelles Internet, in Eichig und Brünnberg geht’s ab Mitte August los und in Freiahorn wartet die Telekom nicht mehr auf den Straßenausbau, sondern bohrt selbst quer über die Wiese, um unter anderem das Neubaugebiet anschließen zu können.

Was Daniel Roppelt von der Telekom den rund 30 Zuhörern bei der Bürgerversammlung unter Punkt vier zum Thema Breitbandausbau erzählt, betrifft fast jeden im Ort. Deshalb ist das Thema  in einer Bürgerversammlung auch gut aufgehoben.

"Den Can und den Marco von Debitel" hat Roppelt auch gleich mitgebracht

Doch Roppelt ist noch nicht fertig: Am Ende seiner Präsentation, und bevor Bürgermeister Gerd Hofmann die Bürgerversammlung offiziell schließt, zeigt Roppelt auf zwei Folien verschiedene Internet- und Fernseh-Angebote der Telekom. Und „den Can und den Marco von Navitel“ hat er auch gleich mitgebracht. Die beiden Unternehmen kooperieren, Can und Marco sollen interessierte Bürger beraten.

Weil sie erst nach der Bürgerversammlung, und damit außerhalb des offiziellen Teils ansprechbar sind, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Dass Roppelt in der Versammlung Werbung für sie und die Telekom gemacht hat, dagegen schon. Denn „Gemeinden sind grundsätzlich gehalten, bei ihrer Tätigkeit Neutralität zu wahren, das heißt, alle Parteien gleich zu behandeln“, sagt Michael Benz, Sprecher des Landratsamts und damit der Kommunalaufsicht.

Netzausbau und Netznutzung haben nichts miteinander zu tun

Wenn in der Bürgerversammlung die Telekom werben darf, müssten also auch andere Internet-Anbieter wie Vodafone oder 1&1 werben dürfen. Denn Netzausbau und Netznutzung haben nichts miteinander zu tun. Kontrollieren könne das Landratsamt das allerdings nicht, sagt Benz.

Bürgermeister Hofmann sieht das Ganze nicht so eng. Zwar sei er vorher nicht gefragt worden. „Aber es ist kein Geheimnis, dass die Telekom Verträge abschließen will. Ob das jetzt passend oder unpassend ist, darüber lässt sich streiten.“

Roppelt: "Ich habe mir nicht viel dabei gedacht"

Und auch Roppelt selbst scheint sich wenig Gedanken gemacht zu haben. Den Satz der Reporterin: „Sie haben ja während der Versammlung eine Folie mit einer Internet-Produktübersicht gezeigt…“, beendet er mit „… ja, und eine zweite mit Entertainment-Produkten“. Bei diesen Folien habe er sich „nicht viel gedacht“, sagt er, fügt dann aber an: „Vielleicht hätte ich nur sagen sollen, dass danach eine Beratung stattfindet.“

Eine Anfrage ans Heimatministerium, wie man diese Verquickung von Information und Produktwerbung verhindern könne, bleibt unbeantwortet. Natürlich käme das Förderprogramm aus dem Ministerium, sagt eine Sprecherin. Aber hier gehe es ja um Bürgerversammlungen. Und damit habe das Ministerium nichts zu tun.

 

Berichtigung: Wir haben diesen Artikel am 29.07.2016 um 11 Uhr berichtigt. Zuvor hatten wir geschrieben, dass die beiden mitgebrachten jungen Männer von Debitel seien. Das war falsch.