Stoiber erklärt aber nicht nur anders als zu Guttenberg, der den Leuten klar machen will, was die Krisenherde dieser Welt mit dem Leben hier zu tun haben. Der also auf einer räumlichen statt zeitlichen Ebene erklärt. Sondern Stoiber spricht auch mit mehr Respekt. Weil das absehbar war, herrscht in der Kulmbacher Stadthalle bei seinem Besuch nicht die Atmosphäre eines Rockkonzerts, wie noch eine Woche zuvor bei zu Guttenberg. Es gibt ausschließlich Sitzplätze an langen Tafeln, dazu gedimmtes Licht. Für Stoiber wird die Stadthalle zu dem, was man gemeinhin als Lounge bezeichnet.
Lounge statt Konzerthalle
Und anders als bei einem Rockkonzert, wo man gerne mal die Sau rauslässt, könnte Stoiber jeden Satz den er sagt auch genau so in Anwesenheit derer wiederholen, die er damit kritisiert. Wenn der Moderator vom „Schwafel-Schulz“ spricht und das anders als noch bei zu Guttenberg im Saal nur wenige erheitert, verzieht Stoiber keine Miene. Witze auf Kosten Dritter sind ihm fremd. Witze über Sigmar Gabriels Gewicht wird man von Stoiber nicht hören. Und während zu Guttenberg den US-Präsidenten als „blonden Wüterich“ und „lustigen Dickmops“ bezeichnet, spricht Stoiber von Trump als einem „bizarren Präsidenten“, sagt: „Nach unserem Verständnis ist es unmöglich, wie er sich verhält.“ Das klingt diplomatisch, spricht aber vor allem für Stoibers Intellekt.
Während sich die Zuhörer im Saal noch fragen, was Zeulner mit der „Ungleichzeitigkeit der Welt“ meint, nickt Stoiber verständnisvoll. Vor 20 Jahren, lange vor den Smartphones, konnte schließlich niemand in Eritrea wissen, wie wir in hier leben, sagt er dann. Womit die Brücke geschlagen ist zu dem Thema, das die CSU im Vorwahlkampf am meisten umtrieb: die Flüchtlinge.
Ein Plädoyer für das C in CSU
Nur spricht Stoiber ganz anders darüber, als man es bisher gehört hat. Während zu Guttenberg mit Burkas beginnt, erklärt Stoiber wieder vom Anfang der Geschichte an, beginnt mit dem C im Namen der CSU, sagt Sätze wie: „Jeder Mensch hat seinen einzigartigen Wert“, „Unser Herz ist weit“ und „Menschen zu helfen ist in uns drin“. Warum trotzdem nicht jeder Asylbewerber bleiben kann? Weil man auch die Leute, die nicht so wortgewaltig seien, die ihren Kindern keine Klavierstunden und keine Aufenthalte in England bieten könnten, nicht überfordern dürfe. Das ist nicht populistisch, sondern ehrlich eigennützig. Denn: „Wir sind die Partei der kleinen Leute. Anders bekommt man keine absolute Mehrheit.“ Fast hätte man vergessen, dass ja Wahlkampf ist.
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