Steiner: Bamberger Alleinherrschaft vorbei

Von
Sogar der Trainer ist verletzt: Erstmals nach seiner Schulteroperation stand Andrea Trinchieri beim Spiel gegen Bayern München wieder an der Seitenlinie, doch die Niederlage konnte er nicht abwenden. Foto: Nicolas Armer/dpa Foto: red

Sieben von acht deutschen Meisterschaften hat Brose Bamberg seit 2010 gewonnen. Da ist es ungewohnt, wenn man nach fünf Niederlagen in den letzten sieben Bundesligaspielen auf dem achten Tabellenplatz um die Qualifikation für die Playoffs kämpfen muss. Wie man dort mit dieser Lage umgeht, weiß in Bayreuth wahrscheinlich kaum jemand besser als Carl Steiner, der dem Aufsichtsrat des Serienmeisters angehört.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Grundsätzliche Sorgen um die Zukunft des führenden deutschen Basketballstandorts macht sich der frühere Aufsichtsratsvorsitzende von Medi Bayreuth nicht: „Dass nach Jahren mit sehr viel Erfolg nun eine schwächere Saison gleich das Ende bedeuten soll, sehe ich nicht.“ Nicht von der Hand zu weisen sei aber, dass sich mit Bayern München ein Rivale etabliert habe, „der dauerhaft um die Spitze mitspielen wird“: „Die Zeit der Alleinherrschaft ist also wohl vorbei.“ Das schließe aber nicht aus, dass in der nächsten Saison die Kräfteverhältnisse schon wieder anders aussehen könnten: „Ich gehe davon aus, dass Bamberg auch dann wieder eine Mannschaft stellen wird, die für die Deutsche Meisterschaft infrage kommt.“

Nicht die passenden Spieler verpflichtet

Sogar die laufende Runde hat Steiner trotz aller Rückschläge noch nicht abgeschrieben, auch wenn der BBL-Pokal schon verloren ist und es in der Euroleague „wohl nur noch darum geht, mit Anstand zu Ende zu spielen“. Der Kampf um die Playoff-Teilnahme sei zwar für Bamberg „ein ganz neuer Gesichtspunkt“, aber mit Blick auf das Restprogramm zweifelt er nicht an diesem Minimalziel: „Ohne die Belastung durch die Euroleague und hoffentlich auch ohne die vielen Verletzungssorgen ist dann schon noch viel möglich.“

Zuversichtlich im Hinblick auf die weitere Entwicklung stimmt ihn die Tatsache, dass die Ursachen für die aktuelle Misere einmalig bleiben sollten: „Es begann mit dem Wechsel des Sportdirektors, der lange im Verein nicht gesehen worden ist. Das hatte eine gewisse Hektik zur Folge, in der Spieler verpflichtet worden sind, die sonst wohl nicht verpflichtet worden wären.“ Darunter seien dann auch Neuzugänge gewesen, „die eigentlich nicht zur Philosophie passen“. Verletzungspech und Euroleague-Stress hätten die Probleme nur noch verschärft: „Das I-Tüpfelchen war es dann, dass sogar der Trainer operiert werden musste.“

Ohne Konsequenzen sollen diese Erkenntnisse natürlich nicht bleiben: „Wir müssen zurück zu den Wurzeln“, sagt Steiner. „Zu einem Konzept wie vor drei Jahren, als Leute wie Wanamaker oder Strelnieks geholt wurden. Leute, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz vorne im Blickpunkt stehen und daher auch noch nicht überteuert sind.“ Allerdings kollidiere das schnell mit einem anderen Prinzip, wenn man sich nämlich vornehme, im Interesse der Planungssicherheit keine Verträge mit Ausstiegsklauseln mehr abzuschließen: „Das machen meist nur die älteren Spieler mit“, erklärt Steiner. „Spieler mit Entwicklungspotenzial möchten dann auch etwas davon haben, wenn sie sich tatsächlich so weit entwickelt haben, um für die NBA interessant zu sein oder woanders das Doppelte verdienen zu können.“

Mehr als viermal höherer Etat im Vergleich zu Bayreuth

In diesem Punkt klingen die Probleme bei der Personalplanung nicht wesentlich anders als bei Medi Bayreuth. Allerdings bewegen sie sich in einer anderen Preisklasse. „Grob“ beziffert Steiner den Bamberger Saisonetat im Vergleich zu dem des oberfränkischen Nachbarn (rund vier Millionen Euro) auf „das Viereinhalbfache“. Im internationalen Vergleich sei der Deutsche Meister damit aber immer noch weit von der Spitze entfernt: „Der Abstand ist einfach zu groß, um da mithalten zu können.“

Die größte Finanzkraft in Europa wird ZSKA Moskau nachgesagt, wo Steiner von einem Millionen-Budget „in den hohen 30ern“ ausgeht. Schon mit etwas Abstand folge Fenerbahce Istanbul vor einer Gruppe um Real Madrid mit „Mitte 20 bis in die hohen 20er.“ Auch Bayern München sei inzwischen „in den 20ern angekommen“, sagt Steiner. Daher registriere er in Bamberg allmählich „ein Nachdenken, wenn nicht gar Umdenken“: „Nicht wenige sagen: ,Schluss mit dem Wettrüsten! In dieser Hinsicht lassen wir den FC Bayern voran gehen’.“

Ein sportliches Aufgeben sei damit noch lange nicht verbunden. Schließlich könne man sich immer noch an der Einstellung des Bayreuther Trainers Raoul Korner orientieren: „Sein Ehrgeiz, dauerhaft zu ,überperformen’, gefällt mir richtig gut.“

Autor

Bilder