Spieler: Bundesliga investiert Rekordsumme

Von Heinz Büse,
Rekordeinkauf für den RB Leipzig. Im internationalen Vergleich ein Spottpreis. Kevin Kampl wechselt für 18 Millionen von Bayer Leverkusen. Foto: Marius Becker/dpa Foto: red

Rekord-Investitionen in Deutschland, Millionenrausch in England, Frankreich und Spanien. Der europäische Fußball Transfermarkt ist aus den Fugen geraten. Obwohl sich die Bundesliga im Vergleich zu den irrwitzigen Zahlen in anderen kontinentalen Topligen noch zurückhielt, wurde so viel Geld wie nie zuvor investiert. Ohne die Gebühren für Leihspieler gaben die 18 Vereine in diesem Sommer nach Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur rund 577 Millionen Euro für gut 130 Neuzugänge aus. Damit wurde die historische Bestmarke aus dem Vorjahr (512,59 Millionen Euro) übertroffen.

 
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Noch markanter fielen die Zuwächse beim Verkauf von Spielern aus. Nicht zuletzt dank des Bundesliga-Rekordtransfers des Dortmunders Ousmane Dembélé an den FC Barcelona (105 Millionen Euro) stiegen die Erlöse in diesem Geschäftsbereich auf rund 485 Millionen Euro. Rechnet man die rund 43 Millionen Euro Boni für den Franzosen Dembélé und die vielen Gebühren für die von diversen Clubs verliehenen Spielern hinzu, wächst der Betrag auf fast 550 Millionen Euro an. Im Vorjahr wurden rund 100 Millionen Euro weniger eingenommen.

18 Millionen Euro für Kampl im internationalen Vergleich kaum der Rede wert

Am sogenannten Deadline-Day ging es bei einigen Clubs nochmals hektisch zu. Erste wenige Minuten vor Toresschluss unterschrieb das erst 17 Jahre alte Offensiv-Talent Jadon Sancho von Manchester City beim BVB. Bayer Leverkusen gab Mittelfeldspieler Kevin Kampl für 18 Millionen Euro an den Ligakonkurrenten RB Leipzig ab und verpflichtete für ähnlich viel Geld den griechischen Abwehrspieler Panagiotis Retsos von Olympiakos Piräus.

Der VfL Wolfsburg vermeldete die Ausleihe von Divock Origi aus Liverpool und den Abgang von Europameister Vieirinha nach Saloniki. HSV-Angreifer Pierre-Michel Lasogga wechselt nach tagelanger Hängepartie auf Leihbasis doch noch zum englischen Zweitligisten Leed United.

Hoeneß: Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert

Aus Sorge um die in diesem Jahr sprunghaft gestiegenen Kosten für Topspieler wie Neymar (Paris Saint-Germain/222 Millionen Euro) und Dembélé schlug Uli Hoeneß Alarm. «Wir sind an einem Punkt, wo wir verdammt aufpassen müssen. Denn irgendwann hat vielleicht der Zuschauer dann doch mal die Schnauze voll», warnte der Bayern-Präsident in der «Sport Bild».

Trotz des prall gefüllten Festgeldkontos des deutschen Branchenführers München will Hoeneß dem Trend nicht folgen: «Ich möchte keinen Spieler für 100 Millionen Euro kaufen, auch wenn ich sie hätte. Für uns kommt so etwas nicht infrage. Ich bin der Meinung, kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert.»

Bayerns teuerster Spieler kostet 41,5 Millionen

Gleichwohl konnte sich auch der FC Bayern der bedenklichen Entwicklung nicht vollends widersetzen. Mit 41,5 Millionen Euro ist der Franzose Corentin Tolisso der teuerste Einkauf der Bayern-Ligahistorie. Ein Kauf von James Rodriguez wäre womöglich noch teurer geworden. Wohl auch deshalb favorisierten die Bayern ein Leihgeschäft und überweisen nun jährlich rund zehn Millionen an Real Madrid. Diese Ausgabe wird durch die verliehenen Profis Douglas Costa, Serge Gnabry und Renato Sanches mehr als kompensiert.

Mit insgesamt 100 Millionen Euro für neues Personal führen die Münchner die nationale Rangliste an - gefolgt vom Rivalen Borussia Dortmund, der insgesamt 83 Millionen Euro für den Kaderumbau ausgab und sich mit Andrej Jarmolenko (25 Millionen Euro) den zweitteuersten Transfer der aktuellen Wechselperiode leistete. Zudem erwiesen sich die Dortmunder mit Transfererlösen von mindestens über 160 Millionen als Renditekünstler. Dagegen investierten die Augsburger mit nur rund sieben Millionen Euro am wenigsten in den Kader.

Clubbosse fordern: Transfermarkt vor dem Ligastart schließen

In Zeiten rapide steigender Transferkosten und in Zeiten von Spielern, die wie Dembélé mit einem Streik den Wechsel zu ihrem Wunschverein erzwingen wollen oder bei einer Unterschrift auf Ausstiegsklauseln bestehen, werden Verträge immer komplizierter. So einigte sich der RB Leipzig mit dem FC Liverpool bereits in diesem Sommer auf einen Verkauf von Naby Keita, obwohl der Mittelfeldspieler noch ein Jahr bei den Sachsen aktiv sein wird. Schon jetzt zahlen die Reds eine hohe Extrasumme an Leipzig. Hinzu kommt eine 2018 fällige festgeschriebene Ablöse von rund 55 Millionen Euro.

Lauter als in den vergangenen Jahren wurden die Forderungen nach einer Verkürzung der Transferfrist. Dazu trug vor allem der schlagzeilenträchtige Wechsel von Dembélé bei. Viele Führungskräfte aus der Bundesliga wie BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und der Gladbacher Manager Max Eberl sprachen sich dafür aus, den Spielermarkt bereits vor dem Ligastart zu schließen. «Was erzählt man einem Kind, das sich den Namen seines Idols aufs Trikot drucken lässt - und der Spieler kurz danach noch wechselt? Auch die Dauerkarte wird unter falschen Voraussetzungen gekauft. Das ist Betrug am Fan», klagte Eberl bei Sky

Fans haben langsam genug von der Söldnermentalität der Profis

Im knallharten Business sind kleine menschliche Gesten selten geworden. So sorgten die Schwestern Olivia (8) und Emily (11) aus Velbert für Gesprächsstoff. Via «Bild» bat der Vater den BVB, die im Winter mit den Aufschriften Dembélé und Mor versehenen Trikots austauschen zu dürfen, weil beide Spieler den Revierclub verließen. Weltmeister Mario Götze und BVB-Kapitän Marcel Schmelzer reagierten und spendierten neue Trikots.

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